Münchner Feuilleton: Freies Denken, kritischer Blick
Das Münchner Feuilleton. Foto: Petra Kurbjuhn
Lesetipp von KulturVision
Das Münchner Feuilleton ist ein auch in der Region beliebtes Magazin in der Kulturszene. Kürzlich erschien die 100. Ausgabe und Herausgeberin Christiane Pfau titelte „Begeisterung, Sturheit und langer Atem“. Im Gespräch erzählt sie, wie sie es schafft, jährlich 11 Ausgaben zu produzieren und wie sie in Coronazeiten arbeiten.
Irgendwie kommt mir das alles sehr bekannt vor, als ich den Titeltext der 100. Ausgabe lese. Die Frage, warum gründet man eine Kulturzeitung? Weil es sonst keiner macht und „die Kultur braucht mediale Präsenz“ waren auch der Anlass für uns, vor 17 Jahren, eine Kulturzeitung zu produzieren. Aller Skepsis zum Trotz und mit stetigen Finanzierungsproblemen schaffte es das Team um Christiane Pfau und Ulrich Rogun durchzuhalten. Dank der Abonnements und der Anzeigenkunden. Und dank der Mitarbeiter, die bei weitem nicht die Honorare erhalten können, die angemessen wären.
Titel der aktuellen Ausgabe
Auch in Coronazeiten erscheint das Münchner Feuilleton pünktlich. Die aktuelle Ausgabe hat den Titel „To stream or not to stream“ , das sei die Frage. Bereicherung oder Notnagel? Das Magazin versucht auf sechs Seiten Antworten aus verschiedenen Perspektiven zu geben. „Für uns ist diese Zeit nicht kulturlos“, meint Christiane Pfau, denn man fasse den Kulturbegriff weit. Natürlich gebe es weniger Vor- und Nachberichte von Veranstaltungen, aber man könne sich jetzt allgemeineren Themen ausführlicher widmen und diskursiver arbeiten.
Künstlerporträts und Hintergrundberichte erhalten größeren Raum. Wie eben jetzt das Thema Streaming, das in einer Umfrage bei den Leserinnen und Lesern großen Anklang gefunden habe. 140 Antworten an zwei Tagen habe es gegeben. „Wir machen das Blatt für sie und räumen ihnen Platz ein.“
Gründerin und Herausgeberin Christiane Pfau. Foto: Manu Theobald
Das Münchner Feuilleton basiert auf Abonnement. „Das erste Aboexemplar haben wir einem Ehepaar, das noch heute dabei ist, persönlich übergeben“, sagt Christiane Pfau. Diese Art des Vertriebs habe sich bewährt, denn die freie Auslage habe einen unangenehmen Beigeschmack, wenn die Zeitung nicht liebevoll ausgelegt werde und das hochwertige Magazin am Boden liege. Jetzt erscheine die Zeitung als Beilage der „Welt am Sonntag“, übrigens auch im Landkreis Miesbach.
Das Blatt finanziert sich zu 90 Prozent über Anzeigen und zu 10 Prozent über Abonnement. Ein schwieriges Geschäft, meint Christiane Pfau, „es gibt keine Ausgabe, die flutscht“. Anfangs habe sie jede Absage als persönliche Niederlage empfunden, heute freue sie sich über jeden Kunden, der sich zu dieser Art von Journalismus bekenne.
Positive Resonanz und Kampf ums Geld
Was ihr nach wie vor Bauchschmerzen macht, sei, dass sie die Kollegen nicht so bezahlen könne, wie sie möchte. Auch das kenne ich nur zu gut. Andererseits aber sei sie gerührt über die positive Resonanz. Offensichtlich spüre die Leserschaft, mit wieviel Herzblut die Zeitung gemacht werde. Motivierend sei auch die Spendenbereitschaft, hingegen zornig sei sie darüber, wie Kulturpolitik funktioniere. „In jedem Budget sollte ein Anzeigenbudget enthalten sein“, fordert sie. Tausendmal habe sie folgenden Satz gesagt: „Wir berichten gern, aber damit wir berichten können, braucht es ein Blatt und das kostet etwas.“ Kommt mir auch sehr bekannt vor.
Theater Kunstdünger im Münchner Feuilleton. Foto: MZ
Was den Inhalt des Münchner Feuilleton anbelangt, ist der rote Faden der Kontext zu München, aber es können auch von München losgelöste Beiträge erscheinen, wenn der Autor oder die Autorin begründen kann, warum dieser Beitrag in die Zeitung aufgenommen werden soll.
Christiane Pfau erinnert sich noch gut an die Frage des Mentors Klaus von Welser: „Wofür brennt ihr?“ Anfangs habe sie das nicht so benennen können, da zu sehr mit Abläufen befasst. Jetzt aber sehe sie es als das Alleinstellungsmerkmal der Zeitung, dass die Themen mit Hingabe von verschiedenen Seiten beleuchtet werden. Hierarchien sollten nur sekundär eine Rolle spielen, sie wolle auch kleinere Veranstalter berücksichtigen, die Hauptsache sei zu erfahren, was die Kulturschaffenden antreibe.
Valleyer Theater Kunstdünger
So werden in der aktuellen Ausgabe über vier Seiten Filme vorgestellt, überraschende Präsentationen von Kunst sind dabei, Sir Simon Rattle und Pete York sind in der Abteilung Musik porträtiert. Das Theater kommt mit dem digitalen Brechtfestival in Augsburg zu Wort. Und auch das Valleyer Theater Kunstdünger bekommt zu seinem 20. Geburtstag einen Platz.
Arche Noah
„Das »Münchner Feuilleton« ist eine Arche Noah, die voller erstaunlicher Wesen von Ausgabe zu Ausgabe durch die Welt schippert. Wir sind arm, aber frei.“ Das schreibt Christiane Pfau zur 100. Ausgabe. Und alle Mitarbeitende an diesem Blatt betonen genau das, was Gründungsmitglied Matthias Leitner so ausdrückt: „Freies Denken, kritischer Blick, leidenschaftlicher Dialog, regionaler Impact: Münchner Feuilleton.“