Lucy van Kuhl riskiert den zweiten Blick
Lucy van Kuhl fordert die Zuschauer in ihrem neuen Bühnenprogramm auf, genau hinzuschauen – mit viel Humor versteht sich. Foto: Toni Scholz
Konzert in Waakirchen
Lucy van Kuhl macht mit ihrem neuen Programm „Auf den zweiten Blick“ am Mittwoch Station auf der Kleinkunstbühne in Waakirchen. Klavier-Kabarett mit Chansons beschreibt nicht annähernd, was die junge Künstlerin auf die Bühne bringt. „Kuhles“ Bauchmuskel-Yoga für die Sinne.
Der Tournee-Plan 2023 von Lucy van Kuhl ist prall gefüllt. Kein Wunder wird die Künstlerin doch in den letzten Jahren mit Preisen überhäuft. Zuletzt gewann die Sängerin und Pianistin den „Schwäbischen Kleinkunstpreis 2022“. Zuvor holte sich die Künstlerin 2019 das „ScharfrichterBeil“ als erst dritte Solokünstlerin überhaupt, 2021 den „Stuttgarter Besen“ (Publikumspreis 2021) und strich den 2. Preis beim renommierten „Paulaner Solo“ im letzten Jahr ein.
Hochzeitstag mit Konstantin Wecker
Hugo Eder, der Vorsitzende der Kleinkunstbühne in Waakirchen, ist daher doch ein wenig stolz, Lucy van Kuhl ein zweites Mal nach Waakirchen lotsen zu können. „Das ist eine tolle Musikerin mit so viel Gespür für die Sprache. Gepaart mit einem wunderbar tiefgründigen Humor – laut wie leise.“ Kein Wunder, dass auch ein anderer ganz großer des deutschen Chansons sein Gefallen an Lucy van Kuhl gefunden hat.
Musikkabarettistin und Liedermacherin. Foto: Alexej Hermann
Das neueste und dritte Album ist wieder von niemand Geringerem als Konstantin Wecker auf seinem „Sturm & Klang“ Label veröffentlicht worden. Auf dem Album zuvor „Alles aus Liebe“ der Klavierkabarettistin und Liedermacherin findet sich ein wunderbares Duett der beiden Musiker.
Konstantin Wecker sagt über seine Künstlerin: „Sie schafft ausdrucksstarke Bilder und setzt sie musikalisch ganz zauberhaft um.“
„Wo ist Frau Schmidt?“
In der Aula der Grundschule in Waakirchen präsentiert die Liedermacherin am 17. März das im November veröffentlichte Album. Inzwischen wurde die Veröffentlichung für den Preis der deutschen Schallplattenkritik nominiert. Die Lieder drehen sich um das Thema des genauer hinschauen, fühlen und wahrnehmen. „Der erste Blick ist der intuitive, der zweite Blick kann der besondere sein.“, erklärt Lucy van Kuhl in einem Interview.
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In ihrem Rap-Song geht es etwa um die Frage „Wann habe ich zum letzten Mal was zum ersten Mal gemacht?“. Gerappt habe die Künstlerin noch nie, gibt sie zu. Ein anderes Mal begibt sich die Künstlerin auf die Suche nach Frau Schmidt. Einer älteren Mitbewohnerin im Haus, die lang nicht mehr gesehen wurde. Überhaupt liebt die Künstlerin die leisen Töne und die feine Ironie. Die studierte Germanistin und Pianistin versteht es, ihre Musik mit den poetischen und zeitkritischen Texten zu verschmelzen. Wie bei ihrer Prinzessin, die Mamas Sommerkleid und Make-up liebt, und Paul und nicht Paula heißt.
Lucy van Kuhl ist nicht cool
Bei Lucy van Kuhls Auftritten geht es keineswegs „cool“ zu, wie der gewählte Künstlername vermuten lässt. In den zumeist sanften Melodien und den achtsam gewählten Worten steckt große Empathie für die Menschen, die sie porträtiert. Mit einem kleinen Augenzwinkern erzählt die Liedermacherin Geschichten, die überraschen und teils gar in ihrer Absurdität überraschen. Gern aufgesammelt bei denen, die am Rand der Gesellschaft leben oder bei jenen, denen einfach zu viel Aufmerksamkeit geschenkt wird.
„Auf den zweiten Blick“ – das neue Programm 2023. Foto: Lucy van Kuhl/Management
Wie alle Künstler hat auch Lucy van Kuhl, die im normalen Leben Corinna Fuhrmann heißt, in der Pandemie sehr darunter gelitten, nicht auftreten zu können. In einem Blog berichtet die Sängerin über den Reisestress bei ihrer aktuellen Tour. Um sich jedoch gleich wieder einzufangen: „Du darfst deine Leidenschaft mit anderen teilen – wie grandios ist das denn bitte?“ Sicherlich ist es nicht erst auf den zweiten Blick eine gute Idee, mit der Künstlerin und ihrer Musik den Freitagabend zu verbringen.