Heute bei Markus Lanz: Najd Boshi

Najd Boshi in München. Foto: privat

Geschichte aus Tegernssee im ZDF

Wenn heute Abend um 20.15 Uhr im ZDF Markus Lanz in seinem Jahresrückblick 2024 seine prominenten Gäste begrüßt, wird auch Najd Boshi aus Tegernsee dabei sein. Die 2014 aus Syrien geflüchtete Mutter von zwei Kindern erzählt, was sie zu den aktuellen Ereignissen sagen möchte.

In der Ankündigung der heutigen Sendung heißt es: „Außerdem wird auf den Sturz des syrischen Diktators Baschar al-Assad geblickt: Wie es jetzt in Syrien weitergeht und was das Ende von Assad für geflüchtete Syrer in Deutschland bedeutet – mit Ryyan Alshebl, Bürgermeister der Gemeinde Ostelsheim, 2015 aus Syrien geflohen. Und Najd Boshi, einer Tourismus-Angestellten in Deutschland, die 2014 aus ihrer Heimatstadt Aleppo entkommen musste.“

Ich treffe Najd Boshi am Dienstagabend. Gemeinsam überlegen wir, welche Worte ihre derzeitige Gefühlslage am besten beschreiben, „Ich bin sehr glücklich“, sagt sie. Von den neuen Machthabern in Syrien erwartet sie Gutes. Der Führer der Miliztruppe Hayat Tahrir al-Sham (HTS), die den syrischen Diktator stürzte, stamme aus einer gebildeten bürgerlichen Familie. Sein Vater sei erklärter Gegner des Assad-Regimes gewesen, ein Kämpfer für die Demokratie und habe viel Jahre im Gefängnis gesessen.

Volk erhofft sich Befreiung

Der Sohn Ahmed al-Scharaa habe zunächst für die Terrororganisation Al-Kaida gearbeitet, sich aber schon vor Jahren davon entfernt und seine eigene Organisation gegründet, die den Sturz von Assad bewirkte. Jetzt erhoffe sich das Volk von Syrien nach 60 Jahren Diktatur durch die Assad-Familie von ihm und einer neuen Regierung eine Befreiung.

Najd zeigt mir Videos von der Freilassung von Gefangenen aus dem Foltergefängnis Saidnaja in Damaskus, unfassbar, wie politische Gegner des Assad-Regimes dort über 24 Jahre lang gequält und ermordet wurden. Naid übersetzt: „Die Gegangenen sind so traumatisiert, dass sie nicht mehr wissen, wie sie heißen.“ Man spreche in Syrien von einer Million Menschen, die verschwunden sind.

Lebenslinien
Die erste Kapitänin auf dem Tegernsee: Najd Boshi. Foto: Firas Al Masri

Najd Boshi hat sich in Tegernsee mit ihren Kindern eine neue Heimat aufgebaut, spricht fließend deutsch und wurde als erste Kapitänin auf dem Tegernsee zum Medienstar. Heute arbeitet sie bei der Tegernseer Tal Tourismus GmbH und fühlt sich vollkommen integriert. Bis zum Sturz des Assad-Regimes.

Die Forderung von einigen Politikern, dass die syrischen Flüchtlinge jetzt unverzüglich zurückzukehren haben, empfindet sie als unmenschlich. „Ich fühle mich wertlos“, sagt sie. „Wie soll ich mich hier integrieren und Bayern als Heimat empfinden, wenn ich plötzlich zurückgeschickt werde.“


Najd Boshi bei der Spurwechselkonferenz 2023 im Waitzinger Keller. Foto: Petra Kurbjuhn

Das solle doch jeder selbst entscheiden dürfen, der in Deutschland eine neue Heimat gefunden hat. „Ich möchte zurückgehen, am liebsten morgen schon, denn ich habe Heimweh“, sagt die 47-Jährige. „Zuerst aber als Urlaub“, sie wolle durch die Straßen gehen, das Essen genießen. Es müsse aber gesichert sein, dass sie wieder nach Bayern zurückkehren dürfe, denn ihre Kinder sind hier.


Najd Boshi in Lyon. Foto: privat

Tochter Nai studiert Jura und verbringt gerade ein Auslandssemester in Lyon. Sie ist per Video zugeschaltet und erzählt, wie gut es ihr in Frankreich gefällt. Zu Weihnachten werden Mutter und Bruder zu ihr kommen. Ali macht im kommenden Jahr seinen Realschulabschluss. „Er hat keinen Bezug zu Syrien und kann nicht arabisch schreiben“, sagt Najd Boshi, zudem habe er seine Freunde hier.

Zurück nach Syrien

„Die Kinder brauchen mich hier noch ein paar Jahre“, sagt sie. Wenn sie allein wäre, würde sie sofort zurückgehen. Aber nach ihrer Flucht aus Syrien hätten die Kinder ihr emotional Beistand geleistet und Nai immer auch den jüngeren Bruder betreut, während sie arbeitete. Jetzt müsse sie für die Kinder da sein, bis sie flügge sind.

In den vergangenen Jahren habe sie oft darüber nachgedacht, wo sie einmal im Alter leben werde. „Ich werde nur eine geringe Rente bekommen, davon kann ich hier nicht leben“, erklärt sie. Viele Länder seien ihr durch den Kopf gegangen, aber jetzt brauche sie diese Sorge nicht mehr zu haben, denn ihre Rente würde für das Leben in Syrien reichen.

Im Jahresrückblick bei Markus Lanz

„Ich kann dort auch wieder in meinem alten Beruf arbeiten“, sagt die studierte Literaturwissenschaftlerin, die an der Universität Aleppo in der Verwaltung gearbeitet hat. Die neuen Machthaber hätten zugesichert, dass Flüchtlinge ihre alten Arbeitsstellen zurückerhalten. „Sie brauchen Leute mit Bildung.“

Heute Abend wird sie nun bei Markus Lanz mit Grünen-Kanzlerkandidat Robert Habeck, Bayerns Ministerpräsident Markus Söder, BSW-Kanzlerkandidatin Sarah Wagenknecht und Prominenten aus dem Sport zur besten Sendezeit im ZDF über ihre Flucht, ihr Leben in Tegernsee, ihre Gefühle nach dem Sturz des Diktators aber auch ihre Enttäuschung über die Reaktion mancher Politiker sprechen.

Und noch eine Story aus dem Tegernseer Tal wird bei Markus Lanz erzählt: „Im August 2024 verirrte sich der bekannte US-Moderator Jimmy Fallon bei einer Wanderung in Bayern und landete in der Kfz-Werkstatt von Familie Ewerdwalbesloh. Diese fuhr den Moderator in ihrem alten Cabrio zurück ins Hotel. Fallon filmte die Fahrt, der Clip ging viral, und die Familie wurde zur „Tonight Show“ nach New York eingeladen. „In der Sendung erzählen die Ewerdwalbeslohs von ihren Erlebnissen“, heißt es in der Ankündigung.

Am Sonntag 23. März 2025, 17 Uhr wird Nadj Boshi in der Fastenpredigtreihe anders wachsen unter dem Titel „Vier Geschichten, die Mut machen“ in der Kapelle zur Heiligen Familie St. Josef in Holzkirchen ihre Lebensgeschichte erzählen.

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