Neustart Kultur im Landkreis Miesbach
Die Premiere von „Anatevka“ des FLTB musste viermal verschoben werden. Foto: FLTB
Jahresrückblick
Mit dem Titel dieses Förderprogramms Neustart Kultur lässt sich das Kultur-Jahr 2022 beschreiben. Nach der zweijährigen pandemiebedingten Pause und Ungerechtigkeiten zu Jahresbeginn startete der Kulturbetrieb im Landkreis, die erhofften Besucherströme indes flossen nicht überall.
„Bayern ist kein Kulturland“ titelte das Münchner Feuilleton zu Beginn des Jahres. Die Ungleichbehandlung von Kulturbetrieben im Verhältnis zur Wirtschaft, Gastronomie und anderen Bereichen des öffentlichen Lebens hat Christiane Wechselberger zu ihrem Kommentar veranlasst, den wir übernahmen. Im Landkreis Miesbach hatten sich die Chefinnen der Kulturhäuser sogar entschließen müssen, ganz zuzusperren. Die Verordnungen für Theater, Kino, usw., nur 25 Prozent der Plätze zu besetzen, ließen einen wirtschaftlichen Betrieb nicht zu.
„Von Renoir bis Jawlensky“ – Michael Beck, Kurator und Vorsitzender der Gulbransson Gesellschaft, pusht das Olaf Gulbransson Museum Tegernsee mit der neuen, hochkarätigen Sonderausstellung weiter in die Liga der großen Museen. Foto: Ines Wagner
Mit Ausstellungen ging dann langsam der Kulturbetrieb los. Im Waitzinger Keller Miesbach, in der Raiffeisenbank Gmund, im KULTUR im Oberbräu Holzkirchen, der Galerie im Autopavillon Steingraber, im Tannerhof Bayrischzell, beim Kunstkreis Hausham. Auch das Gulbransson-Museum öffnete wieder und konnte mit der großen Ausstellung „Von Renoir bis Jawlensky“ an den großen Erfolg der Chagall-Ausstellung im vorigen Jahr anknüpfen.
50 Jahre Palestrina Motettenchor, hier beim Weihnachtsoratorium 2020 in Bad Wiessee. Foto: MZ
Im März starteten auch wieder Veranstaltungen im ganzen Landkreis Miesbach. Die Uraufführung der Musik von Thomas Rebensburg zum Filmklassiker “Der Klosterjäger“ konnte endlich stattfinden, das Podium für junge Solisten im Barocksaal Tegernsee startete ebenso wieder mit Konzerten wie die musica sacra tegernsee, wobei Jubiläen des Palestrina Motettenchores und der Kantorei Tegernsee gefeiert wurden.
Sabine Meyer (Klarinette), Alban Gerhardt (Cello) und Kit Armstrong (Piano) beim Musikfest 2022. Foto: Helge Augstein
Open-Air-Konzerte rund um den See, Premieren des Tegernseer Volkstheaters und das Internationale Musikfest Tegernsee bereicherten das kulturelle Angebot im Süden des Landkreises. Theater aber gab es ebenso im Norden, das Sommertheater des Foolsensemble im Freien Landestheater Bayern, das Holzkirchner Komödchen, die Junge Bühne Miesbach und das Warngauer Theater warteten wieder mit Premieren auf.
Die viermal verschobene Premiere von „Anatevka“ des FLTB im Kulturzentrum Waitzinger Keller Miesbach steht symptomatisch für die Kulturszene in und nach der Pandemie.
Künstlerbegegnung im Festsaal des Waitzinger Kellers Miesbach zum Kick-Off der Offenen Ateliertage. Foto: Isabella Krobisch
Bis zum Sommer lief das Kulturleben wieder mehr oder weniger normal. Das Bildhauersymposium von Kunstdünger e.V., der 20 Jahre Bestehen feierte, konnte stattfinden. Auch KulturVision brachte sich mit eigenen Veranstaltungen ein, wir starteten mit der Präsentation von „Dokurona“ im März, hatten einen „Science Slam“ im April und konnten endlich im Mai an zwei Wochenenden die Offenen Ateliertage im Landkreis mit über 80 Beteiligten durchführen.
Ausstellung Festival für Menschenrechte im Atrium Holzkirchen. Foto: Petra Kurbjuhn
Auch das große Festival für Menschenrechte von KulturVision mit der Einweihung des Platzes für Menschenrechte in Holzkirchen, einer großen Ausstellung und Veranstaltungen wurde ein Erfolg, ebenso die Abschlussveranstaltung der Initiative „anders wachsen“ im Foolstheater „Zukunft braucht Mut“.
Bisheriger Organisator Klaus Gogolin, Juror Dietmar Kroepel mit den neuen Organisatoren der Bayrischzeller Kunstausstellung Burkhard Niesel und Marica Doll. (v.l.) Foto: MZ
Das Schlierseer Bauerntheater öffnete wieder, das neue Kammermusikfestival Miesbach fand zum zweiten Mal statt und die Bayrischzeller Kunstausstellung konnte wieder viele Besucher anlocken.
Die Himmelsleiter von Hubert Maier beim Schlierseer Kulturherbst. Foto: Petra Kurbjuhn
Im Herbst boomte das Kulturangebot im Landkreis. Tegernseer Woche mit Kunstausstellung, Bergfilmfestival, Schlierseer Kulturherbst, Heimat-Symposium, Kulturwoche Otterfing, „Hibatzld“ in Gut Kaltenbrunn, um nur einige der Großveranstaltungen zu nennen. Generell mussten die Veranstalter einen Besucherrückgang verzeichnen. Gründe gibt es mehrere: Immer noch Angst vor Ansteckung, Gewohnheit des heimischen Fernsehsessel ebenso wie finanzielle Engpässe aufgrund steigender Preise.
2. Literaturcafé mit Moderator Peter Becher und den Autoren Gerd Holzheimer und Martin Calsow. Foto: Selina Benda
KulturVision startete den 7. Zyklus „anders wachsen“ und richtete neben dem virtuellen Runden Tisch für die Kulturverantwortlichen der Kommunen einen Kulturstammtisch in der WeyHalla ein. Das neue Format des Literaturcafés kam gut an und ein Organisationsteam bereitet ein einwöchiges Jugendfestival im Juli 2023 im ganzen Landkreis vor.
Neuer Vorstand von KulturVision e.V.: Amelie Knaus, Schriftführerin, Rebecca Köhl, 2. Vorsitzende, Bernhard Hoffmann, Schatzmeister, Monika Ziegler, 1. Vorsitzende (v.l.). Foto: Petra Kurbjuhn
Endlich konnte auch wieder das Erscheinen der Zeitschrift KulturBegegnungen mit einem Fest der in der Zeitung vorgestellten Kulturschaffenden im Altwirtsaal Warngau gefeiert werden. Bei der Neuwahl des Vorstandes von KulturVision kam Amelie Knaus, die die scheidende Monika Heppt als Schriftführerin ersetzt, hinzu.
Ingrid Huber. Foto: Manfred Lehner
Auch Ingrid Huber schied als Geschäftsführerin des KULTUR im Oberbräu Holzkirchen aus, womit eine Ära zu Ende ging. Christine von Löwis und Veronika Leo leiten künftig die Geschicke des großen Kulturhauses. Amelie Knaus unterstützt Isabella Krobisch im Kulturzentrum Waitzinger Keller Miesbach.
Saeid Ahmadi mit seiner Skulptur „Gloria“, die er 2016 beim Internationalen Bildhauersymposium fertigte. Foto: TOBEL
Als am 24. Februar Putin seinen Angriffskrieg in der Ukraine begann, flüchtete der Bildhauer Saeid Ahmadi mit seiner Familie zu seinem Bildhauerkollegen TOBEL in Valley. Gemeinsam mit Kunstdünger startete KulturVision eine Hilfsaktion für die Familie. Aber auch Initiativen von einheimischen Kulturschaffenden konnten wieder mit der Weihnachtskulturspende unterstützt werden.
Und wie geht es mit der Kultur im kommenden Jahr weiter? Laut Umfragen wird der Besucherrückgang auch im Jahr 2023 anhalten, bis zu 40 Prozent werden prognostiziert. Ansätze, dem zu entgegen sind beispielsweise die Initiative „Pay what you can“ in Thüringen oder das Erlebnisticket in Berlin, bei dem erst nach dem Besuch bezahlt wird.
Neue Ideen für den Neustart Kultur
Neue Ideen für bezahlbare Kultur beim Neustart Kultur sind ebenso gefragt wie neue Formate, die das Publikum wieder in die Veranstaltungen locken.
Ein wichtiges Thema, was auch die Jugend ansprechen sollte, ist Nachhaltigkeit bei Kulturveranstaltungen. Da geht es nicht nur um die Vermeidung von Wegwerfgeschirr, sondern die Frage, wie ressourcenschonend generell Veranstaltungen und Museen organisiert werden können.
Jugendfestival und Kulturstammtisch
KulturVision will mit dem Jugendfestival einen Beitrag dazu leisten, der Jugend ein Podium zu geben, sie einzuladen ihr Talent zu zeigen. Der Kulturstammtisch soll mit Kulturschaffenden, Veranstaltern und Konsumenten neue Wege für ein reiches, gelingendes Kulturleben im Landkreis Miesbach entdecken, während der Runde Tisch nach wie vor Kulturverantwortliche der Kommunen vernetzt und neue Projekte entwickelt.