Schwarz, pur und stark – Mocca Swing im Oberland
Mulo Francel (Saxophon), Sven Faller (Kontrabass), Robert Kainar (Drums), Foto: Christoph Voss
Konzert in Miesbach
Mulo Francel & Friends spielen Jazz at its Best, gewürzt mit einer Prise Swing.
Rund 50 Jazzfreunde haben in den hinteren Reihen im Waitzinger Keller Platz genommen, ein Vorhang trennt sie vom Rest des Saals. Bevor die Musiker kommen, wirkt die Szene ein wenig verloren, denn der abgetrennte Teil schweigt schwarz im Vordergrund. Doch Mulo Francel wäre nicht Mulo Francel, wenn er und seine drei Mannen mit ihrer Musik nicht von der ersten Sekunde an die intime Atmosphäre herstellen könnten, die man als Jazzhörer braucht – egal auf welcher Bühne sie stehen. Die vier Musiker spielen zum ersten Mal in dieser Formation in Miesbach, eine Premiere also, die die Zuhörer heute genießen dürfen. Und das können sie: Im erst roten Schein der stets stimmungsvollen Beleuchtung geht es sogleich mit einem lebendigen Swing-Stück los, in dem das Sax zwar die Hauptrolle spielt, nichts desto trotz aber alle anderen Instrumente auch ihr Solo bekommen. Danach stellt Mulo Francel seine drei Freunde direkt vor, nicht wie oft üblich erst zum Ende des Konzerts. So gehört es ja auch, wenn man sich zum ersten Mal sieht.
Schattenspiele: Mulo Francel (Saxophon), David Gazarov (Piano), Foto: Christoph Voss
Eigene Stücke, immer wieder neu interpretiert
Alles, was diese vier hochbegabten Musiker heute ins Oberland mitgebracht haben, ist eigenkomponiert. Stücke, die das Publikum nicht kennt und anfangs „auch wir nicht, als wir sie gespielt haben“, wie Francel launig erklärt. Immer wieder gibt es neue Sideways. Improvisationen in dieser Musik, die aber genau das auch auszeichnet. Dass die Vier ihr Handwerk verstehen, merkt man mit dem ersten Ton. Mulo ist seit 30 Jahren „World Music-Künstler“, David Gazarov am Piano scheint mit diesem Instrument geboren worden zu sein. Wir erfahren, dass seine Eltern ihm bereits in seiner Kindheit in Baku/Armenien Klassik und Jazz näher gebracht haben. Robert Kainar an den Drums ist Einfallsreichtum und Improvisation in Person. Der Österreicher spielt unter anderem beim „Jedermann“ in Salzburg.
Eine Geschichte, traurig und hoffnungsvoll zugleich
Sven Faller (Kontrabass), Robert Kainar (Drums), Foto: Christoph Voss
Und schließlich Sven Faller am Kontrabass, der nicht nur ein klasse Musiker und Komponist ist, sondern auch Schriftsteller. Er berührt das Publikum mit der Geschichte seiner Großmutter, die sich in den 30er-Jahren in einen jungen, jüdischen Arzt verliebte. Der konnte noch rechtzeitig vor den Nazis fliehen, gründete in Kalifornien eine Familie und machte Karriere. Als seine Frau verstarb, begab er sich auf Spurensuche nach seinem früheren Leben in Deutschland – und fand Svens Großmutter wieder. Ihre Liebe war immer noch wach, auch nach dreißig Jahren. Die beiden heirateten. Das nächste Stück hat Sven für sie komponiert, Mulo holt seine schwarze Klarinette hervor und spielt noch eine Spur intensiver und gefühlvoller als zuvor.
Mulo Francel (Klarinette), David Gazarov (Piano), Sven Faller (Kontrabass), Foto: Christoph Voss
Man schaut ihm gerne zu bei seinem Spiel und lauscht, wie er komplett versinkt in die Töne, die manchmal absichtlich auch ein bisschen schräg klingen. So auch beim Titelstück des neuen Werks der vier: „Mocca Swing“, ein Doppel-Album. Eine Scheibe aufgenommen mit dem Münchner Rundfunkorchester, die andere als Quartett. Sicher ist auch die Orchester-Version interessant zu hören, es klingt nach Gegensätzlichem, was hier vereint wird. Für ECHO-Preisträger Mulo Francel ist das eine der Herausforderungen, die ihn musikalisch befruchten. Eine andere ist sicher sein Weltbürgertum, seine Reisen in ferne Kontinente, vor allem natürlich Südamerika, aber auch der Orient und in die Länder Süd-Europas, meistens mit seiner Stamm-Kombo „Quadro Nuevo“. Als die noch ganz neu war, habe ich sie 1996 auf einer Hochzeit im Nachbarlandkreis Rosenheim hören dürfen. Ein zarter Anfang auf einem mittlerweile äußerst erfolgreichen Lebensweg….
Weltmusiker Mulo Francel auf Kuba, Foto: Mulo Francel