Oper viral

Die Zukunft der Oper digital?

Zoom-Konferenz: Muss Oper viral gehen?. Foto: LMU Management Alumni

Online-Dialog

Im Alumni-Dialog des Netzwerkes LMU Management Alumni der LMU München ging es darum, welche Bedeutung digitales Marketing für Kultureinrichtungen wie die Bayerische Staatsoper hat. Ist Oper Luxusgut für Senioren? Erreicht man mit Oper viral breitere Bevölkerungsschichten? Und wie steht es mit staatlichen Förderung auch kleinerer Häuser?

Das Alumni-Netzwerk vereint Studierende, Ehemalige, Förderer und interessierte Unternehmen an der LMU Munich School of Management und hat das Ziel von Wissenschafts-Praxis Transfer, erläuterte Bettina Wachtel vom LMU Management Alumni, das mit dem Institut für Marktorientierte Unternehmensführung (IMM) zur Zoomkonferenz eingeladen hatte.

„Wozu brauchen wir Kunst?“ zitierte Prof. Dr. Manfred Schwaiger, Ordinarius und Vorstand des IMM, eingangs eine schwäbische Frage, eher doch Kartoffeln. In München stelle sich diese Frage angesichts hoher Auslastungszahlen in den Häusern eher nicht. Dennoch, er als Betriebswirt sehe Kunst aus der Sicht des Nützlichen.

Oper viral notwendig

Auch Dr. Matthias Schloderer ist Betriebswirt und als solcher an der Bayerischen Staatsoper zuständig für Strategie und Marketing. Seine Aussage ist klar: „Wir können nur existieren, wenn wir auch digital erfahrbar sind. Zwar habe man mit 478 Vorstellungen und einer halben Million Zuschauer im Jahr sowie einer Auslastung von 97 Prozent sehr gute Zahlen, die Aufgabe aber sei, alle Bevölkerungsgruppen zu erreichen und die Vorurteile abzubauen, Oper sei nur etwas für Alte und Freaks.

Dazu gab es ein Projekt, bei dem Stühle in der Landeshauptstadt aufgestellt wurden, auf denen Interessierte per virtueller Brille voll im Geschehen der Oper dabei waren, am Ende sogar auf der Bühne standen. „Nochmal“ ruft ein Besucher begeistert.

Strahlkraft-Produkt

Man habe mit der Oper ein Strahlkraft-Produkt, sagte Matthias Schloderer, müsse aber sichtbarer werden und neben der Pflege des treuen auch ein neues Publikum generieren. Dazu bedürfe es der digitalen Spielwiesen sowohl als Digitaltheater, der digitalen Vermittlung und digitalen Organisation.

Oper viral
Opernkrimi „Lady Macbeth von Mzensk“ mit Udo Wachtveitel. Foto: LMU Management Alumni

Da in den Schulen immer weniger Kunst und Kultur vermittelt würden, müsse man jungen Erwachsenen die Schwellenangst nehmen. Dazu habe die Staatsoper mehrere Projekte initiiert, beispielsweise gewann man Tatort-Kommissar Udo Wachtveitel für den Opernkrimi „Lady Macbeth von Mzensk“. Eine weitere Möglichkeit biete der Blick hinter die Kulissen, so in dem Film „Making of Parsifal“, wo Interessierte die Produktion des Bühnenbildes aus den Skizzen von Georg Baselitz erleben können.

Neue Zielgruppen könne man gezielt über das Projekt U30 mit Eintrittskarten von 10 Euro abholen, der Erfolg mit 62 Prozent Erstbesuchern, von denen drei Viertel künftig auch den vollen Preis zahlen möchten, liege auf der Hand.

Oper viral
Das Projekt U30. Foto: LMU Management Alumni

Mit der Pandemie habe sich die Situation in der Kulturbranche verschärft, „denn keine Branche ist so stark betroffen“, sagte Matthias Schloderer. Man müsse präsent bleiben und habe dafür eine Reihe digitaler Angebote Oper viral On demand geschaffen, wie das Montagsstück.

Oper ist nicht nur Unterhaltung

„Wir müssen transportieren, was die Oper kann“, betonte der Betriebswirt in der lebhaften Diskussion. Oper könne unterhalten, aber eben nicht nur, sie rege auch zum Nachdenken an. Prinzipiell liege im virtuellen Raum die Zukunft, das Live-Erlebnis aber könne er nicht ersetzen. Und sobald man wieder öffnen dürfe, werde man mit voller Kraft durchstarten.

Lesetipp: Verschoben? Abgesagt? Kultur geht online

In den nächsten 24 Monaten gehe es um die Legitimation der Kultur, wenn in den öffentlichen Kassen entschieden werde, ob eine Kinderkrippe oder die Oper unterstützt wird, sagte Matthias Schloderer. Schon jetzt werde der Kulturetat gekürzt. Dabei, so betonte er, müssen dringend kleine Kulturinitiativen unterstützt werden, die es schwieriger hätten zu überleben als die staatlich finanzierten Häuser.

Bedenklich, so schätzt er ein, sei der Trend, dass Jugendliche bei ihrem Berufswunsch von der Kultur zur Wirtschaft umschwenken. „Da wird eine ganze Generation fehlen“, sagt er.

Liveerlebnis nicht ersetzbar

Generell hoffe er, dass bei einem Teilstart in der Kultur der Hunger des Publikums größer sein wird als die Angst vor Ansteckung. „Es gab bei uns keine Ansteckungen“, betonte er. Der Probenbetrieb laufe unter strengen Hygieneregeln und er vertraue in das nicht ersetzbare Liveerlebnis.

Zudem sei der Streaming-Markt derzeit nicht lukrativ. Kostenloses Streaming habe mancherorts einen schlechten Ruf, on demand könne man kaufen, aber die Preise seien gering. „Wir haben ein Einnahmeziel und müssen 30 bis 35 Millionen selber erwirtschaften.“

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