Mut zum Fragen

Mut zum Fragen, Mut zum Leben, Mut zum Denken

Ausgewähltes aus der Weltliteratur. Foto: Anschi Hacklinger

Musikalische Lesung in Valley

„FrageMut“ nannten Monika Ziegler und Anschi Hacklinger ihre Lesung, bei der sie an diesem Abend im Schlossbräu in Valley ihre Zuhörer ermunterte, Fragen zu stellen, sich Gedanken zu öffnen und von der sehr subjektiven Auswahl von Texten ihrer Lieblingsautoren inspirieren zu lassen. Anschi Hacklinger begleitete einfühlsam mit ihren Kompositionen am Klavier.

Ausgehend von den Fragen, die Franz Xaver Kappus an Rainer Maria Rilke stellte und dieser in „Briefe an einen jungen Dichter“ 1903 liebevoll beantwortete, nahm uns Monika Ziegler, Initiatorin und Redakteurin von KulturVision, mit auf den Weg der Lebensfragen. „Die Fragen selbst liebzuhaben, wie verschlossene Stuben und Bücher“, schrieb Rilke aus Worpswede und mahnte an, die Fragen zu leben und dem Leben zu vertrauen.

Monika Ziegler und Anschi Hacklinger
Monika Ziegler liest, und Anschi Hacklinger hört zu. Foto: Petra Kurbjuhn

Wie klar erscheinen Rilkes Gedanken, seine Wünsche und Ratschläge. Warum sich der Frage hingeben, woher alles kommt und wohin alles will. Das Leben ist Veränderung, Verwandlung. Mut zum Leben gibt Rilke dem jungen Mann.

Ein bunter Reigen der Weltliteratur macht Mut zum Fragen

14 Textpassagen bekannter und anonymer Autoren von China über Russland, Deutschland bis nach Amerika hatte Monika Ziegler in ihrer Büchertasche. Sie hatte sich wieder mit den Meistern der Sprache beschäftigt und den Fragen des Menschseins, der Ethik, des Sinns des Lebens gestellt.

Dabei hat sie nicht nur bekannte Gedichte oder Erzählungen dem Thema zugeordnet und miteinander in Beziehung gesetzt, ihr ist durch die geschickte Textauswahl vielmehr eine Werkschau der Bandbreite des literarischen Schaffens über Jahrhunderte hinweg gelungen.

„Ist es so?“

Ob sie in einer chinesischen Parabel der Frage nach Glück oder Unglück nachgeht oder die Weisheit des japanischen Zen-Meisters Hakuin erspürt, der mit seiner Frage: „Ist es so?“ dem Geschehen neue, unerwartete Richtungen gibt, immer steht die Entscheidung des Menschen, wie er sein Leben führt, im Mittelpunkt der Texte.

Monika Ziegler und Anschi Hacklinger
Anschi Hacklinger spielt eigene Kompositionen und Monika Ziegler hört zu. Foto: Name

Und immer findet Anschi Hacklinger in ihrer Musik das passende Pendant. Bei „Luca“ streicht sie suchend, fragend, einfühlend über die Tasten des Klaviers. „Die kannste haben“ ist spritzig, mutig, fordernd aber auch sanft dahingleitend.

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„Wieviel Erde braucht der Mensch?“

Diese Frage stellt Leo Tolstoi in seiner wunderbaren Erzählung über den Bauern Pachom, den seine Gier nach dem Mehr, nach dem großen, dem billigen Land, seine „Schnäppchenjagd“ schließlich das Leben kostet. Um das Leben in und mit der Natur geht es auch in „Walden“ (1854), dem über zwei Jahre dauernden Projekt des amerikanischen Schriftstellers und Philosophen Henry David Thoreau, in dem er sein Leben in einer Hütte am Walden Pond beschreibt.

Was will das Leben von mir?

Und wieder die Frage: Wie will ich leben? Wie soll ich leben? Was will das Leben von mir?
Die Puri-Indianer hatten, so erzählt es Thoreau, nur ein Wort für „gestern, heute und morgen“, um die Bedeutung auszudrücken. Wie sie das machten? „Für gestern deuten sie mit dem Kopf rückwärts, für morgen vorwärts und für heute nach oben.“

Von den deutschen Klassikern bis Michael Ende

Natürlich durfte in diesem Textreigen Johann Wolfgang Goethe nicht fehlen. Und so präsentierte Ziegler den „Zauberlehrling“, der bekanntlich die Geister, die er rief, nicht mehr loswurde und die Hilfe seines Meisters benötigte. Stellt sich da die Frage, wer einem bei „Übermut“ aus der Patsche hilft.

Abschied und Neubeginn

Nach Hermann Hesses zauberhaftem Gedicht „Stufen“, das gleichermaßen Abschied und Neubeginn, Aufbruch und Reise und den immerwährenden Ruf des Lebens beschwört, hörten wir Bertolt Brecht, Erich Kästner, Albert Schweitzer, Günter Eich, Rose Ausländer mit lustigen, klugen, ernsten und ernsthaften Betrachtungen zum Leben.

Hacklinger CD
Wer die Musik noch einmal hören will, es gibt eine CD bei Hacklinger. Foto: Petra Kurbjuhn

Springen, sausen, immer schneller rasen. „Eile ist ein Irrtum“ sagt Anschi Hacklinger am Klavier und man fragt sich, wer da noch mitkommt. „Die Lehre von der Ehrfurcht vor dem Leben“, Gedanken über Ethik und Moral, Gut und Böse und „das Geheimnis, als unverbrauchter Mensch durchs Leben zu gehen“, gibt uns der große Albert Schweitzer mit auf den Lebensweg.

Hommage an Michael Ende

„Das Umstellen der Lichter“, ein kurzes Gedicht über Kunst und Leben, ist eine Hommage an den „Valleyer“ Michael Ende, der im November 90 Jahre alt geworden wäre.

Aus Robert Seethalers Erfolgsroman „Der Trafikant“ über das Wien der Dreißigerjahre und die Erlebnisse des jungen Franz und seiner Freundschaft mit Sigmund Freud trug Monika Ziegler eine kurze Passage vor. „Immerhin kommen mir die meisten Wege schon bekannt vor. Aber eigentlich ist ja gar nicht unsere Bestimmung, die Wege zu kennen. Es ist gerade unsere Bestimmung, sie nicht zu kennen. Wir kommen nicht auf die Welt, um Antworten zu finden, sondern um Fragen zu stellen“.

Mut zum Fragen
Das gemeinsame Verbeugen muss noch geübt werden. Foto: Petra Kurbjuhn

Mut zum Fragen aus dem Publikum

Und so bitten Monika Ziegler und Anschi Hacklinger zum Abschluss dieses kurzweiligen und nachdenklichen Abends um Fragen aus dem Publikum. Fragen, die aufgeschrieben und vielleicht an einem weiteren Abend wieder aufgenommen werden.

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