Paul Klee: von München bis Kochel
Paul Klee: Nach der Zeichnung (Versunkenheit), 1919, Ausschnitt. Foto: © Zentrum Paul Klee, Bern, Bildarchiv
Doppelausstellung in München und Kochel
Paul Klees Werke lassen teilhaben an der unlösbaren Aufgabe, die er sich selbst stellte: der »Konstruktion des Geheimnisses«. So lautet auch der Titel der Ausstellung, die noch bis zum 17. Juni in der Pinakothek der Moderne in München zu sehen ist. Parallel sind Werke Paul Klees auch in Kochel ausgestellt – in einer einmaligen Doppelausstellung.
Eine feinsinnige musikalische Dynamik, humorvolle und fantastische Szenerien, imaginäre Landschaften und gewagte Architekturen zeichnen das Werk Klees aus. Die beiden parallel laufenden Ausstellungen in der Pinakothek der Moderne in München und im Franz Marc Museum in Kochel greifen wie Zahnräder ineinander und konstruieren ein umfassendes Bild seines Schaffens. Manchen galt er als „versponnener Märchenonkel“. Max Bill, einst Bauhausschüler, später geometrisch-konkreter Maler, gefeierter Architekt und Designer, bemerkte sogar: „Leider hatte Klee keinen Papierkorb.“ Der Künstler selbst hat das Mögliche dazu beigetragen, sein Werk und die Sicht darauf zu verrätseln, beispielsweise mit Aussagen wie: „Diesseitig bin ich gar nicht fassbar“. Die beiden Ausstellungen wirken dem versponnenen Image entgegen und huldigen einem faszinierenden, ernstem Künstler, der von sich sagte: „Meine Glut ist mehr von der Art der Toten oder der Ungeborenen.“
„Denkender Künstler“ lotet die Grenzen des Rationalen aus
Erstmals widmen die Bayerischen Staatsgemäldesammlungen dem Werk Paul Klees mit der „Konstruktion des Geheimnisses“ eine große Sonderausstellung mit rund 150 Werken. Im Mittelpunkt stehen Klees produktive Bauhaus-Zeit sowie die Konflikte der Moderne in den 1920er-Jahren. Die Ausstellung zeigt Klee als „denkenden Künstler“, der in seinen Bildern systematisch die Grenzen des Rationalen auslotet und hin zum Geheimnisvollen und Rätselhaften überschreitet.
Aus bedeutenden öffentlichen und privaten Klee-Sammlungen in Europa, den Vereinigten Staaten und Japan wurden 130 Leihgaben für diese Ausstellung zusammengetragen. Dazu zählen selten oder bereits seit Jahrzehnten nicht mehr in Deutschland gezeigte Werke Klees. Der umfangreiche Münchner Bestand ist der Ausgangspunkt von „Konstruktion des Geheimnisses“. Dazu gehören Meisterwerke wie „Der Vollmond“ (1919), „Wachstum der Nachtpflanzen“ (1922), „Abenteurer-Schiff“ (1927) und „Das Licht und Etliches“ (1931).
Paul Klee Ausstellung in 3 Museen und Galerien
Parallel zur Pinakothek der Moderne zeigt das Franz Marc Museum in Kochel etwa 50 Werke Paul Klees zum Thema Landschaft. Gemeinsam mit einer Ausstellung der Galerie Thomas in München, die bis Mitte Mai etwa 40 Leihgaben zum Thema Musik und Theater präsentierte, bildeten die drei Ausstellungen ein umfassendes Gesamtbild des Schaffens des bemerkenswerten Künstlers ab. Immerhin etwa 10.000 Werke schuf Klee vom Beginn seiner Ausbildung in München bis zu seinem Tod in der Schweiz Anfang 1940. Wer das Glück hatte, alle drei Ausstellungen zu besuchen, konnte feststellen, wie sich die drei Schwerpunkte hochinteressant überschneiden und Resonanzen erzeugen.
Paul Klee: Auserwählter Knabe, 1919. Foto: ©Laura Shea
In der konstruktivistischen Ausstellung in der Pinakothek sind beispielsweise Querverweise zur Musik, deren Ausstellungsschwerpunkt in der Galerie Thomas lag. Die Musik begleitete Klee von Anfang an. Der Sohn einer Sängerin und eines Musiklehrers war selbst ein begabter Geiger, der lebenslang jeden Tag zu seinem Instrument griff. In München spielte er als Kammermusiker bei Hauskonzerten. Dort lernte er seine Frau Lili Stumpf kennen, von der er schwärmte: »eine prachtvolle Partnerin, wir spielen Bach, dass es nur so kracht«.
Paul Klee, die Musik und die Malerei
Als Musiker indes war Klee nicht so erfolgreich. Seine Frau ernährte mit ihrem Musikunterricht streckenweise die kleine Familie. Schließlich hatte Klee sich für die Malerei entschieden, weil er hier – im Gegensatz zur Musik – die Chance auf neu zu gestaltendes künstlerisches Terrain sah.
Die Klee-Sonderausstellung des Franz Marc Museums in Kochel zeigt sein ungewöhnliches Verständnis von Landschaft: nämlich eine imaginäre, konstruierte Landschaft. »Kunst gibt nicht das Sichtbare wieder, sondern macht sichtbar«, so lautet der erste Satz von Klees Essay »Schöpferische Konfession« aus dem Jahr 1920.
Paul Klee Ausstellung : Gebirge im Winter (1925). Foto: © Kunstmuseum Bern
Auch bei seiner Lehrtätigkeit am Bauhaus griff Klee immer wieder auf Motive wie Berge, Gestirne, Leitern und Architekturen oder Konzepte wie den Aufstieg und das Schweben zurück. Ausgehend von Klees Selbstbildnissen verfolgt die Ausstellung in München diese Leitmotive und Grundideen durch das gesamte Œuvre hinweg. Die Variationen und Entwicklungen Klees zeigen auf bemerkenswerte Weise die formale Konsequenz und Kontinuität seines künstlerischen Schaffens auf.
Konstruktion und Landschaft
Die Ausstellung in der Pinakothek der Moderne ist insbesondere gekennzeichnet durch ihre Differenzierungsversuche und den Materialreichtum. Die Ausstellung in Kochel zeigt eine hochinteressante Landschaftstypologie Paul Klees. „Blick auf einen Fluß“ (1912) und „Die Erinnerung an Romanshorn“ (1913) bieten Einblicke in die eigenwillige Schaffensweise des Künstlers. Auch die „Burglandschaft m.d. schwarzen Blitz“ (1920) bis hin zum „Orientfest“ (1927) ziehen die Besucher in Bann.