Wir wollen wieder „was ihr wollt!“
Der Überraschungsknüller des Abends: die Brüder Noel und Jeremias Luther. Foto: IW
Konzert in Rottach-Egern
Zum dritten Mal trommelte der Förderverein Kunst & Kultur Rottach-Egern e. V. Künstler des Tegernseer Tals zusammen, um ihnen zuzurufen: (spielt) „was ihr wollt!“. Dahinter steckt natürlich keine Faulheit, ein Programm zusammenzustellen, sondern große Freude an Überraschungen. Und die waren sehr gelungen – denn im Tal verstecken sich außergewöhnliche Talente.
Seit der Neuausrichtung des Fördervereins Kunst & Kultur Rottach-Egern e. V. liegt der Fokus auf heimischen Künstlern. „Denn“, so Georg Höss, zweiter Vorsitzender, „Veranstaltungen mit Tourneekünstlern gibt es bereits viele im Tal.“ Die Idee, das hochkarätige Kunst- und Kulturschaffen der Ortsansässigen zu präsentieren und zu fördern, lag der Vereinsphilosophie näher und deshalb am Herzen. Und da lässt es sich aus dem Vollen schöpfen, wie der diesjährige „Was ihr wollt“-Abend vergangenen Freitag im gut besuchten Seeforum zeigte. Eine Vielfalt unterschiedlicher Genres stand auf dem Überraschungsprogramm. Der künstlerische Leiter Thomas Rebensburg ist glücklich mit dem Konzept: „Inzwischen hat es sich herumgesprochen und immer mehr kommen auf uns zu und sagen, dieser oder jener Künstler würde noch gut passen.“
Barbara Winkler und Georg Hoess moderieren sehr charmant den Abend. Foto: IW
Barbara Winkler, Theaterpädagogin am Gymnasium Tegernsee, und ihr Mann, der Musiker Georg Höss, führten mit augenzwinkernden Anekdoten und charmanten Pointen durch das abwechslungsreiche Programm. Sie ließen sich selbst immer wieder überraschen: „Dieses neugierige Unwissen hat mittlerweile Methode bei uns“, erklärte die Vereinsvorsitzende das Konzept. „Wir überlassen die Programmauswahl ganz unseren jungen Künstlern, denn die wissen ja selbst am besten, wie sie auf der Bühne eine gute Figur machen“.
Ballett auf dieser Reise ins Blaue
Die Atmosphäre war frisch und frei, spontan und zugleich professionell. Die jungen Talente überzeugten mit Qualität. Erstmalig war auch Ballett im Programm. Irene Gwisdalla und ihre Tänzerinnen Lisa Strohmeier, Desiree Bräuner, Lina Bauer und Annabelle Albrecht vom Ballett am See verzauberten das Publikum bei dieser „Fahrt ins Blaue“ mit anspruchsvollen blauen Tanzszenen. Lyrische Texte über das Wesen des Tanzes, dem Zauber „der Schwebewesen“, ihrem Sprung ins Licht, las Schauspielerin und Sprecherin Ilena Gwisdalla.
Lisa Strohmeier und Desiree Bräuner vom „Ballett am See“. Foto: IW
Beeindruckend war zudem die Hingabe des jungen Musikwissenschaftlers Benedikt Bachhuber, sich mit historischen musikalischen Themen auseinandersetzen. Seine zeitgenössische Interpretation eines mittelalterlichen Chorals am Klavier beisielsweise, die auf das Tegernseer Kloster zurückgehen, bildete einen weiteren überraschenden Mosaikstein in der Vielfalt des Programmes.
Die Liebe in allen Facetten
Nachdenklich, feminin und kraftvoll zugleich waren schließlich die Lieder von Ludivine Aubry zum Klavier. Die junge Holzkirchener Sängerin und Songwriterin studiert Psychologie. Daher mag es nicht verwundern, dass sie in ihren Chansons die menschlichen Gefühlswelten in allen Facetten analysiert, um festzustellen: „Ich glaub, man nennt es Liebe“.
Das mehrfach ausgezeichnete Setzberg Gitarrentrio begeisterte das Publikum. Foto: IW
Die Liebe zur Gitarre vereint Maxi Poensgen sowie Michi und Xaver Huber zum „Setzberg Gitarrentrio“. Deren Virtuosität, Können und gemeinsame Spielfreude beeindruckte nicht ohne Grund. Sie heimsten bereits zahlreiche Preise für ihre virtuosen Arrangements ein. „Solche jungen Talente gibt es im Tegernseer Tal?“, mag mancher anerkennend gedacht haben, der sie bisher noch nicht kannte.
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Gemeinsam mit Lukas Scheurer, Träger des Fred und Irmgard Rauch Musikpreises, bilden Michi und Xaver Huber indes das Ensemble „Zimmer 12 Unplugged“ aus Klarinette und zwei Gitarren. Die jungen Musiker sind im Tal miteinander aufgewachsen. So war es nicht weiter verwunderlich, dass Lukas Scheurer die Noten des Pianisten Alexander Winkler umblättern half, während dieser die Ballettdamen begleitete oder mit dem Violinisten Noel Luther spielte. Von der Stubenmusik über die Klassik bis zu den Beatles führte das musikalische Quer-Beet-Programm.
In die Herzen des Publikums gespielt
Als die 20 und 13-jährigen Brüder Noel und Jeremias Luther schließlich mit herausragender Intensität und Virtuosität eine Passacalia des Norwegers Johan Halvorsen spielten, klappte so Manchem in den Zuschauerreihen die Kinnlade buchstäblich herunter. Folglich ernteten sie rauschenden Beifall, nachdem das Publikum aufgehört hatte, vor Verblüffung die Luft anzuhalten. Von ihnen werden wir noch hören. Und von allen anderen der jungen Talenten ebenso. Am Ende des Überraschungskonzertes gab es traditionsgemäß ein gemeinsames Lied der etwa zwanzig Mitwirkenden – in die Herzen der Konzertgäste hatten sie sich bis dahin alle längst hineingetanzt, gespielt und gesungen.