Malerei und Haiku
Buchcover. Foto: MZ
Buchtipp von KulturVision
Der Kreuther Maler Walter Franzen hat ein Buch gemeinsam mit Ilse Jakobson herausgegeben. Es verbindet seine abstrakte Malerei mit Texten der Haiku-Dichterin und lädt dazu ein, passend zum heutigen Karfreitag, einen kleinen Raum der Stille im Alltag zu finden.
„Dieses Buch ist ein Experiment“, schreibt im Vorwort die Tochter von Walter Franzen, Monika Franzen. „Es stellt den Versuch dar, etwas in einen Dialog zu bringen, was auf den ersten Blick gar nicht zusammen zu passen scheint.“
Der Kreuther Maler Walter Franzen. Foto: privat
Walter Franzen ist in der Region bekannt für seine großformatigen abstrakten Bilder, in denen er eine expressionistische Form- und Farbensprache spricht. Damit ist er regelmäßig bei Ausstellungen, beispielsweise bei „Hibatzld“ in Gut Kaltenbrunn, vertreten.
Lesetipp: Malerei auf der Tenne
Er war bis zum Jahr 2000 als Hotelier tätig und widmet sich jetzt der Malerei. Ilse Jacobson war als Sozialpädagogin tätig und befasst sich seit vielen Jahren mit der japanischen Gedichtform des Haiku. Sie ist Mitglied in der Deutschen Haiku Gesellschaft e.V.
Als Teenager hätten sie sich kennengelernt, erzählt Walter Franzen, sich abends in einer Gang getroffen und Canasta und Monopoly gespielt. Später sei der Kontakt abgebrochen. Vor einem Jahr aber habe die Jugendfreundin ihn kontaktiert, da sie seine Bilder im Internet gefunden hatte.
Aus dieser erneuten Begegnung nach 65 Jahren sei nun dieses Buch entstanden. „Ich habe sie gefragt, ob ich ihre Haikus verwenden darf“, erklärt der Künstler.
Text von Ilse Jacobson, Bild von Walter Franzen. Foto: MZ
Ilse Jacobson war gern dazu bereit, ihre Gedichte zu den Bildern von Walter Franzen zu gesellen. „Die Haikus sind schon alt und haben eigentlich nichts mit den Bildern zu tun“, sagt sie. Dennoch sei es sehr erstaunlich, dass es Verbindungen gebe.
„Die Haikus haben etwas mit seelischen Erlebnissen zu tun“, sagt sie, „und es ist interessant, dass diese Erlebnisse auch bei Walter Franzen da sind“. Dies könne aber auch jeder andere bei der Betrachtung wahrnehmen.
Vom Abstrakten zum Konkreten
Monika Franzen schreibt dazu: „Wie bei jedem abstrakten Gemälde ist der menschliche Geist versucht, zwischen den farblichen Impulsen greifbare Bedeutung zu finden und so mit der Seele des Künstlers oder der eigenen Betrachter-Seele in Berührung zu kommen.“ Oder aber der Künstler habe selbst eine Assoziation im Kopf, die er zu Papier gebracht habe. „Der Weg für den Betrachter führt hier vom Abstrakten zum Konkreten.“
Die Haikus von Ilse Jacobson indes gehen den entgegengesetzten Weg. In der japanischen Gedichtform wird die Natur sehr konkret beschrieben und Objekte dienen als Symbole für Gefühle oder Erlebnisse. Die Worte evozieren dann beim Betrachter wiederum diese Assoziationen.
Haiku und Tanka
Die Dichterin erklärt, dass die konventionelle Form des Haiku, die aus dem Dreizeiler mit fünf, sieben und fünf Silben besteht, aufgebrochen sei. Sie habe auch andere Formen der japanischen Dichtkunst, wie etwa Tanka verwendet. „Dabei hat mich mein Leben lang Manfred Hausmann mit dem Buch ‚Liebe, Tod und Vollmondnächte‘ begleitet“, sagt sie.
Text von Ilse Jacobson, Bild von Walter Franzen. Foto: MZ
„Gemein ist beiden Formen, dass die Gefühle und Wege zur Seele sich erst durch das Erleben des Betrachters erschließen“, schreibt Monika Franzen, „bei dem Maler durch Farben und abstrakte Formen, bei der Dichterin durch Worte über konkrete Gegenstände“.
Beim Betrachten der Bilder und der dazu ausgewählten Texte kommt es zu spannenden Verbindungen. Es sieht so aus, als wären die Texte zu den Bildern geschrieben oder die Bilder zu den Texten gemalt.
Text von Ilse Jacobson, Bild von Walter Franzen. Foto: MZ
„Winterschwer die Tannen tragen den Mond“ heißt es da und dazu das Bild einer liegenden Mondsichel. Oder „aus Felsenstein bricht Wasser in die Tiefe“ und dazu ein Bild von herunterfallenden Steinen im tosenden Wasser.
Aber nicht immer ist der Zusammenhang so offensichtlich. Oft wird auch durch „dieses Nebeneinander eine neue Dimension eröffnet“, sagt Monika Franzen. „Das Nebeneinander der beiden Kunstformen eröffnet neue, überraschende Gefühlsregungen und Zugänge, die einzeln vermutlich verschlossen geblieben wären.“
Zum heutige Karfreitag möge der von Walter Franzen und Ilse Jacobson geführte Dialog von Malerei und Haiku Lust machen, den Raum der Stille zu erkunden und Lust auf mehr Kunst machen.