Schlummernde Schätze erweckt
Künstlerin Agnes Wieser bei ihrem Vortrag im Haindlkeller. Foto: Selina Benda
Ausstellung in Miesbach
Versteckte Talente haben sich in die Öffentlichkeit gewagt. Zum Glück. Denn es sind erstaunlich reife Arbeiten, die noch bis Mittwoch im Miesbacher Haindlkeller zu sehen sind. Allesamt im Rahmen des Nachwuchsfestivals LandkreisTalente 2023 zur Ausstellung eingereicht.
Zum ersten großen Nachwuchsfestival im Landkreis Miesbach von KulturVision e.V. ging der Aufruf an Jugendliche zwischen 16 und 26 Jahren, ihr Talent zu zeigen. Egal in welchem Genre, ob Musik, Tanz, Literatur oder bildende Kunst. Zur Eröffnung am Freitagabend im Kulturzentrum Waitzinger Keller gab es eine bunte Bühnenshow, bei der die etwa 50 jungen Künstlerinnen und Künstler in Gesang, Tanz, Musik oder Rap das Publikum mit ihrem Können überzeugten.
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Am Samstagabend dann im Gmunder Pavillon am See war die Stimmung ausgelassen, als unterschiedliche Bands das lässig im Gras sitzende Publikum zu Begeisterungsstürmen hinrissen.
Elf Nachwuchstalente im Haindlkeller
Für die Vernissage im Haindlkeller hatten sich elf Nachwuchstalente mit ihren Werken angemeldet, teils hatten sie an den Workshops von Agnes Wieser, Tatjana Blaske und Sandro Thomas teilgenommen, aber teils sind ihre Werke ohne Hilfestellung entstanden.
Oleksandr Ostapenko. Foto: MZ
So hat Oleksandr Ostapenko über 100 Stunden an einem Bild gearbeitet, das seine Erinnerung an den Krieg in seiner ukrainischen Heimat verarbeitet. Es ist ein verstörendes Bild, das niemanden unberührt lässt. Der 16-jährige Gymnasiast aus Bad Wiessee brauchte hingegen nur eine Nacht für ein bezauberndes Mädchenporträt. Die Tochter meiner Freundin, erzählt Oleksandrs Mutter, und berichtet, dass Ihr Sohn von klein auf gemalt, sich alles selbst beigebracht habe und immer seinen eigenen Weg gegangen sei.
Agnes Wieser erzählt, dass er in ihrem Workshop dankbar ihr Feedback angenommen habe. „Ich hoffe, dass er aus seinem Talent etwas macht, er ist sehr begabt.“
Milena Fanenstich: Boxerin. Foto: MZ
Drei Stunden hat sie mit Sandro Thomas die Bilder gehängt. Es ist eine gelungene Präsentation mit Gags geworden. So haben sie das Bild eines Boxers von Milena Fanenstich an einen gekippten Stuhl gestellt. „Das Bild ist bei mir im Workshop entstanden“, erzählt die Weyarner Künstlerin. Milena habe das erste Mal mit Acryl gemalt, „sie hat großes Talent“.
Franka Ebert. Foto: MZ
Franka Ebert und Anja Lindner besuchten den Workshop bei Tatjana Blaske und präsentieren Spachtelarbeiten. Sie lernten aber auch, mit Schablonen und Spraytechnik zu arbeiten.
Andi Kempf und Tatjana Blaske. Foto: Yulia Usikova
Ein Bild mit Symbolcharakter hat Andi Kempf im Workshop bei Agnes Wieser gemalt. Es zeigt das Miesbacher Rathaus mit der bayerischen und der ukrainischen Fahne.
Luce Hirsch. Foto: MZ
Luce Hirsch ist ein Multitalent. Im Konzert in Seeglas begeisterte sie mit ihrer Band und ihrer wandlungsfähigen Stimme, den Eröffnungsabend moderierte sie neben dem Landrat völlig gelassen und im Haindlkeller stellt sie ihre Bilder aus.
Veronika Melnyk. Foto: MZ
„Die Kreativität bahnt sich verschiedene Wege“, meint Agnes Wieser, denn auch Veronika Melnyk aus der Ukraine habe sich nach dem Malworkshop in ihrem Atelier die Gitarre genommen und gespielt. „Da schlummern Schätze“, meint sie.
Kaito Kunz. Foto: MZ
Auch Kaito Kunz, neben Maler auch Musiker, bescheinigt die Künstlerin ein großes Talent: „Dieses Porträt hat er bei mir gemalt.“ Sie sehe bei ihm ein großes Potenzial und freue sich, dass er jetzt auf die Fachoberschule für Gestaltung in München gehe.
Die Kunst-FOS besucht auch Elora Ademaj. Die begabte junge Otterfingerin stellten wir in der 38. Ausgabe der KulturBegegnungen auf der Jugendseite vor. Im Haindlkeller zeigt sie einige ihrer reifen Landschaften und Porträts.
Lesetipp: Eine mystische Künstlerseele in der 38. Ausgabe der KUlturBegegnungen auf Seite 5
Unterschiedlich kreativ ist auch Simon Waldschütz. Am Eröffnungsabend überraschte er als Dudelsackspieler, im Haindlkeller zeigte er, was er beruflich macht. Der 22-Jährige studierte Game Design und präsentierte seine Produkte am Laptop. Dabei zeigte er, wie er die Charaktere programmiert und visual effects platziert. Aber in einem Spiel geht es auch um eine wichtige Frage. „Es soll Männern helfen, ihre Gefühle zu zeigen“, erklärt er.
Simon Walschütz. Foto: MZ
Zur Vernissage am Sonntag gab Agnes Wieser dem Nachwuchs wichtige Hinweise für die künstlerische Arbeit. Sie charakterisierte die Künstlerpersönlichkeit so: „neugierig, offen, zielstrebig, leidenschaftlich, mutig, flexibel, selbstkritisch und verletzlich“.
„Trau dich“
Sie rief dazu auf, zu entschieden, ob die Kunst Hobby oder Beruf sein soll. Wenn man sich für den Künstlerberuf entscheide, dann müsse man dringend ein Netzwerk aufbauen, Preise festlegen, sich immer wieder Hilfe von Künstlerkollegen holen und sich auch weitere Standbeine suchen.
Aus ihrer persönlichen Erfahrung riet sie: „Trau dich, warte nicht, du musst tätig werden und du musst lernen mit Kritik umzugehen.“ Es sei ein langer Weg, letztlich könnten nur drei Prozent der Künstler vom Verkauf ihrer Werke leben.
Aber wenn die Entscheidung bewusst gefallen sei, dann heiße es üben, üben, üben, sich von Vorbildern inspirieren lassen und dann diese Reise genießen.