Spitzbergen

Mein Spitzbergen

Birgit Lutz mit Meereis Noorderlicht. Foto: Birgit Lutz

Buchtipp von KulturVision

Es ist eine Liebeserklärung einerseits und eine gesellschaftspolitische Auseinandersetzung andererseits: „Mein Spitzbergen“ von Birgit Lutz. Die Schlierseer Arktisforscherin und Publizistin wird im Schlierseer Kulturherbst aus ihrem hochspannenden aktuellen Buch lesen.

Der Titel verrät es bereits. Birgit Lutz liebt die Arktis. Seit Jahren ist sie im äußersten Norden unterwegs, für Recherche und als Expeditionsleiterin. In mehreren Büchern und in zahlreichen Vorträgen berichtet sie über die aktuelle Situation am Nordpol, auf Grönland und jetzt aus Spitzbergen.

Lesetipp: Ein Nachruf auf die Arktis von Birgit Lutz

„Mein Spitzbergen ist unser aller Spitzbergen. Aber ist es ein Ort, an dem alle gleich sind und die gleichen Rechte haben, ein Ort ohne Militär, Konflikt und Krieg, eine Utopie?“

Wertvollen Lebensraum schützen


Das Schiff Antigua im Hornsund Eis. Foto: Birgit Lutz

Diese Frage stellt die Schlierseerin eingangs. Sie durchzieht das ganze Buch. Eine abschließende Antwort kann auch die Expertin nicht finden, aber immer wieder auf die Einzigartigkeit und die Notwendigkeit hinweisen, diesen wertvollen Lebensraum zu schützen.

Mit ihrer Begeisterung für Spitzbergen, wo es ein besonderes Licht gibt, wo die Eisberge in ein unglaubliches Blau getaucht sind und wo es im Winter monatelang dunkel bleibt und wo eine internationale bunte Community von Menschen lebt und arbeitet. Es sei für die Menschen ein Sehnsuchtsort, sagt Birgit Lutz.


Auf Farmhamna mit den Huskys. Foto: Birgit Lutz

Auch sie habe die Sehnsucht verspürt, einmal für längere Zeit auf einer abgelegenen Insel von Spitzbergen in einer Hütte zu leben. Anschaulich erzählt sie von dieser Erfahrung. Und auch von der Erfahrung im Meerwasser, das durch den Salzgehalt Minustemperaturen hat, zu baden.

Sie erzählt von den besonderen rechtlichen Grundlagen, die absurde Auswirkungen haben, wohl weil es um die Sicherung von Öl, Gas und seltene Erden drehe.


Birgit Lutz widmet den Tieren viel Raum in ihrem Buch. Foto: Birgit Lutz

Sie berichtet von der Tierwelt, von Walen, Robben und den allgegenwärtigen Eisbären, von der Notwendigkeit, immer ein Gewehr dabei haben zu müssen. Die Arktis in ihrer Stille und Reizarmut verändere den Menschen, schreibt Birgit Lutz. Die unberührte Landschaft ohne Fremdgeräusche und ohne Gerüche schärfe die Sensoren, schreibt sie. Spitzbergen sei für sie ein Ruhepol geworden, eine Region, in der man auf das Wesentliche reduziert sei.

Von Expeditionen

Birgit Lutz hat sich intensiv mit der Geschichte der Entdeckung der Arktis beschäftigt und schreibt lebendig und spannend von den Expeditionen, die oft tödlich endeten. Sie erzählt auch von ihren Begegnungen mit den Teilnehmenden ihrer Expeditionen, etwa von der Reise mit Künstlern, bei der eine Künstlerin auf einer Meereisscholle die Wünsche der anderen verlas und wo diese Wünsche freigegeben wurden.

Spitzbergen
Birgit Lutz mit einer Expedition in der Arktis. Foto: Birgit Lutz

Als Rohstofflieferant von Kohle wurde die Arktis ausgenutzt, heute aber ist der Ort mit dem schönen Namen Pyramiden ein Geisterort, unrentabel geworden. Der Walfang als größte Jagd überhaupt hat die Population der Tiere dramatisch reduziert.

Birgit Lutz hat ein Projekt gegen die Plastikverschmutzung gemeinsam mit dem Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung initiiert. So berichtet sie auch in ihrem Buch über die Reinigung der Strände, an denen sich auch ihre Expeditionsteilnehmer beteiligen. Es sei ihnen gelungen, einen Beitrag für das öffentliche Bewusstsein für dieses Problem zu leisten.


Beim Entfernen eines Plastikmonsters. Foto: Birgit Lutz

Klimawandel und Kalkalgen

Ein anderes Problem thematisiert die Autorin am Ende ihres Buches, den Klimawandel, der sich hier so gut wie kaum woanders beobachten ließe. Das Eis schmilzt dahin, die Gletscher ziehen sich zurück, im Winter werde es warm, regne sogar und all das habe verheerende Folgen für das gesamte Ökosystem. Wie alles mit allem zusammenhängt, illustriert Birgit Lutz an einem kleinen Beispiel, den Kalkalgen, die die Zusammensetzung unserer Atmosphäre beeinflussen und durch die Übersäuerung der Ozeane nicht mehr Kohlendioxid entziehen können.

Sie hat aber eine gute Botschaft: Da der Klimawandel menschengemacht sei, könne der Mensch ihn auch beeinflussen. Ihr Lebensmotto sei: Ich tue, was ich kann. Viel habe sie dazu in Spitzbergen gelernt. Weil die Kalkalgen und die Eisbären es wert seien.


Cover „Mein Spitzbergen“. Foto: MZ

Ganz zum Schluss schreibt Birgit Lutz noch einmal über die Tiere, über die Küstenseeschwalbe, die Vielfliegerin, die von der Arktis in die Antarktis fliegt und wieder zurück. Und sie schreibt von den Rentieren und räumt mit dem Mythos von Rudolph mit dem Geweih auf. Warum? Nachlesen.

Liebeserklärung für Spitzbergen

Aber nicht nur deshalb. Das Buch ist in mehrfacher Hinsicht ein Schatz. Es lehrt Respekt und Demut vor der Natur, es informiert über die Geschichte und Gegenwart einer Region, die doch recht fern von Bayern ist. Und es konfrontiert mit den aktuellen Problemen unserer Zeit, indem es zum Tun auffordert. In erster Linie aber ist es doch eine Liebeserklärung.

Spitzbergen
Birgit Lutz. Foto: Boris Storz

Birgit Lutz: „Mein Spitzbergen“, mare 2024. Am 15. Oktober um 20 Uhr liest Birgit Lutz im Rahmen des Schlierseer Kulturherbstes aus ihrem Buch im Heimatmuseum Schliersee.

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