Everybody is Someone´s Angel. Foto: Robert Krause

Ausstellung in Bayrischzell

Nomi Baumgartl, eine der bedeutendsten Fotografinnen der Gegenwart, ist mit ihrer Ausstellung „Silent Dialogues“ zu Gast im Tannerhof in Bayrischzell. Großformatige Unikate auf vintage Fotopapier, die seit den späten 1990er Jahren nicht mehr gezeigt wurden, laden ein, innezuhalten und zu staunen.

Jedes der im Tannerhof ausgestellten Bilder wäre einen ganzen Artikel wert und ist dennoch nicht in Worte zu fassen. Zu erklären sowieso nicht. Schon gar nicht, weil es Nomi Baumgartl um das geht, „was es zwischen Himmel und Erde gibt, das man nicht erklären kann.“ In drei Leben hat sie Menschen in Bildern daran teilnehmen lassen.

Tatajana Patitz und Nomi Baumgartl. Foto: Robert Krause

Im ersten Leben gab sie Einblicke in die Welt der Mode, fotografierte im Auftrag von internationalen Designern Models, die zu Ikonen wurden, reiste viel, lebte unter anderem in New York. Im Tannerhof zeigt Nomi Baumgartl einige Bilder aus dieser Zeit, unter anderen ein Porträt aus dem Jahre 1991 von Tatjana Patitz, mit der sie eine innige Verbundenheit zur Natur verband. In einer späteren Zusammenarbeit mit dem Fotomodell entstanden Schwarz-Weiß-Aufnahmen, die Tatjana Patitz mit Delphinen schwimmend zeigten, mit deren Erlös Nomi Baumgartl die Delphintherapie für behinderte Kinder unterstützte.

Nomi Baumgartl erzählt Geschichten zu Bildern. Foto: Robert Krause

Das Dolphin Aid Projekt fand allerdings schon im zweiten Leben von Nomi Baumgartl statt, in dem die Natur eine tragende Rolle spielte. Nach einem Unfall im Jahr 1996, dem eine sehr lange Phase der Rehabilitation folgte, kämpfte Nomi Baumgartl mit Gleichgewichts- und Sehstörungen. Ein Meilenstein ihrer Heilung fand während einer Begegnung mit einem Delphin im offenen Pazifik statt. Dieser magische Moment führte, wie so oft im Leben von Nomi Baumgartl, zu tiefer Dankbarkeit und dem Bedürfnis, etwas daraus zu machen, etwas zurückzugeben, die Welt etwas schöner zu verlassen, als sie sie vorgefunden hat.

Flügel auf Flügel. Foto: Robert Krause

Genau wie damals nach dem Spaziergang im Schnee. Winter 2003. Nomi Baumgartl stapft, diesmal ohne Kamera, durch kniehohen Schnee den Berg hinauf. Vor einer Waldlichtung wird sie Zeugin eines Kampfes zwischen einem Raubvogel und einer Saatkrähe. Genau vor ihren Füßen landet ein Flügel der Saatkrähe. „Ein abgestürzter Engel“ ist ihr erster Gedanke, der sie dazu bringt, den langen Weg hinunterzugehen, ihre Kamera zu holen und in einem kurzen Moment von magischem Lichteinfall einige Fotos zu machen.

„Alles begann mit einer Himmelsbotschaft“

Aus dem unmittelbaren Erleben des Moments entstanden beflügelnde Lichtobjekte in Zusammenarbeit mit dem Lichtdesigner Ingo Maurer. Eines davon wird in den Räumen des Tannerhofes seinen Platz finden, während die zauberhaft beleuchteten Adlerflügel während der Vernissage auf dem Klavierflügel ruhen. Gefördert wird mit dem Verkauf der einzigartigen, beleuchteten Objektboxen die 2023 gegründete „Eagle Wings – Protecting the Alps“ Foundation, welche das bereits 2016 bestehende gleichnamige Projekt unterstützt. Gemeinsam mit Helmut Achatz treibt Nomi Baumgartl den Schutz des Lebensraumes Alpen voran. .

Ihr zweites Leben spiegelt ihr Bewusstsein, die Menschheit als Teil der Natur zu begreifen und Zeugin davon zu sein, wie weit sich der Mensch sich vom natürlichen Kreislauf entfernt hat. Neben der Schönheit der Natur, die Nomi Baumgartl mit ihren Bildern nahebringt, schwingt auch deren Zerstörung mit, die Bedrohung des Lebensraumes unserer und vieler anderer Arten. Die Alpen liegen ihr besonders am Herzen, lebt sie doch mittlerweile zu ihren Füßen in Murnau am Staffelsee. „Wir müssen den Blick des Adlers annehmen, um für die nächsten Generationen die richtigen Entscheidungen zu treffen“, teilt Nomi das Credo ihres Projektes auch mit den Gästen des Tannerhofes.

Nomi Baumgartl. Foto: Christian Pfanzelt

Während sie Geschichten zu den Fotos aus ihren ersten beiden Leben erzählt, erfüllt ihre Präsenz die Räume der Galerie. Sie spricht mit sehr viel Klarheit, lacht aus gütigen Augen, drückt Hände fest, lässt sich mit Haut und Haar auf Gespräche ein. Die Besucher erfahren die Hintergründe des Fotos, auf dem Franz Schuberts Originalbrille zu sehen ist, tauchen in das Erleben des japanischen Designers Yohji Yamamoto während einer Modeschau ein und finden Eros nicht nur im gleichnamigen Bild, sondern genauso in der Abbildung eines Baumauges.

Katzen haben sieben Leben, Nomi zumindest drei

In ihrem dritten Leben gräbt Nomi Baumgartl Dinge aus, ordnet ihren Nachlass, lässt nach wie vor teilhaben an ihrer einzigartigen Wahrnehmung einer wundervollen Welt. Ihre Liebe für diese Erde ist in jedem ihrer Bilder spürbar. Gibt es noch etwas, das sie erreichen möchte in diesem Leben? Die Antwort ist ein klares Ja: Ihr Projekt „Eagle Wings“, mit dem sie dem Lebensraum Alpen den Schutz geben möchte, den er verdient, möchte sie noch einmal beflügeln, ihr Herzensprojekt richtig abheben sehen.

Zum Weiterlesen: Perfektes Setting