Viererlei. Vierfach. Vierfältig.
Milazzo ART: Mosaikkugeln von Tano, Keramikfiguren von Waltraud, Zeichnungen von Pina und Riccardo (v.l.). Foto: Petra Kurbjuhn
Ausstellung in Gmund
Das Gmunder Jagerhaus platzte zur Eröffnung beinahe aus allen Nähten, ebenso wie das Haus der Milazzos in Rottach vor lauter Kunst beinahe auseinanderbricht. Die Gemeinschaftsausstellung zeigt die Vielfalt und zugleich Verbundenheit der Arbeiten – von Keramik über Zeichnungen und Malerei bis zur musikalischen Objektkunst.
Es ist die zweite Familienausstellung, welche die Werke der vier Milazzos – Waltraud, Tano, Pina und Riccardo – vereint zeigt. Im Jahr 2014 gab es bereits einmal eine Ausstellung in Agatharied. Heuer ist der 80. Geburtstag von Tano Milazzo der Anlass. Gehen die Besucher von Raum zu Raum, wird deutlich, was die Familie eint und zusammenhält: Es ist ein starker Drang, sich künstlerisch auszudrücken und die Dinge, die in der Umgebung passieren, aufzunehmen, umzuwandeln und wiederzugeben.
Milazzo Art gewürdigt
Landrat Wolfgang Rzehak hob die bewundernswerte Vielfalt der Familienkunst hervor und Gmunds Erster Bürgermeister Alfons Besel zeigte sich von der Fröhlichkeit und Herzlichkeit der ausgestellten Stücke begeistert. Beide würdigten die Arbeit der Künstlerfamilie und forderten die Besucher auf, sich die Werke genauer anzusehen und darüber auszutauschen.
Der Zeichner und die Pflanze – von Pinas Zeichnung inspiriert, entstand eine Keramik. Foto: IW
Bei Waltraud laufen alle Fäden der Familienkunst der Milazzos zusammen. Statt früher in der Schule starr das Einmaleins auswendig zu lernen, beobachtete und zeichnete sie lieber. Später fand sie über das Zeichnen zur Keramik, wurde Mitglied der Isargilde und zeigte ihre Keramiken regional und überregional. Ihre Arbeiten im Jagerhaus entstanden in den letzten 3 Jahren. Im ersten Raum fällt ein kleiner Korb mit fröhlich bemalten Kieselsteinen ins Auge.
Zerbrechlich und stark
Vor drei Jahren, als die Keramikkünstlerin an Krebs erkrankte, nahm sie sich diese kleinen Weißach-Kiesel vor. Spielerisch kam sie Stein um Stein in die Lebendigkeit und in ihr Schaffen zurück. Die erste Keramikarbeit, die danach entstand, war die Figur „Der Krebs“. Seither hat sich Waltraud Milazzo oft mit der Zerbrechlichkeit auseinandergesetzt. Was bleibt, wenn die organische Struktur in der Hitze des Ofens wegbrennt? Eine fragile Hülle, ein Hauch von Erinnerung an das Lebendige, zugleich ein starkes Zeugnis. Die meisten ihrer Arbeiten jedoch haben einen aktuellen gesellschaftlichen Bezug – von Themen aus Politik und Kirche bis hin zu den Flüchtlingen im Mittelmeer.
Farbenfrohe Mosaike
Tausender winziger Mosaiksteine, von Hand geformt und glasiert . Foto: IW
Aus dem Mittelmeer-Raum, aus Sizilien, stammt auch Tano Milazzo, der nach Deutschland kam und als Maler und Stuckateur arbeitete. Als er das Haus mit der Keramikwerkstatt und einen Brennofen für seine Frau baute, begann er zugleich, sich intensiv mit Glasuren zu beschäftigen und diese zu entwickeln. Inzwischen lagern Tausende von Mosaiksteinen verschiedenster Formen und Farben im Keller des Hauses. Jeder einzelne ist von Hand geformt und mit seinen Spezialglasuren gebrannt. Aus ihnen entstehen mit feinem Farb- und Formgespür kunstvolle Mosaike, riesigen Kugeln und Mosaiktische.
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Etwa 20 Skizzenbücher hat Pina Milazzo schon gefüllt. Foto: IW
Tochter Pina lebt in München. Vor ein paar Jahren schloss sie sich der Gruppe der Urban Sketchers Munich an, die im Sommer gemeinsam in Parks und an öffentlichen Plätzen und im Winter in verschiedenen Museen zeichnen. „Wir zeigen die Welt, Zeichnung für Zeichnung“ ist im Manifest der Gruppe verankert. Gleich einer aufmerksamen Chronistin dokumentiert Pina die Welt mit Zeichenstift, Buntstiften und Aquarellfarben.
20 Skizzenbücher gefüllt
Die feine, stille Beobachtungsgabe, mit der sie ihre Umgebung wahrnimmt und wiedergibt, hat sie von Waltraud geerbt. Etwa 20 Skizzenbücher entstanden am Tegernsee, in München und vielen anderen Orten der Welt. Darunter zahlreiche Zeichnungen, die wiederum ihre Mutter zu neuen Keramiken inspirierten.
Riccardo Milazzo spielt auf einer der Diddle Bows, im Hintergrund Zeichnungen in Pigmenttusche. Foto: IW
Der jüngste Sohn Riccardo wuchs in der Werkstatt seiner Eltern auf, wo er von klein an mit sicherer Hand malte und skizzierte. Hoch komplexe zwischenmenschliche und gesellschaftliche Zusammenhänge und Beziehungen stellt er mit wenigen Linien und klaren Formen dar. Oft wird er nach Hilfslinien und Radierspuren gefragt. Es gibt keine. Mit konzentrierter Gelassenheit setzt Riccardo den Pigmenttuschestift an und lässt ihn laufen bis eine Zeichnung fertig ist. „Back to Black“ heißt die neueste Serie. Nur mit einem schwarzen Stift zeigt er, dass die Welt durchaus nicht schwarz und weiß ist, sondern bunt und variantenreich. Bei seinen Acrylbildern lässt er sich von seinen Empfindungen leiten, dorthin, wohin die Kunst und die Farben ihn führen.
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Klang- und Objektkunst: Ricc’s Diddle Bows
Seine andere Liebe gilt dem Gitarrenspiel. In letzter Zeit sind zahlreiche Diddle Bows entstanden: einfache, improvisierte Gitarren, mit nur einer oder zwei Saiten bespannt. Er hat „genommen, was so da war“: Äste eines Baumes, Zigarrenkisten und Keksdosen. Und weil Ricc nicht nur Künstler, sondern auch Gitarrist ist, sind das nicht einfach nur faszinierende Objekte. Er spielt auch darauf und sie klingen wunderbar.