24 Saiten und viermal Lächeln im Gesicht
10 Jahre Machado – Jubiläumskonzert im Barocksaal. Foto: IW
Konzert in Tegernsee
Das Machado Quartett feiert 10. Geburtstag und nimmt die Zuhörer mit auf eine Crossover-Reise durch die Jahrhunderte, Genres und die ganze Welt. Und durch zehn Jahre „Viergefühl“ – so der Name der Jubiläums-CD. Sie steht für ein inniges Wir-Gefühl und genau das macht die Musik der vier Virtuosen so unvergleichlich.
Viele Ensembles sind virtuos und erfolgreich. Nicht alle jedoch schaffen zehn Jahre gemeinsames Bestehen. „Für uns ist das nicht viel“, meint Perry Schack lächelnd auf der Bühne des Tegernseer Barocksaals. In diesem Augenblick haben die zahlreichen Gäste des Gitarrenabends die erste Konzerthälfte bereits hinter sich. Man sieht an ihren bewegten Gesichtern, ihrem Beifall, das es längst abgefärbt hat. Aus dem „Viergefühl“ auf der Bühne ist ein Wir-Gefühl geworden, das den Saal durchströmt. Unter den gebannt lauschenden Menschen sind zahlreiche Kinder.
Von New York bis Tegernsee
Die vier auf der Bühne sind nicht nur begnadete Gitarrenmusiker, die weltweit in großen Sälen spielen und 2017 sogar die Gäste der Carnegie Hall in New York verzaubert haben. Sie sind auch die Menschen von hier geblieben und sie unterrichten an der Musikschule Kinder und Erwachsene.
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Stefanie Kobras, die „Seele“ des Quartetts und Arrangeur und Komponist Bernhard Prüflinger. Foto: IW
Das etwa zweistündige Konzert im Barocksaal schlägt einen Bogen von Mozart bis Piazzolla, von Oper bis Filmmusik, macht einen Abstecher in Ballett und Literatur. Was die Musik das Machado Quartett so außergewöhnlich macht, ist nicht nur der neue Stil, den sie gemeinsam über die Jahre entwickelt haben: Guitarra Nueva. Es ist nicht nur die offensichtliche Freude und Harmonie, mit der sie ihre Programme und Stücke entwickeln, ihre Geschichten und Anekdoten und die charmante Moderation oder – natürlich – ihr herausragendes Können. Es sind vor allem auch die ungewöhnlichen Arrangements Bernhard Prüflingers.
Von Geigenbogen bis Spieluhr
Hat man die Ouvertüre des „Barbier von Sevilla“ schon einmal derart dynamisch, witzig, virtuos und vielschichtig spielen gehört? Es sind die kleinen, musikalischen Schmankerl, die nicht nur für Ohren, sondern auch für die Augen sind. Wenn Ingo Veit den Geigenbogen über die Saiten der klassischen Gitarre streichen lässt oder Bernie „Machado“ Prüflinger mit den Schlagbesen den Korpus sanft bearbeitet. Wenn die Gitarre zum Cajon wird und das Leitmotiv von „Stairway to heaven“ mit einer Spieluhr auf dem Resonanzkörper der Gitarre angespielt wird – mit eigens zum Notenstreifen gestanztem Papier – dann werden die Gäste Zeugen einer außergewöhnlichen Werkschau des Gitarrenmöglichen.
Stairway to heaven – Ingo Veit`s Intro auf der Spieluhr. Foto: IW
Dass die vier Machados aus den vier Himmelrichtungen der Musik stammen, tut sein Übriges. Stefanie Kobras entstammt der Klassik und Bernhard Prüflinger war Rockmusiker, während Perry Schack ursprünglich vom Jazz kommt und Ingo Veits Spezialgebiet die Alte Musik ist. Die Einflüsse dieser unterschiedlichen Genres fasst Bernie Prüflinger in den Arrangements derart genial zusammen, dass nicht nur die Virtuosität zum Tragen kommt.
Chemie und Leidenschaft
Zwischen den Noten verstecken sich viele augenzwinkernde Querverweise, sodass es in jeder einzelnen Minute ein Genuss ist, die Ohren weit aufzusperren und in entspannter Konzentration in die Musik einzutauchen. Das Sahnehäubchen ist, die Musiker und die emotionalen Feinheiten ihres Zusammenspiels zu beobachten, die sich in Mimik und Gestik niederschlagen. Hier sind Menschen am Werk, bei denen die Chemie und die Leidenschaft stimmen.
Mit Schlagbesen sanft die Gitarre streicheln: Bernhard Prüflinger und Perry Schack (v.l.). Foto: IW
Kaum eines der Stücke wurde ursprünglich für Gitarrenmusik komponiert. Bernhard Prüflinger schreibt jeder Gitarre und jedem Ensemblemitglied die Stimme passend auf den Leib. Hinzu kommen Eigenkompositionen, wie die „Tschick Trilogie“ nach dem gleichnamigen Roman von Wolfgang Herrndorf. Da hört man im ersten Stück „Lada“ förmlich das Benzin ausgehen, genauso wie in der passenden Anekdote aus dem 10-Jahre-Machado-Nähkästchen. Dass beim Jubiläumskonzert das erste gemeinsam Stück aus der Feder des brasilianischen Gitarrenkomponisten Celso Machado nicht fehlen darf, versteht sich von selbst. Schließlich wurde er zum Namensgeber. Darauf, dass das neueste Stück „Les quarte guitares“ auf der nächsten CD erscheinen wird, kann man sich heute schon freuen.
All you need is love
Bei dem Faible der vier Virtuosen für die großen amourösen Stoffe von Oper bis Hollywood durfte auch ein großer Klassiker Europäischer Musikgeschichte nicht fehlen: Ein gemeinsam mit dem Publikum gesungenes „All you need is love“ der Beatles wurde zur Krönung des Abends.
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„Einfach für ein kleines bisschen Mut zur Liebe“, so die Botschaft der Zugabe, mit Gänsehautfeeling eines echten Rock-Konzertes und noch mal ganz viel Wir-Gefühl für alle. Auf den Tag genau 190 Jahre zuvor hatte Paganini sein Publikum in Tegernsee vermutlich auch ins Glück versetzt oder zu Tränen gerührt, wie Rossini – eine der Anekdoten der Machados, von denen wir gerne noch viel mehr gehört hätten und noch viel mehr Musik sowieso. Aber wie sagte Perry Schack so schön? „Zehn Jahre sind für uns nichts.“ Wir dürfen uns also darauf freuen, wie es weiter geht.
Die neue CD „Viergefühl“ gibt’s beim Konzert auch handsigniert. Foto: KN