Max-Mannheimer-Kulturtage schlagen Brücke zur Gegenwart
Max Mannheimer. Foto: Eva Faessler
Veranstaltungsreihe in Bad Aibling
Zum fünften Mal finden heuer die Max-Mannheimer-Kulturtage in Bad Aibling statt. Vom 25. Januar bis 15. Februar haben die Organisatoren ein spannendes Programm zusammengestellt, mit dem sie weit über die Stadt und den Landkreis hinausgehen, Erinnerungskultur neu definieren und sich zur Gegenwart hin öffnen.
„Erinnerungskultur ist nicht nur einen Kranz niederzulegen“, sagt Michael Stacheter, der die Max-Mannheimer-Kulturtage ins Leben rief. „Das ist ein Langzeitprojekt, das uns bei der aktuellen politischen Lage noch lange beschäftigen wird.“ Jetzt hat sich eigens dafür ein Verein gegründet, dem das Thema rechtsradikales Gedankengut zu schaffen macht. „Wollt ihr umkippen wie in Österreich?“, fasst Michael Stacheter die Situation vor der Bundestagswahl in Deutschland zusammen.
Regisseur und Initiator der Max-Mannheimer-Kulturtage Michael Stacheter. Foto: Paria Partovi
„Inwieweit ist die Erinnerungskultur geglückt?“, fragt er und fährt fort: „Was unsere Großeltern zwischen 1933 und 1945 gelernt haben, steht auf der Kippe.“ Der neu gegründete Verein stellt sich diesem Thema in Kooperation mit vielen anderen Vereinen und Organisationen in Bad Aibling.
Die Veranstaltungsreihe startet mit der Ausstellung „Politics“ von Burkhart Braunbehrens. „Wir freuen uns sehr, dass wir mit diesen Werken einen interessanten Blick auf Politik und Gesellschaft werfen können“, sagt der Bad Aiblinger. Diese Ausstellung solle der Ausgangspunkt dafür sein, dass eine Brücke zur Gegenwart geschlagen wird. Die Aquarelle des Künstlers zwischen Malerei und Karikatur zeigen wertefrei Porträts von Politikern in Aktion. Die Motive sind Pressefotos entnommen und zeigen, wie sich die Akteure für die Medien in Szene setzen. Was ist Politik, fragt sich der Betrachter automatisch, was ist die Wahrheit.
Ausstellung „Politics“ von Burkhart Braunbehrens und Plakat Film „Ruinenschleicher und Schachterleis“. Foto: Max-Mannheimer-Kulturtage
Auch die Gesprächsbühne „Wechselwirkung“ am 26. Januar entspreche dem Wunsch, die Bevölkerung in das Programm einzubinden, erklärt Michael Stacheter. Unter der Moderation des evangelischen Pfarrers Markus Merz sollen Geschichten und Erinnerungen ausgetauscht werden. Ziel sei es herauszufinden, was eine Gesellschaft zusammenhält.
Es gehe um die Demokratie und es gehe darum, sich untereinander im Tun für die Demokratie zu stärken. Er weist auf den Brandbrief von 200 Juristinnen und Juristen hin, die die Bundesregierung auffordern, ohne weitere Verzögerungen ein Parteiverbotsverfahren gegen die AfD einzuleiten.
Zwetschgendatschi. Fotos: privat
Bei der musikalischen Lesung mit Harald Roth „Kein Land. Nirgends“ geht es um autobiografische Texte von Menschen, die von 1933 bis heute aus ihrem Heimatland vertrieben wurden. Mit Klezmermusik begleitet die bekannte Formation „Zwetschendatschi“.
Spannend geht es am 1. Februar mit den „Aiblinger Geschichten“ weiter, einer Gesprächsrunde mit Alfred Breisl. Dabei soll die Geschichte von 1933 bis 1945 unter Bürgermeister August Bastianelli beleuchtet werden. „Wir sind neugierig, wie die Aiblinger das Thema aufnehmen“, sagt Michael Stacheter. „Jetzt stellt die junge Generation Fragen“, konstatiert er. Dem müsse man sich ohne Schuldzuweisungen, aber ehrlich stellen und bewusst Verantwortung übernehmen.
Reiner Engelmann. Foto: Max-Mannheimer-Kulturtage
Ein ergreifendes Buch gegen das Vergessen ist „Der Fotograf von Auschwitz“, in dem Rainer Engelmann Wilhelm Brasse ein Denkmal setzt. Der Fotograf, als Häftling in Auschwitz, musste Häftlinge fotografieren, die dann in den Gaskammern starben. Der Autor liest am 3. Februar aus dem Buch, zu dem Max Mannheimer das Vorwort schrieb.
Am 5. Februar folgt der Film „Ruinenschleicher und Schachterleis“ mit Regisseur Michael von Ferrari, der in seinem Dokumentarfilm eine Reise durch München in der Nachkriegszeit angetreten hat.
Maria Lazar. Foto: Max-Mannheimer-Kulturtage
Der Initiator der Max-Mannheimer-Kulturtage gestaltet am 15. Februar die letzte Veranstaltung selbst. Er liest aus dem satirischen Zeit- und Widerstandsroman von Maria Lazar „Die Eingeborenen von Maria Blut“. „Das Buch zeigt den schleichenden Prozess des Nationalsozialismus in einem fiktiven österreichischen Ort“, erklärt Michael Stacheter. Es offenbare wunderbar, wie das Denken der Menschen infiltriert wurde. Die Lesung solle die Tür zur Frage öffnen, wieso so viele Menschen AfD wählen.
Das Buch, im Exil geschrieben, sei eine Wiederentdeckung und werde jetzt endlich dem Publikum vom Verlag Das vergessene Buch zugänglich gemacht. 2023 wurde es am Wiener Burgtheater aufgeführt.
Zum Weiterlesen: Erinnern als lebendiger Prozess