Meet a Jew: Die jüdische Kultur kennenlernen
Synagogue. Foto: Pixabay
Online-Seminar der Volkshochschule Hausham-Schliersee-Fischbachau
Warum tragen Juden Schläfenlocken? Was ist der Unterschied zwischen Talmud, Tora und Tanach? Durch persönliche Begegnungen soll das vom Zentralrat der Juden initiierte Projekt „Meet a Jew“ ermöglichen, was tausend Bücher nicht leisten können: Das aktuelle jüdische Leben in Deutschland aus erster Hand kennenzulernen.
Auf der Suche nach einem interessanten Thema im Rahmen des Jubiläumsjahrs „1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“ stieß Danielle Döbbener, Leiterin der vhs Hausham-Schliersee-Fischbachau, auf das vom Zentralrat der Juden ins Leben gerufene und vom Bundesprogramm „Demokratie leben“ geförderte Projekt „Meet a Jew“. „Das ist spannend“, fand die gebürtige Französin, die, wie sie erzählt, selbst nicht viel über jüdisches Leben weiß. Vielleicht, so überlegte sie, würde das Thema ja auch die Menschen im katholisch geprägten Oberland interessieren.
Danielle Döbbener, Leiterin der Volkshochschule Hausham-Schliersee-Fischbachau. Foto: Danielle Döbbener
Dass die Veranstaltung nun doch nur neun Teilnehmer hatte, ist schade. Es liegt aber vielleicht am Online-Format. Der Lebendigkeit und Lebhaftigkeit der Diskussion hat es keinen Abbruch getan.
Ehrenamtliches Engagement
Die Referentinnen Julia, 22, und Daniela, 18, haben sich schnell begeistern lassen von der Projekt-Initiative und machen aktiv mit — alles ehrenamtlich, versteht sich. Die beiden Studentinnen aus Würzburg und Nürnberg sind nicht wirklich religiös, erzählen sie, sind aber doch fest in ihren jüdischen Gemeinden verankert. Sie berichten über ihre Herkunft und ihren jüdischen Alltag, beantworten Fragen nach jüdischen Feiertagen und Traditionen, erläutern die Herkunft der aschkenasischen und sephardischen Juden und erklären die religiösen Unterschiede zwischen orthodoxen und Reformjuden. Sie machen das ebenso locker wie engagiert und weichen dabei selbst politischen Fragen zum Thema Israel nicht aus.
Meet a Jew: Klischees vermeiden
Auf die Frage, was sie denn bewogen hätte, bei dem Projekt mitzumachen, antwortet Julia, dass in Deutschland nur etwa 200.000 Juden leben. Es also für viele Menschen kaum Berührungspunkte mit jüdischen Mitbürgern gäbe. Da sei es doch eine tolle Idee, Möglichkeiten für gemeinsame Treffen und einen gegenseitigen Austausch zu schaffen. Daniela ergänzt, dass sie oft Sätze höre wie: „Ich habe noch nie einen Juden gesehen.“ oder „Ach, du siehst gar nicht so aus wie ein Jude.“ Beide möchten sie aufklären, Klischees oder Stereotype abbauen, die sich womöglich im Laufe der Jahrhunderte verfestigt hätten, und ja: auch etwas gegen Antisemitismus tun. Julia erwähnt eine kürzlich erhobene Studie, nach der ein Fünfteil der deutschen Bevölkerung leichte bis starke antisemitische Einstellungen teilt.
Lesetipp: Trauma eines Zeugen
Daniela, die eine Kette mit dem Davidstern trägt, erzählt von ihrem Schulalltag, der oft von schrägen Blicken und unschönen Beschimpfungen begleitet war. Nach einem von ihr gehaltenen Referat in der 12. Klasse hätte sich herausgestellt, dass über die Hälfte der Klasse nicht wusste, was Antisemitismus ist. Ob man die Menschen mit verfestigten Vorurteilen denn überhaupt erreichen könne?, werden die beiden gefragt. „Oh ja, wenn man nur früh genug anfinge“, lautet die Antwort. Begeistert berichten Julia und Daniela von ihren Begegnungen in Schulen, nach denen sie von den Schülern oft hören: „Ihr seid ja genauso wie wir!“
Meet a Jew: Fabelhaftes Projekt für den Schulunterricht
Das Projekt unter der Schirmherrschaft von Frank-Walter Steinmeier richtet sich an Schulen, Universitäten, Sportvereine und alle sonst Interessierten. Allen Schulen sei die Teilnahme an dem Projekt allerwärmstens ans Herz gelegt – es ist eine fabelhafte Ergänzung für den Sozialkunde-, Ethik- oder Geschichtsunterricht. Eine Begegnung ist kostenlos und kann über www.meetajew.de angefragt werden.