Klangfülle der Stille
Martin Kälberer spielt ungewöhnliche Instrumente, hier das Waterphone. Foto: IW
Konzert in Miesbach
Drei Jahre sind vergangen, seit Klangkünstler Martin Kälberer mit seinem Soundprojekt „Suono“ in Miesbach im Waitzinger Keller gastierte. Jetzt überraschte er die Fans mit neuen Klangwelten, inspiriert von Reisen auf den Shetlandinseln mit ihrer Weite und Stille.
Das neue Album, das Martin Kälberer im Gepäck hatte, heißt „Baltasound“. Und wer Kälberers Musik kennt, weiß, dass seine Inspirationen meist auf Reisen entstehen. Gleichsam auf dem fliegenden Teppich der Klänge fremder Länder entwickeln sich eigene Klanglandschaften, aber nicht nur aus den Klängen, die er unterwegs findet, sondern auch aus der Stille. Denn „sich auf eine Insel zurückzuziehen“, eine echte oder innere, bedeute, zu sich selbst finden, einen Gang herunterzuschalten und stille zu werden. Um dann umso intensiver Klänge aufzunehmen und zu verinnerlichen.
Klanglandschaften in der Weite
So hat Martin Kälberer in der weiten Landschaft auf den Shetlandinseln ein Klang begleitet, ein innerer Klang, der zu schwingen begann, der sich aus den Gefühlen und Ideen beim Betrachten der faszinierenden kargen Landschaft einstellte. Auf der Insel Unst fand er ein Schild, dass zum Sinnbild dieser neuen inneren Klanglandschaft wurde. Auf dem Schild stand „Baltasound“. So ist das neue Album zu einem musikalischen Reisebericht geworden, der die Zuhörer mitnimmt in die Weite.
Martin Kälberer im Waitzinger Keller – hier mit dem Vibrandoneon. Foto: IW
Dass in der Weite nicht Nichts ist und selbst in der Stille ein Klang, zeigen seine neuen Stücke auf eindringliche und berührende Weise. Die musikalische Pilgerreise im Waitzinger Keller führte die Zuhörer von den Shetlandinseln bis nach Sizilien in den kleinen Ort Gibellina. Den fliegenden Klangteppich, auf dem die Reise ging, webte Martin Kälberer aus den Klängen unzähliger Instrumente. Eine zentrale Rolle spielte dabei die Loopmaschine. Durch sie erwachsen die Stücke aus immer neuen Sequenzen der Klänge und Rhythmen unterschiedlichster Percussion Instrumente. Hang und Piano spielen dabei die zentrale Rolle. Auf ihnen entfaltet sich Geschichte für Geschichte in dieser weiten Klanglandschaft.
Ungewöhnliche Sounds und Instrumente
Der Hang zum „Hang“, dem erst im Jahr 2000 von zwei Schweizern erfundenen Percussion Instrument, dass wie ein zusammengeschweißter Doppelwok aussieht, ist nicht zu übersehen. Gleich vier Hang-ähnliche Instrumente waren dabei, jedes trägt einen anderen Namen und hat einen vollkommen anderen Klang. Seit vielen Jahren ist Martin Kälberer bekannt für seine ungewöhnlichen Soundprojekte, in denen er immer wieder mit den erstaunlichsten Instrumenten experimentiert, wie beispielsweise dem Waterphone und dem Vibrandoneon. Auf diese Weise entfalten sich nicht nur hörbar ungewöhnliche, höchst harmonische Klänge, auch visuell ist die Klangvielfalt ein Genuss.
Hören Sie einmal hinein in die CD:
So heißt ein Stück dieser Klangreise beispielsweise „Rast“. Es lädt die Zuhörer ein zu einem Rückzug auf eine innere Insel, gleich einer geschützten Schneekugel, in der sanft die Töne rieseln. Die Klänge aus Hang, Percussion und E-Piano lassen die Zuhörer als Pilger durch weite und stille Seelenlandschaften wandern. „Turn“ ist ein fließendes, eindringliches Stück am Flügel: „Alles ist gleich und alles ist anders, wie man es auch dreht und wendet“, beschreibt Martin Käberer dessen Botschaft. Das Stück „Lost, but not forgotten“ wiederum macht auf das Artensterben aufmerksam, ein Stück, dass der Klangvirtuose seit Jahren immer wieder spielt, weil es ihm ein Herzensanliegen ist.
Die Fotos der CD wiederspiegeln die Stimmung der Landschaft rund um die Bucht Baltasound auf der nördlichen Shedlandinsel Unst. Foto: Martin Kälberer
Seine klang-philosophischen Kompositionen greifen Zeit und Raum auf, Puls und Harmonie. Stille hat darin genauso ihren Platz wie pulsierende und rhythmische Elemente. Das Insel-Thema taucht dabei immer wieder auf, als geografischer Ort sowie innerer Rückzug, als persönliches Refugium. Schließlich steht das Stück „Rich Emptiness“ stellvertretend für „Baltasound“. Es erzählt von einer scheinbaren weiten Leere, die doch angefüllt ist mit den vielfältigsten, wunderbarsten, erstaunlichsten Tönen.
Reise in die Stille und Weite
Kälberers Klangreise „Baltasound“ ist eine Einladung, den Alltag und die Hektik abzustreifen und sich auf eine Pilgerschaft zu begeben. Würden mehr Menschen der Stille lauschen und sich in der Weite meditativer Landschaften verlieren – es gäbe weniger Burnout-Erkrankungen, Stress und Unzufriedenheit in unserer globalisierten Wohlstandswelt. Muße kann dabei ein Schlüsselwort sein und auch Hingabe.
Martin Kälberer nimmt sich Zeit zum Signieren. Foto: Isabella Krobisch
Dass diese Reise durch innere und äußere Insellandschaften süchtig macht, erlebte auch das Publikum im Waitzinger Keller. Deshalb spielte Martin Kälberer auch noch zwei wunderbare Zugaben.