Nebelreißn

Theater Ralph Wallner mit „Nebelreißn“ bei Markus Wasmeier

Michael Konle und Iris Koneczny. Foto: Theater Ralph Wallner

Theater in Schliersee

„Nebelreißn“ nennt Ralph Wallner sein ländliches Drama in fünf Jahreszeiten, das jetzt im Markus Wasmeier-Museum zu sehen ist. Dem Autor und Regisseur ist eine ergreifende Inszenierung gelungen, in der sechs Schauspieler und ein siebter Unsichtbarer, im Dunkeln bleibender zu sehen sind.

Dieser siebte eröffnet das Drama, die Bühne ist dunkel, man hört nur die Stimmen, die Stimmen der Dorfbewohner, die die Bäuerin vom Thalerhof anklagen. „Sie hat das 6. Gebot gebrochen“, „sie hat Mann, Hof und Kind vor 15 Jahren verlassen“, „weil sie gesündigt hat“, „sie hat das 5. Gebot gebrochen“, „in die Schlucht gestoßen hat sie ihn“.

Nebelreißn
Iris Koneczny. Foto: Theater Ralph Wallner

Und dann wird die Bühne hell, die eigentlichen Schauspieler beginnen ihr Spiel, das Spiel, das sich um die ehemalige Thalerbäuerin dreht, die seit 15 Jahren auf der Alm lebt, vom Ehemann verstoßen, von der Dorfbevölkerung verfemt. Iris Koneczny spielt diese vom Schicksal gebeutelte, dennoch standhafte Frau mit Haltung in großer Würde. Sie darf noch ein kurzes Glück erleben, bevor das Schicksal wieder gnadenlos zugreift.

Ralph Wallner hat ein Stück geschrieben, das an die Großen der alpenländischen Literatur anschließt. Man wird unmittelbar an Knittels „Via Mala“ erinnert in all der Düsternis, die sich auf dieser Almhütte abspielt. Der Raum im Stadel des Wasmeier-Museums ist geeignet wie kein zweiter als Kulisse für dieses Drama zu dienen.

Nebelreißn
Michael Hausperger und Michael Konle. Foto: Theater Ralpgh Wallner

Obzwar das Thema ein uraltes ist, nämlich Missgunst, Neid, Habgier, Verrat, hat Wallner das Stück modern inszeniert. Alle sechs Schauspieler sitzen die ganze Zeit auf der Bühne, zuweilen en face, zuweilen, mit dem Rücken zum Publikum. Er lässt jedes der fünf Bilder mit einem kurzen Gedicht zur jeweiligen Jahreszeit beginnen und er hat selbst arrangierte Musik eingespielt, die das Geschehen eindrucksvoll begleiten.

Gabi Hausperger ist die sogenannte Freundin, die aber Freundschaft nur vorgaukelt. Sie bringt ein Stück Humor in das ansonsten bedrückende Geschehen, denn sie ist die Ratschkathl des Dorfes, die das Vertrauen der Sennerin schamlos missbraucht hat. Ihre frechen Bemerkungen sind dramaturgisch geschickt eingebaut, so dass die gebannt lauschenden Zuhörer immer wieder einmal durch ein Lachen durchschnaufen können.

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Gabi Hausperger und Iris Koneczny. Foto: Theater Ralph Wallner

Auch „de Jung“ ist nicht frei von schuld. Lissi Drossbach spielt das junge Mädchen voller Naivität und gleichzeitiger Koketterie, das den Nachstellungen der Männer ausgesetzt ist und zuweilen auch nachgibt, denn auch sie schaut danach, nicht zu kurz zu kommen. Und so schlürft sie sogar die Reste aus den Schnapsgläsern.

Sohn Anderl ist wohl der einige, der eine reine Weste hat. Lorenz Sirtl spielt den von der Mutter enttäuschten Sohn authentisch und emotional. Ganz anders „da Oid“. Michael Hausperger verkörpert den mit allen Wassern gewaschenen Bauern, der nur auf den eigenen Vorteil aus ist, so, wie man diesem Typen tagtäglich begegnet.

Nebelreißn
Lissi Droßbach und Iris Koneczny. Foto: Theater Ralph Wallner

Ja und dann ist da noch der fesche Flori, der eben damals nicht in der Schlucht verendete. Michael Konle gibt dem zwielichtigen Gesellen die richtige Portion Charme, Hintertriebenheit und letztlich Verzweiflung. Diese Verzweiflung am Leben prägt das ganze Stück. Das dritte Bild vor der Pause endet mit einer Andeutung der Katastrophe, die sich ereignen wird. Ralph Wallner baut so sehr geschickt das Szenario auf, unterstrichen durch die düstere Musik.

Und doch, auch der Herbst mit seinem Nebel bringt neue Knospen, die im Frühjahr zu Hoffnung Anlass geben. Ein gelungenes Stück alter Prägung, modern und spannend inszeniert, sehr gut gespielt. Kein Wunder, dass der Freitag Abend ausverkauft und ein Zusatztermin erforderlich war.

Weitere Vorstellungen heute, am 29. und morgen am 30. Oktober, jeweils um 19 Uhr im Markus-wasmeier-Museum. Informationen finden Sie hier

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