Martin Calsow: Krimidinner mit Quercher Nr. 5
Martin Calsow und sein neues Buch „Quercher und die Blutfall“. Foto: KN
Krimilesung in Tegernsee
Ein lukrativer Privatauftrag soll den ziemlich pleiten Expolizist Max Quercher sanieren. Schnell ist er mitten in tödlichen Intrigen und Verstrickungen: RAF, Wackersdorf und Frischzellentherapie. In „Quercher und der Blutfall“ geht’s wieder mächtig zur Sache. Und die Mangfall färbt sich blutrot.
Das Stielerhaus platzte schier aus allen Nähten, als Krimischriftsteller Martin Calsow aus dem fünften Buch seiner Pentalogie in Tegernsee las. Die Besucher pilgerten im Gänsemarsch ins Obergeschoss, wo der gebürtige Ostwestfale sie mit reichlich Wortwitz durch sein Buch führte. Fein diniert wurde unten, alle Tische waren besetzt: Krimidinner mit 3 Gänge-Gourmet-Menü. Heimspiel für Martin Calsow.
Hier im Tegernseer Tal findet er mit Blick aus Argusaugen seine Inspirationen. Er schaut akribisch unter jeden Stein, bohrt mit dem Finger in manche Wunde. Wenn seine ironisch-zynischen Sätze zündeln könnten, stünde das Tal längst in Flammen.
Martin Calsow: „Quercher und der Blutfall“. Foto: Ines Wagner
Deshalb hat er sich bisweilen nicht nur Freunde gemacht – wie sein Alter Ego Max Quercher. Aber genau das gefällt ihm, er reibt sich dabei verschmitzt die Hände. Und so erläuterte er den amüsierten Gästen eingangs gleich seine Kategorisierung der Talbewohner: Die „Insassen“ mit kreisrundem Stammbaum, die „Zuagroast’n“ mit frisch gekaufter Tracht und die „Dienstbaren Geister“, die ins Tal hinein und nach getaner Arbeit wieder hinausströmen. Weil er sich nichts ausdenkt, nur gelegentlich farbenfroh und wortgewandt ausschmückt, finden all diese Beobachtungen dann Widerhall in den Seiten des Buches – und noch besser in seinen Lesungen, die eigentlich bühnenreifes Kabarett sind. Noch witziger, noch ironischer und zynischer als bisher. Martin Calsow ist in seinem Element.
Was machen unsere Helden?
Der eigentlich als maulfauler Frauenheld konzipierte Quercher liefert sich bildschöne Wortgefechte mit seiner adeligen Freundin Regina. La Lump, die Schweißhunddame, die den Held über vier Bände lang begleitete, darf auch den fünften Roman überleben, weil sie im echten Leben über die Regenbogenbrücke ging. Dafür stirbt dann… verraten wir nicht. Denn natürlich gibt es wieder einige Leichen in diesem fünften Band. Und jede Menge Nervenkitzel, flankiert von Querchers Zynismus.
Liest aus dem neuen Quercher: Martin Calsow. Foto: Ines Wagner
Aber es kann auch ganz still und nachdenklich werden im Raum, wenn der Krimimeister und Journalist ernst und politisch wird, wenn er aus seinen Recherchen berichtet und den Widerständen dabei. Über Täter zu recherchieren sei immer einfach, viel schwieriger hingegen über die „abgeknallten, weggesprengten, exekutierten Opfer“. Da stehe oft eine Mauer des Schweigens. In seinem Roman ist von Scheven, das Opfer eines RAF Anschlages, den Quercher 30 Jahre später im Privatauftrag aufklären soll – und so in dickste Verstrickungen und höchste Gefahr gerät. Ilmberger ist die Widersacherin, die ganz Fiese im Roman. Und Tegernseer Tal Kenner werden sogleich bemerken, dass Calsow sich hier den Spaß gemacht hat, die beiden Buchhändler am See namentlich zu verewigen.
Heldenhafter und peinlicher Charme der 80er
Dieser fünfte Quercher ist auch eine Hommage an die Achtziger, der Jugend des Autors. Martin Calsow redete vom Gefühl der „Lächerlichkeit und Erhabenheit“, auf Bäumen in Wackersdorf angekettet zu sein. Erinnerte an mit Vorhängeschlössern verriegelte Wählscheibentelefone. Sprach von abgestandenen Rauch in gelben Telefonzellen, von Modern Talking, Bon Jovi und Stonewashed-Jeans. Dabei pingpongte er die Pointen hin und her mit Ehefrau Insa und frotzelte mit den jungen Kolleginnen von der Tegernsseer Stimme – Kategorie „Opa erzählt vom Krieg“. Denn was war eigentlich Wackersdorf? Lang her.
Signaturstunde. Foto: Ines Wagner
Am Ende der Lesung von hoher kabarettistischer Qualität haben die Zuschauer viel gehört und gelacht und wissen dann doch noch nicht so genau, wovon „Quercher und die Blutfall“ im Detail handelt. Das macht aber gar nichts. Steht ja im Klappentext. Die im echten Leben gar nicht fiese Gerhild Ilmberger hatte reichlich Bücher im Gepäck, der Krimimeister signierte fleißig. Und die anderen Fans der Quercher-Serie schauen einfach in der Kohlmannsberger Buchhandlung bei von Scheven in Rottach-Egern vorbei. Oder bei Ilmberger in Bad Wiessee, der „Westbank“ des Tegernsees und Heimat von Martin Calsow und dem Quercher. Bei letzterer gibt’s, für die ganz Schnellen, auch noch ein paar handsignierte Exemplare.
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