Lyrische Miniaturen
Buchcover „Dein kurzes Leben wie ein Sommerregen“. Foto: Kollektiv Verlag
Buchtipp von KulturVision
„Dein kurzes Leben wie ein Sommerregen“ heißt das im Februar 2022 erschienene Büchlein der Sauerlacher Poetin Andrea Wecke, voll sinnlicher und besinnlicher lyrischer Texte zu den Themen Lust, Liebe, Leben und Leid. Sanft verführt sie Lesende zum Innehalten und Nachdenken, zur Begegnung mit den unterschiedlichsten Facetten des Lebens.
Als Leiterin der Öffentlichkeitsarbeit der Stiftung Ambulantes Kinderhospiz München hat sie in ihrer Arbeit täglich mit der ganzen Bandbreite des Lebens zu tun, bis hin zu Leid und Tod. Diese Erfahrungen, Gefühlswelten, schwierigen, aber auch lustbetonten, hoffnungsvollen Gedanken und Erlebnisse verarbeitet sie in kurzen, prägnanten, berührenden Momentaufnahmen.
Auf der Suche nach dem Leben
Privat hält sich die 48-Jährige gern in der Natur auf. Wie so oft, kam sie auch bei unserem kurzen Gespräch direkt aus dem Wald, der sie täglich begleitet und ihr Raum und Weite gibt für ihre Arbeit und Inspiration für ihr Schreiben. Frauenfragen und Lebensthemen liegen Andrea Wecke am Herzen. Das Schreiben ist für sie ein „sinnlicher Akt“. Hier kann ihre Seele atmen und sie Kraft tanken.
Und genau das lässt sich beim Lesen erspüren. Die Texte kreisen um das Leichte, Sanfte, Wesentliche, Sinnhafte. Sie lenken ab von der Beschleunigung der modernen Welt, der rauschhaften Geschwindigkeit. Sie vermitteln Ernsthaftigkeit und lassen Nachdenken und innere Betroffenheit zu. Dazu benötigt die Poetin kein Versmaß, keinen Reim, keine Gedichtstrukturen. Sie benötigt nur ihre Gedanken, ihre Sprache, ihre Hinwendung zum Menschen und seinen Freuden, Ängsten und Nöten. Aus dieser Nähe und Anteilnahme schöpfen ihre Lyrikminiaturen Kraft und Rhythmus. Dazu brauchen die Texte auch keine Titel, sie fließen aufs Papier, entstehen und bleiben bestehen.
Frauenthemen, Kinderthemen, Lebensthemen
Die gebürtige Niederbayerin spielt mit Herzensthemen. „Geliebter, komm und tanz mit mir. Wie damals, als die Nächte süß und die Tage bedeutungslos waren.“ So lockt und wirbt voll Lust und Begehren die Frau in ihr. Die Liebe ist vielschichtig und unergründlich. Sie ist zärtlich, knisternd, erwartungsfroh. Man kann sie fühlen und schmecken, sieht sie aber auch verwelken und verwehen. Das Leben bringt Leben, im Mutterleib, in den Armen der Liebenden, funkelt und leuchtet wie ein Schmetterling, hält den Atem an. Und irgendwann gesellen sich dann Leid und Tod dazu. „Mein Kind, tragen und halten will ich dich, so lange, bis der Wind dich fortweht. Dein kurzes Leben wie ein Sommerregen. Bald werden meine Tränen dein kleines Grab berühren.“
Berührend, anrührend, beklemmend sind die Texte im letzten Abschnitt. Sie zeugen von Mitgefühl, Empathie und Zuwendung. Sie stoßen an die Grenzen menschlichen Lebens, das Ungeheuerliche und Schmerzliche.
Andrea Wecke. Foto: Petra Rühle
Frauen über 90
Nicht stehen bleiben, weitergehen. Und schon bereitet die Autorin ein neues Projekt zu ihrem Lebensthema vor, den Frauen. Sie will Frauen über 90 eine Stimme geben, ihre Erinnerungen, Erfahrungen, Weisheiten beschreiben. Dazu hat sie sich in der Region südlich von München auf die Suche begeben. Hier will sie Geschichten von Frauen hören, die etwas zu erzählen haben, deren Leben sich dem Ende zuneigt. Geschichten, die sie lyrisch begleiten und darstellen will. Ein spannendes, ein wichtiges Projekt in unserer Zeit.
ISBN 978-3-9519863-8-8
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