Vom Schmalzer Hans und anderen Originalen
Klaus Wittmann liest im Altwirtsaal. Foto: Monika Heppt
Zum 55.Todestag des bayerischen Schriftstellers Oskar Maria Graf widmet sich der Tölzer Schauspieler und begnadete Sprecher Klaus Wittmann altbayerischen Originalen.
Zugleich gibt er der altbairischen, bäuerlichen Sprache ein elementares Gewicht und stellt das gar nicht so romantische Leben in der Dorfgemeinschaft am Starnberger See Anfang des 20. Jahrhunderts mit den Augen des Autors in den Mittelpunkt.
Musikalische Lesung in Warngau
Die echte, unverfälschte Volksmusik der Gröbenbach-Musi mit ihren einfühlsamen Melodien aus der Feder von Heinz Neumeier umrahmte die ausgewählten Texte vortrefflich. Die Kompositionen des Dachauer Gitarristen tragen bayerische Titel wie Flori-Walzer, Krautschaffe, Hirschenlandler, S`letzte Glaserl oder Griabig beinand und bestechen durch einprägsamen Rhythmus und perfektes Zusammenspiel. Begleitet wurde Neumeier von Roman Messerer an der Zither, Hubert Blaser an der Gitarre und Karl Schabmair am Kontrabass.
Die Gröbenbach-Musi. v.l. Heinz Neumeier, Roman Messerer, Herbert Blaser, Karl Schabmair. Foto: Monika Heppt
Vom Schmalzer Hans und der Handelschaft um den Hochwald
Der Schmalzer Hans war ein besonderes Original. Ein Trinker, ein Säufer sogar, der sich jeden Tag gut und gern seine zehn bis zwölf Glaserl Kornschnaps zu Gemüte führt. Die trinkt er beim „Bäck“, in der Bäckerei der Familie Graf in Berg und „kümmert sich um nichts und niemanden“.
Eigentlich wartet die ganze Dorfgemeinschaft auf sein Ableben. Aber so einfach macht der Hans es nicht. Nach Krankenhausaufenthalt und Entzug trinkt er zwei(!) Jahre nur „Milli“. „Grad mit Fleiß verreckt er net.“ Ja und dann ist da noch die legendäre Geschichte, als er eine Nacht im Bett seiner Majestät, König Ludwig II., zugebracht hat.
Klaus Wittmann spricht und spielt den Schmalzer hingebungsvoll, intoniert mit sonorer, tiefer Stimme laut oder leise, langsam oder schnell. Mit weit ausholender Gestik, mit Klopfen und Poltern, unterstreicht er zum großen Vergnügen der Zuhörerschaft im Altwirtsaal den Text aus den Kalendergeschichten.
Klaus Wittmann liest mit ausholender Gestik im Altwirtsaal. Foto: Monika Heppt
In der „Handelschaft“ geht es um den Verkauf eines Hochwalds, der sich mitten im Waldgrundstück eines Grafen befindet. Der spitzbübische, schlaue Bauer, der es mit dem aus Norddeutschland stammenden, verbissenen Grafen aufnimmt, gerät Oskar Maria Graf zu einer grandiosen Fallstudie, die Wittmann gekonnt in Szene setzt.
Echt bairisch spricht, zieht und dehnt er „mit Verlaaab“, bis man schier die Havanna riecht und fühlt, die sich der Bauer vom Grafen schenken lässt. Hochdeutsch, norddeutsch klingt das „über kurz oder lang werden wir uns schon einigen“ des Grafen, als der noch eine Schachtel Zigarren aus der Schublade holt. Mühelos schlüpft Wittmann in die Rollen, gibt ihnen Gestalt und Gehalt.
Familiengeschichten
Nach der Pause spielt die Gröbenbach-Musi „Dahi geht`s“ und schon geht`s weiter im Programm. Nun kommt die Grafsche Familie zu Wort. Im „Malzzucker“ erzählt Oskar Maria Graf in dem ihn auszeichnenden, besonderen Sprachduktus, den Klaus Wittmann wort- und stimmgewaltig fein umsetzt, von seiner Großmutter.
Fast 80-jährig „musste sie sich ins Bett legen, wollte das aber nicht“ und so setzte sie die Familie in einen Sessel, bequem ausgepolstert und mit den für sie wichtigen Utensilien ausgestattet. Da konnte sie in Ruhe ihren Malzzucker lutschen, von dem sie aber „absolut kein Stückchen“ abgeben wollte.
Unnachahmlich beschreibt Graf den Drang, den Wunsch und das immer stärker werdende Verlangen der am Fußboden spielenden Grafkinder. Ob und wie es gestillt werden konnte, sollte man unbedingt noch einmal nachlesen.
Klaus Wittmann liest humorvolle Geschichten im Altwirtsaal. Foto: Monika Heppt
Ebenso lohnenswert ist die Lektüre „Das sinnvollste Beispiel“, in dem der Autor in einem tief berührenden, ergreifenden Text von seiner geliebten Mutter berichtet. „Das Bild meiner seligen Mutter steht mir immer vor Augen.“
Eindrücklich schildert Oskar Maria Graf das karge, harte Leben zunächst auf dem elterlichen Bauernhof, dann als Bäckersfrau und Mutter, ihre tiefe Frömmigkeit und Lebensweisheit, die sie alle Entbehrungen und Schicksalsschläge tapfer ertragen ließen.
Erinnerungen und Vorstellungen der Heimat verblassten in der neuen Heimat New York City, in der der Schriftsteller bis zu seinem Tod am 28. Juni 1967 lebte, aber das Bild seiner Mutter begleitete ihn zeitlebens.
Heitere Geschichten
Neben den nachdenklichen Texten wählte Klaus Wittmann auch heitere Geschichten aus. Der Diskurs der Feuerwehrleute, ob und wo und in welcher Entfernung es wohl brennen würde und ob sie auch zuständig seien, rief bei den Zuhörenden nicht nur ein Schmunzeln hervor, sondern ein befreiendes Lachen. Sollte die Feuerwehr die Fuchsen und Rappen anspannen und zum Brandort fahren? Pfeigrad! Wirklich, es brennt!
Lesetipp: „Der Heilige Hies“ im Thomahaus
Heinz Neumeier, Klaus Wittmann, Roman Messerer, Hubert Blaser, Karl Schabmair. (v.l.) Foto: Monika Heppt