Musikfest Kreuth: Tosender Applaus beim Eröffnungskonzert
Weltklasse-Violinist Daniel Müller-Schott. Foto: Uwe Arens
Konzert am Tegernsee
Noch immer befindet sich das Musikfest Kreuth auf Wanderschaft. Seine Domizile wählt es so sorgfältig wie seine Weltklassemusiker. Der diesjährige Start auf Gut Kaltenbrunn war ein voller Erfolg. Dabei war die Akustik der alten Tenne ein vom Publikum mit Spannung erwarteter Faktor.
Der mit knapp 600 Plätzen bestuhlte Saal war ausverkauft als Dieter Nonhoff, seit zehn Jahren Leiter der außergewöhnlichen Veranstaltung, eine Doppelpremiere ankündigte: Die Eröffnung des 28. Internationalen Musikfest Kreuth und das erste Konzert in der aufwändig renovierten Tenne des Gutes Kaltenbrunn überhaupt. Natürlich vermisse man „den magischen Ort“ Wildbad Kreuth, sagte er, wo das Musikfest 26 Jahre lang seine Heimat hatte. Aber auch in diesem Jahr haben die Veranstalter würdige Plätze für ihre hochkarätig besetzten Konzerte gefunden.
Dieter Nonhoff in der Tenne von Gut Kaltenbrunn, Gmund. Foto: Rudi Wolf
Dieter Nonhoff betonte die große logistische Herausforderung, die das Musikfest mit ihren unterschiedlichen Orten darstelle, beispielsweise den kostbaren Konzertflügel mit auf Reisen zu nehmen. An diesem Flügel nahm am Abend des Eröffnungskonzertes der Pianist Herbert Schuch Platz, der sich mit seinen dramaturgisch durchdachten Konzertprogrammen als einer der interessantesten Pianisten seiner Generation einen Namen gemacht hat.
Freundes-Trio renommierter Solisten
An seiner Seite spielten Julia Fischer, eine der besten Violinistinnen weltweit und Daniel Müller-Schott, der zu den renommiertesten Violincellisten der Gegenwart den zählt. Damit wurde das 28. Musikfest von einem Freundestrio außergewöhnlicher Solisten eröffnet, dass dem klassischen Klaviertrio huldigte: Mit Werken von Beethoven und Tschaikowsky. Und das war dann auch die große Überraschung – denn unterschiedlicher und damit spannungsreicher hätten sie die beiden Konzertteile kaum auswählen können.
Julia Fischer. Foto: Felix Broede
Was die Werke beider Komponisten verbindet, ist die innige Freundschaft, aus der heraus sie entstanden sind. Beethoven widmete sein Klaviertrio B-dur op. 97 „Erzherzog-Trio“ aus enger Verbundenheit seinem Gönner Erzherzog Rudolph von Österreich, der als Schüler Beethovens in der Lage war, es selbst zu spielen. Tschaikowsky, eigentlich kein Freund des Klaviertrios, komponierte sein Klaviertrio a-moll op. 50 in Verarbeitung des frühen Todes seines engen Freundes, des Pianisten Nikolai Rubinstein.
Freundschaft als thematische Essenz des Konzertabends
Bemerkenswert an diesem Konzertabend auf Gut Kaltenbrunn war neben der außergewöhnlichen musikalischen Leistung das zutiefst herzliche, harmonische Zusammenspiel der befreundeten Solisten. In Beethovens Klaviertrio agierten alle drei Instrumente als gleichberechtigte Partner. In schönster Eintracht und Zugewandtheit „plauderten“ die Stimmen von Klavier, Violine und Cello miteinander. Im schelmischen Zupfen der Seiten punktierten Julia Fischer und Daniel Müller-Schott das perlende Spiel Herbert Schuchs auf den Tasten. Die Stimmen der Instrumente umschmeichelten einander tänzerisch, träumerisch, mal setzte das Klavier die Akzente, mal Violine, dann wieder das Cello. Ein temperamentvolles Rondo beendete den ersten Teil des Konzertes.
Herbert Schuch. Foto: Felix-Broede
Komplett anders folgte der zweite Teil. Schon die ersten Töne Herbert Schuchs am Klavier nahmen das Publikum mit in die Traurigkeit und Weite der russischen Seele. Dieses einzige Klaviertrio Tschaikowskys ist von Leidenschaft, Konzentration und Präsenz gezeichnet. Zerrissenheit, Stimmungsschwankungen aus erdrückender Trauer und Verzweiflung, aber auch Heiterkeit und Erinnerungen an die verschiedenen Facetten einer innigen Freundschaft kennzeichnen das Stück, das den Solisten des Trios hohe Konzentration, Spielleidenschaft und technische Perfektion abverlangte.
Komplexe, anspruchsvolle Dichte
Tschaikowsky selbst zweifelte an der technisch einwandfreien Form des Trios. Tatsächlich schuf er in seiner Trauer ein Meisterwerk, dass die tradierte Form sprengte und daher noch heute seinesgleichen sucht. Die sichtliche Spielfreude, Verbundenheit und hohe Virtuosität der Solisten machten dieses Konzert zu einem außergewöhnlichen Genuss, der mit lang anhaltendem, tosendem Beifall belohnt wurde. Damit ging der Auftakt des 28. Internationalen Musikfest Kreuth mit großer Begeisterung des Publikums im stilvollen Ambiente auf Gut Kaltenbrunn zuende.
Bis zum 29. Juli bietet das Musikfest insgesamt neun hochkarätige Klassik-Abende. Neben dem Gut Kaltenbrunn und dem Barocksaal des KULTUR im Oberbräu Holzkirchen, der über eine hervorragende Akustik verfügt, finden Konzerte in der Kirche St. Quirinus im Schloss Tegernsee und im Seeforum in Rottach-Egern statt.