Der Traum des Martin Luther King
Alois Prinz im Thomasaal. Foto: Christiane Brunner
Lesung in Holzkirchen
„I have a dream“ heißt es in der berühmten Rede des schwarzen Baptistenpredigers Martin Luther King. Autor Alois Prinz spürt in seiner Biografie über den amerikanischen Bürgerrechtler dem Mann nach, der nicht nur das Vorbild und die Stimme einer Generation war, sondern den Traum von Generationen mit Leben erfüllte.
Der promovierte Literaturwissenschaftler und Philosoph Prinz folgte einer Einladung des Arbeitskreises Ökumene vor Ort in Zusammenarbeit mit der Holzkirchner Bücherecke. Alois Prinz hat sich schon mit einer Reihe von teilweise höchst unterschiedlichen Personen befasst und Biografien u.a. über Hannah Arendt, Hermann Hesse, Franz Kafka, Ulrike Meinhof oder Dietrich Bonhoeffer veröffentlicht. Nun also das Buch „I have a dream“ über das Leben des Martin Luther King.
Lesetipp: Wer war der Mensch Dietrich Bonhoeffer
Social Gospel Movement
In Lebenswelten und Zeiten einzutauchen reizt den Autor am Verfassen ganz unterschiedlicher Biografien. Bei Martin Luther King komme noch die Verbindung zur Gegenwart dazu, erklärt Prinz und erzählt, dass Bonhoeffer und Martin Luther King in den USA häufig zusammen genannt werden. Beide haben eine soziale Ausrichtung, sind inspiriert von der Social-Gospel-Bewegung und bringen Armut und gesellschaftliche Probleme zur Sprache. Doch nur ganz wenigen Persönlichkeiten wurde die Ehre eines eigenen Feiertags zuteil: Der Martin Luther King Day ist immer am 20. Januar.
Wie dem kleinen Michael die Unterschiede erschreckend klar wurden
Der kleine Michael. Foto: Christiane Brunner
Martin Luther King, eigentlich Michael King, Sohn eines Baptistenpfarrers aus Atlanta, hatte sein Schlüsselerlebnis mit dem Eintritt in die Schule. Zuvor war sein bester Freund ein Nachbarsjunge gewesen. Aber dann kamen beide in die Schule, nicht in die gleiche, nein, er in eine Schule für schwarze Kinder, sein Freund in eine für weiße. Da war er untröstlich und hasste die Weißen, die ihm seine Freunde nahmen. Und er sah die ungerechte Behandlung immer deutlicher. Getrennte Warteräume, Parkbänke, Geschäfte, Toiletten. Sitzplätze in den hinteren Reihen im Bus.
Wohin geht unser Weg?
Immer klarer erkannte er das Dilemma der schwarzen Amerikaner. Im Text „Wohin geht unser Weg?“ schrieb er, dass kein Weißer jemals verstehen könne, wie ein „Nigger“ lebte. Die allgegenwärtige Ablehnung erschöpfe die Menschen. Wie sollten tief eingepflanzte Vorurteile aus den Köpfen herauskommen? Es konnte nur gewaltlosen Protest geben. Denn für ihn stand fest, dass der Einsatz von Gewalt immer mehr Gewalt nach sich zieht.
Leben in Montgomery
Gemeinsam mit seiner Frau Coretta entschied er sich als 25-Jähriger nach Theologiestudium und Promotion in Montgomery eine Pastorenstelle anzutreten. Schnell erkannte er die sozialen Probleme in der Stadt und engagierte sich für die schwarze Bevölkerung. Wieder ein Schlüsselerlebnis. Die Verhaftung einer schwarzen Frau, die ihren Platz im Bus nicht freigab, brachte die Menschen auf. Sie forderten den Boykott der Busgesellschaft. Nach dem Erfolg dieser Aktion wurde King unversehens zum Sprecher der Montgomery Improvement Association und von da an war sein Weg als Bürgerrechtler vorgezeichnet. Friedlicher Widerstand und ziviler Ungehorsam wurden ein Teil seines Lebens. Eines Lebens, in dem er und seine Familie zunehmend Drohungen, Bespitzelungen und Gewalt ausgesetzt waren.
Lebenstraum des Idealisten Martin Luther King
Neben Ehrungen, wie der Verleihung des Friedensnobelpreises 1964, und Unterstützung von Prominenten für seine Sache gab es Anfeindungen, Unterstellungen, Verhaftungen durch höchste Stellen der amerikanischen Politik. Es waren Jahre eines Lebens in Öffentlichkeit und Angst.
Hinter Gittern. Foto: Christiane Brunner
Viele teils kontroverse Anschauungen prallten aufeinander. Vietnamkrieg, Sit-Ins, Studentenproteste und Auseinandersetzungen mit einer gewaltbereiten Polizei. Schon am 28. August 1963 hatte Dr. Martin Luther King die Rede seines Lebens in Washington gehalten vor einer schier unüberschaubaren Menschenmenge. „I have a dream“ wurde zum Synonym für gewaltlosen Widerstand, ein Leben in Freiheit und Gleichberechtigung, für Versöhnung und Ausgleich.
I have a dream. Foto: Christiane Brunner
Fünf Jahre später wurde Martin Luther King am 4. April 1968 in Memphis, Tennessee, ermordet.
Alois Prinz zeichnet in seinem Buch den Weg eines unbeugsamen Kämpfers für die Rechte der schwarzen Bevölkerung und die Freiheit jedes Einzelnen nach und beantwortet schließlich die Frage nach dem Lebenstraum dieses außergewöhnlichen Menschen so: „Der Traum ist noch nicht zu Ende. Amerika ist immer noch ein segregiertes Land.“