Zum Zehnjährigen eine Glanzleistung
„Gelähmte Schwingen“ von Ludwig Thoma: Hubert Holzner, Christine Stieglbauer, Katharina Grundbacher, Marcel Schmid und Agnes Wieser (v.l.). Foto: Max Kalup
Theater in Warngau
Die Theatergruppe Warngau unter ihrem professionellen Regisseur Hubert Holzner begeisterte das Publikum mit drei Einaktern von Ludwig Thoma bei der Premiere im Saal des Gasthofes zur Post. Die gelungene Inszenierung und die schauspielerische Leistung aller Mitwirkenden verdient höchste Anerkennung.
Und das, obwohl die Premiere unter keinem guten Stern stand und wegen Erkrankung eines Schauspielers vom 2. Feiertag auf den 30. Dezember verschoben werden musste. Aber der vorausgegangene Stress war der Aufführung nicht anzumerken. Das Ensemble meisterte große Herausforderungen mit Bravour.
Da sind zum einen enorme Textmengen bei den Dialogen zu bewältigen und zum anderen spielen mehrere Mitwirkende verschiedene Charaktere.
„Meine Werke sind keine Würste“
Die drei Stücke von Ludwig Thoma spielen jeweils in unterschiedlichem Milieu. „Gelähmte Schwingen“ spielt sich im bürgerlichen Wohnzimmer des Dichters Otto Haselwanter, dessen jüngstes Stück Publikum und Presse als zu unmodern mit papiernen Figuren, denen jedes Leben fehlt, niedermachten. Der Schwiegervater, ein Metzgermeister, verlangt von ihm, Stücke zu schreiben, die der Kundschaft gefallen, schließlich lebt das junge Paar auf seine Kosten. „Meine Werke sind keine Würste“, protestiert Otto.
Im bäuerlichen Milieu spielt „Brautschau“. Hier wollen die Eltern den offensichtlich heiratsunwilligen Sohn Simmerl eine Braut zuführen. Sowohl Mutter als auch Vater führen die ihnen geeignet erscheinenden Kandidatinnen mit erklecklicher Mitgift vor. Aber es kommt zu einem überraschenden Ende.
„Die Brautschau“: Martin Eisenkolb, Hubert Holzner, Christine Stieglbauer, Benedikt Holzner, Karin Schwarzer, Katharina Grundbacher, Klaus Jandrey (v.l.). Foto: MZ
Der dritte Einakter „Erster Klasse“ spielt im Zug. Dafür hat Agnes Wieser, die für das Bühnenbild zuständig ist, die Bühne auf die gegenüberliegende Seite des Saales verlegt. Hier geben sich ein Paar auf Hochzeitsreise, ein Vertreter aus Neuruppin, ein Ministerialrat und zwei derbe Bauern ein Stelldichein, es prallen Kulturen aufeinander, die Thoma ordentlich karikiert, da wird kein Klischee ausgelassen.
Drei Sujets bei Ludwig Thoma
Der Reiz der Inszenierung liegt darin, die drei verschiedenen Sujets mit ihren jeweils unterschiedlichen Charakteren herauszuarbeiten. Hubert Holzner ist in allen drei Stücken der bodenständige Bayer, der mit seinem derben Humor für ständige Lacher sorgt. Ob als Metzgermeister, der sehen will, dass sich die Stücke des Schwiegersohnes auszahlen, als Bauer, der den Hof übergeben will oder als lärmender Reisender Josef Filser, dem berühmten Thomaschen Protagonisten.
„Gelähmte Schwingen“: Katharina Grundbacher und Marcel Schmid, der gerade seinen Verriss liest. Foto: Max Kalup
Marcel Schmid spielt den verkannten Dichter Otto, der für das Volk schreiben will und nicht für die Zeitungsschreiber, ganz authentisch. Seine rührselige Lesung aus seinem verrissenen Stück bringt Szenenapplaus. Aber auch als Kunstdünger-Vertreter aus Neuruppin ist er überzeugend preußisch, dazu nervig bis aufdringlich in seinem nicht zu stoppenden Palaver, eine schauspielerische Glanzleistung.
„Erste Klasse“: Martin Eisenkolb, Marcel Schmid, Laris Klintzsch, Klaus Jandrey und Hubert Holzner (v.l.). Foto: MZ
Als liebende und verständnisvolle Ehefrau von Otto agiert trefflich Katharina Grundbacher. Und auch ihre elegante Mutter Sophie (Christine Stieglbauer) greift immer wieder vermittelnd ein, während sie bei der Brautschau im Teig rührend und mit Schürze und Kopftuch die Bäuerin mimt und eine gewaltige Textmenge gemeinsam im Dialog mit ihrem Ehemann bewältigt.
Der zu verheiratende Sohn Simmerl wird von Martin Eisenkolb ebenso überzeugend gespielt wie der frisch vermählte Assessor im Zug, während dessen Ehefrau (Larisa Klintzsch) ständig ein „schauderhaft“ haucht.
Klaus Jandrey kann den Viehhändler, der eine Braut feilbietet, ebenso derb spielen wie einen feinen, arroganten Ministerialrat, der aber sehr plötzlich zum devoten, unterwürfigen Beamten mutiert, als er merkt, wen er mit dem vermeintlichen Stammtischbruder Josef Filser vor sich hat.
Erste Klasse: Benedikt Holzner, Marcel Schmid, Martin Eisenkolb, Andreas Beilhack, Klaus Jandrey und Hubert Holzner (v.l.). Foto: MZ
Benedikt Holzner ist in beiden Rollen der Bayer, der Schmalzler schnupft und auch mal zum Stock greift, wenn es die Situation erfordert.
Eine wenn auch kleine Glanzrolle hat Karin Schwarzer als Braut. Züchtig im Kopftuch schaut sie auf den Tisch und leiert mehrmals ihre Mitgift herunter, köstlich. Allerdings kann sie auch laut und herrisch werden, wenn sie ihren Mann Josef Filser zum Zug begleitet.
Ihre Premiere als Schauspielerin bei der Theaterbühne Warngau hat die Weyarner Künstlerin Agnes Wieser, die als Köchin Babett im ersten Stück souverän auftritt.
Franz Spiegler und Andreas Beilhack vervollständigen mit ihrem bayerischen Humor als Schaffner und Zugführer das Ensemble.
Hans Hinterholzer und Franz Kapfhammer zeichnen für die Musik in den Pausen und Maxi Taubenberger und Andreas Hainz für die Technik verantwortlich.
Prädikat: Sehr empfehlenswert!
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