Max Mannheimer Kulturtage 2020 – mehr als erinnern
Einladung zur Veranstaltungsreihe. Foto: Max Mannheimer Kulturtage
Die Aufforderung „Denkt dran, Kinder: Nie wieder Krieg!“ von Heinrich Böll ist das verbindende Motto der dritten Max-Mannheimer Kulturtage in Bad Aibling, ein viel beachtetes Leuchtturm-Projekt in der Region. Organisator Michael Stacheder begründet die Bedeutung der Veranstaltungsreihe vom 24. Januar bis 15. Februar.
„Die Entwicklung der vergangen 12 Monate mit den Übergriffen in Halle und in München zeigen, dass Rassismus, Ausländerhass und Homophobie zugenommen haben“, sagt der Schauspieler und Regisseur.
Vor etwa drei Jahren habe es begonnen, dass die Sprache vergiftet worden sei und als Kampfmittel benutzt werde. Die Verächtlichmachung nicht nur in den sozialen Medien sei ein Spiegel unserer Gesellschaft. Erschreckend sei es, in welches Fahrwasser man jetzt komme, den Hasstiraden folgten Taten. Pegidaaufmärsche in Dresden zeigten, dass bei der Wiedervereinigung einiges schiefgelaufen sei. Die Gesellschaft in West und Ost befinde sich in einer Schieflage.
Initiater und Organisator Michael Stacheder. Foto: Theaterwelten
„Die Max Mannheimer Kulturtage sollen der Aufklärung dienen“, sagt Michael Stacheder. Habe man sich anfangs noch nur auf die Person Max Mannheimers fokussiert, wolle man jetzt mehr erreichen als nur erinnern.
Lesetipp: Miteinander erinnern
„Es reicht nicht, am 27. Januar, zum Holocaust-Gedenktag Betroffenheit zu zeigen, wir müssen aktiver werden und dürfen die Diskussionen nicht scheuen“, ist der Organisator überzeugt. Dabei gehe es durchaus um die Frage, ob man wirklich mit dem AfD-Parteimitglied reden wollen. Solle man sich das antun? Solle man Rechtspopulisten Raum geben?
Es fehlen Utopien
Für Michael Stacheder steht fest, dass es unserer Demokratie an Utopien fehlt. Frustration als Argument für den Rechtsruck lasse er nicht zu. „Wir müssen jetzt den Mut haben, etwas dagegen zu setzen“, sagt er.
Auf das Fehlen von Zukunftsmodellen wollen die Max Mannheimer Kulturtage eine Reaktion bieten. Eröffnet wird der vielfältige Veranstaltungsreigen, der 2020 von Stadt Bad Aibling, Stadtbücherei, Volkshochschule und den Bad Aiblinger Vereinen wie Kunstverein, Mut & Courage, Kreis Migration, Historischer Verein, zusammen mit der Katholischen und Evangelischen Kirchengemeinde sowie dem Gymnasium Bad Aibling organisiert wird, am Freitag, 24. Januar 2020 mit der Filmvorführung „Der weiße Rabe“ von Carolin Otto, zum 100. Geburtstag von Max Mannheimer.
Eddi Bonesire: Titelbild. Foto: Max Mannheimer Kulturtage
Am Samstag, 25. Januar 2020 wird die Ausstellung „Im Krieg sagtest Du einmal …“ des belgischen Fotokünstlers Eddie Bonesire eröffnet. Als Finissage der Ausstellung stellt Michael Stacheder am Sonntag, 9. Februar 2020 in einer literarischen Matinée Texte und Erzählungen von Literaturnobelpreisträger Heinrich Böll in den Mittelpunkt der Veranstaltungsreihe.
Literaturnobelpreisträger Heinrich Böll. Foto: Max Mannheimer Kulturtage
Winterbienen von Norbert Scheuer
Mit Norbert Scheuer, dem am 1. Februar aus seinem Roman „Winterbienen“ liest, habe man auch die neue Literatur dabei, sagt Stacheder. Sehr poetisch erzähle der Autor von einer Welt, die geprägt ist von Zerstörung und dem Wunsch nach einer friedlichen Zukunft.
Cover „Winterbienen“. Foto: Max-Mannheimer-Kulturtage
Insbesondere für Jugendgruppen geeignet ist das Butterfly-Projekt am 4. Februar: Ein Keramik-Schmetterling zur Erinnerung an jedes der 1,5 Millionen Kinder, die im Holocaust getötet wurden. Das Butterfly-Projekt verbindet kreatives Gestalten mit geschichtlicher Bildung.
Mit einer Exkursion nach Steinhöring am 8. Februar wird der „Züchtung reinrassiger Menschen“ in den „Lebensborn“-Heimen im Vergleich zur Vernichtung „lebensunwerten Lebens“ gedacht. Viele weitere Veranstaltungen ergänzen die Kulturtage.
Friedensgebete bereichern Programm
Michael Stacheder ist es sehr wichtig, dass die Kirchen aktiv dabei sind und Friedensgebete im Programm eingebettet sind. Die katholische und evangelische Kirchengemeinde Bad Aibling laden jeweils zur Eröffnung und zum Ende der Kulturtage zum stillen Innehalten und Verweilen ein.
Duo Frangipani. Foto: Max-Mannheimer-Kulturtage
Mit einem Konzert des Duo Frangipani gehen die Max Mannheimer Kulturtage zu Ende. Sie sollen eine Plattform für den Dialog sein, wünscht sich Michael Stacheder ganz im Kleistschen Sinne. Der Dramatiker und Erzähler sprach „Von der allmählichen Verfertigung der Gedanken beim Sprechen.“
Am 10. März im Gymnasium Bad Aibling
In einer Zusatzveranstaltung am 10. März am Gymnasium Bad Aibling wird Michael Stacheder aus dem Tagebuch von Helga Pollak-Kinsky lesen, die als Kind hilflos Willkür, Missachtung und Einsamkeit im KZ-Theresienstadt erfahren hat.