Liebe

Mit Michael Haneke in der Kulturbrücke Fratres

Im Gespräch mit Monika Ziegler: Michael Haneke. Foto: Petra Kurbjuhn

Seit der Oscar-Verleihung für den Film „Liebe“ kann sich der Regisseur Michael Haneke vor Interview-Anfragen nicht mehr retten. Die Kulturbrücke Fratres war sich der hohen Ehre seines Besuches bewusst. Das Gespräch führte Monika Ziegler.

Magnet des Thementages „Liebe“, organisiert von KulturVision e.V., am vergangenen Wochenende in Fratres war der gleichnamige Film von Michael Haneke, der im Institut Slavonice gezeigt wurde. Mit Hochspannung wurde der preisgekrönte Filmemacher zum anschließenden Gespräch in der Kulturbrücke Fratres erwartet. In der von Monika Ziegler souverän geleiteten Diskussion gab er erstaunliche Einblicke in seine künstlerische Arbeit.

Kulturbrücke Fratres
Kulturbrückengründer Peter Coreth, Michael Haneke und Erni Mangold. Foto: Petra Kurbjuhn

Gefragt, warum er die Geschichte von Anne und Georges bis zum Tabubruch treibe, erläutert der Regisseur, dass eine Geschichte bis zu ihrer schlimmsten Wendung verfolgt werden muss. Außerdem sei es Aufgabe der Kunst „davon auszugehen, dass der Zuschauer ein mündiges Wesen ist.“ Ja, es gäbe einen konkreten Anlass, weswegen er dieses Thema angegangen sei. Seine geliebte Tante, bei der er aufgewachsen sei, hätte ihn im Alter von 91 Jahren gefragt „ob ich ihr nicht beim Sterben helfen kann“. Er lehnte ab. Das Gesetz schützte ihn, denn er wäre ihr Erbe gewesen.

Kunstwerk als Zumutung

Aber das Thema ließ ihn fortan nicht mehr los. Er wollte jedoch kein Sozialdrama daraus machen, sondern zeigen „was tut das Leben mit mir in dieser Situation. Denn Krankheit und Leid sind verpönt. Man zählt nicht mehr und ist nur noch eine bemitleidenswerte Randerscheinung.“ Früher sei die Oma neben dem Enkel gestorben, heute leben die Generationen getrennt. Mit dem Kunstwerk als Zumutung habe er auf das hochaktuelle Thema Euthanasie hinweisen wollen.

Gespannt verfolgten die Zuhörer im überfüllten Auditorium der Kulturbrücke Fratres Michael Hanekes Aussagen. Sie erfuhren, dass der Filmemacher mit seinen Themen „den Leuten auf die Zehen steigen“ will und dass er die Liebe für die einzige Lösung hält. Denn der Existentialismus habe den Menschen zu Freiheit und Einsamkeit verurteilt.

Angebote zum Nachdenken

Auf Monika Zieglers provokante Frage „Wissen Sie, wo George ist?“ antwortete Haneke wie aus der Pistole geschossen „Ich würde es nicht sagen“. Denn seine Filme seien Angebote zum Nachdenken und ihm sei jede Interpretation recht.

Eine bewegende Stunde, in der der weltberühmte Filmemacher bekannte, „ich habe Ähnlichkeit mit allen meinen Figuren“ und „jeder ist zu allem fähig. Wir sind alle gut und böse“.

Der Thementag „Liebe“ begann mit einer Ausstellung.
Ausstellung „Hommage an meine Frau“

Michael Haneke
Teodor Buzu in seinem Atelier in Tábor. Foto: Ines wagner

Der moldawische Maler Teodor Buzu, heute in Tábor (CR) lebend, nähert sich mit orgiastischen Farbexplosionen auf Seide der Intensität zwischenmenschlicher Emotionen. Die Werke dieser Ausstellung widmet er seiner Frau Dagmar, denn „der glücklichste Tag meines Lebens war eine Nacht“.

Nach dem Interview mit Michael Haneke kam einer weitere Ikone des österreichischen Films zu Wort:

Kultfigur Erni Mangold


Erni Mangold. Foto: Petra Kurbjuhn

Sie gilt als kompromisslos ehrlich, anekdotenreich, humorvoll und geradeheraus. Erni Mangold, Kultfigur des Theaters und Films, las aus ihrem Erinnerungsbuch „Lassen Sie mich in Ruhe“, das auch das Thema Beziehungen nicht ausspart. Anschließend trug die im Waldviertel lebende Schauspielerin auch Liebesgedichte vor und begeisterte das Publikum durch ihre frisch-jugendliche Art.

Der Kulturbrücke zuliebe hatte die Musikerin Agnes Palmisano ihre neue CD „Wahre Liebe“ genannt. Kostproben aus ihrem vielseitigen Repertoire gab es zum krönenden Abschluss des Thementages.

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