Mit Davidstern und Lederhose – Jüdische G’schichtn on tour
Logo der Ausstellung. Foto: EJKA
Ausstellung in Bayern
Was haben Albert Einstein (der berühmte Physiker), Levi Strauss (der Erfinder der Jeans), Kurt Landauer (der jahrelange Präsident des FC Bayern) und Lion Feuchtwanger (der namhafte deutsche Schriftsteller) gemeinsam? Richtig: Sie sind alle in München aufgewachsen – und sie waren Juden. Das und vieles andere Wissenswerte mehr ist Thema einer bayernweiten Wanderausstellung der Europäischen Janusz Korczak Akademie (EJKA), deren Auftakt für den 29. November 2020 in Miesbach geplant war.
Lesetipp: Jüdisches Leben in Bayern: „Mit Davidstern und Lederhose“
Der Termin konnte – coronabedingt – nicht gehalten werden. Die Ausstellung mit dem schönen Namen „Mit Davidstern und Lederhose – Jüdische G’schichtn on tour“ wird jedoch trotzdem stattfinden, voraussichtlich nun im Sommer. Wer aber so lange nicht warten mag und schon jetzt ein wenig reinschnuppern möchte: Das junge Projektteam der EJKA hat sich ein online-Format ausgedacht – in drei Videos von etwa 45 Minuten Länge, die auf YouTube abrufbar sind, erzählen sie vorab einiges über das Konzept.
Das Ausstellungsteam im Korczak-Haus in München. Foto: EJKA
Wer sind die Macher? Die Europäische Janusz Korczak Akademie ist eine jüdische Bildungseinrichtung, die 2009 aus der Taufe gehoben wurde. Ihr Ziel ist es, den interreligiösen und interkulturellen Dialog zu fördern, Berührungsängste und Vorurteile von Menschen durch die Vermittlung von Wissen abzubauen. Die Akademie unterhält Bildungszentren in Berlin und Duisburg, das Stammhaus ist in München.
Eva Haller, die in Bayern lebende Vorstandsvorsitzende der Akademie, berichtet im ersten der drei Videos über die Entstehungsgeschichte von „Mit Davidstern und Lederhose“. Auslöser sei der seit einigen Jahren ansteigende Antisemitismus in Deutschland, der ihrer Einschätzung nach immer mehr in die Mitte der Gesellschaft rückt. Für jüdische Bürger dieses Staates sei das besorgniserregend und man müsse dem entgegentreten. Schnell war unter den Mitarbeitern der EJKA München die Idee einer Ausstellung geboren, die das jahrhundertelange Zusammenleben von Christen und Juden in Bayern darstellen solle, das kulturelle, vielfältige Miteinander, die gegenseitigen Einflüsse.
Schattenspiel, Albert Einstein darstellend. Foto: EJKA
Gesagt, getan. Das Projektteam begann zu recherchieren und präsentiert in der Ausstellung nun sechs Geschichten von Persönlichkeiten mit starker bayrisch-jüdischer Identität. Unter anderem die Geschichte der Brüder Julius und Moritz Waller, die sich 1899, aus Preußen kommend, sich in München niederließen. Die Brüder streiften durch die bayrische Provinz, sahen sich auf Märkten in bayrischen Kleinstädten und Dörfern um und waren fasziniert von den ländlichen Trachten. Die jedoch galten in München als „Bauernkleidung“. Die Brüder beschlossen, das zu ändern. Sie gründeten 1900 im Herzen von München das „Haus für Volkskunst und Tracht“, entwarfen Kleidung, die sich an den traditionellen Trachten orientierte, und verwendeten edle Stoffe dazu. Die Münchner waren begeistert und schon bald war das Volkskunsthaus Wallach eine Attraktion. Einige von uns mögen das Kaufhaus Wallach noch kennen – es bestand (mit einer längeren Unterbrechung während der Zeit des Nationalsozialismus) bis zum Jahr 2004 in der Residenzstraße in München. Dass die bayrische Trachtenmode durch ein jüdisches Brüderpaar „en vogue“ gemacht wurde, dürfte allerdings den wenigsten von uns bekannt sein.
Das Projektteam vernetzte sich bei seinen Recherchen vor Ort und arbeitete mit Historikern zusammen. So steuerte beispielsweise Alexander Langheiter, der Kurator des Miesbacher Heimatmuseums, interessante Beiträge zur jüdischen Geschichte Miesbachs bei. In Miesbach gab es – wer erinnert sich? – noch bis zum Jahre 2005 das jüdische Kaufhaus Sundheimer.
Mit Alexander Langheiter in Miesbach unterwegs. Foto: EJKA.
Es ist geplant, die Ausstellung in allen sieben Regierungsbezirken Bayerns zu zeigen. Das Interessante an der Ausstellung wird der interaktive Charakter sein – die Ausstellungsmacher wollen Begegnungen und Gespräche initiieren, Mitbürger werden ausdrücklich gebeten, ihr Wissen beizusteuern, Schulen und andere Bildungsinstitutionen können die Wanderausstellung anfordern.
Schon jetzt kann man sich in den Videos sehr informative Powerpoint-Präsentationen über die jüdische Geschichte Bayerns (Teil 2) sowie die Entstehung von antisemitischen Verschwörungstheorien (Teil 3) abrufen. Insbesondere für Lehrer könnte die Comic-Darstellung von der Entstehung antisemitischer Vorurteile unter Jugendlichen – und wie man ihnen begegnet – interessant sein (Teil 2).
Allemal aber lohnt sich ein Blick auf die Website der EJKA, auf der man sich über weitere interessante Projekte, über Veranstaltungen und Fortbildungen informieren kann.