Können, Konzentration, Körperbeherrschung: „All the Days I owe You“
Performance von Tanja Kodlin. Foto: Thomas Splett
Performance in Holzkirchen
Eine Performance von Tanja Kodlin beendete die Ausstellung der Valleyer Künstlerin Mirtha Monge „Atmen im Labyrinth des Minotaurus“ in der Galerie im Autopavillon Steingraber.
Fast schwebend, schwerelos, roboterhaft und doch geschmeidig bewegt sich die in einen durchsichtigen weißen Zweiteiler Gekleidete. Die Örtlichkeit, den Autopavillon Steingraber, Holzkirchen, bezieht sie geschickt ein in die Darstellung: sie entsteigt einem roten Gefährt, drapiert ihren eleganten Mantel über die geöffnete Tür und gleitet Raum greifend hinein in eine imaginative Zweikampfsituation ohne sichtbares Gegenüber. Angedeutet wird der unterschiedliche Umgang mit sozialen und physischen Distanzen, verhandelt wird der weibliche Körper zwischen Erstarrung und Selbstbehauptung. Das Ganze findet in Zeitlupe statt: eine Mischung zwischen Tanz und Gehen, vorwärts und rückwärts, immer wieder imaginäre Zirkel.
Lesetipp: ATMEN: Im Labyrinth des Minotaurus
Mit ihrer Performance gelang der aus Valley stammenden Künstlerin Tanja Kodlin ein stimmungsvoller Abschluss der Ausstellung von Mirtha Monge. Der Titel dieser Ausstellung: „ATMEN: im Labyrinth des Minotaurus“, der Titel der Performance „All the Days I owe You“. Und die Zuschauer spürten alle: irgendwie hatten die Arbeiten beider Künstlerinnen Bezug zu gegenwärtigen Befindlichkeiten von Rückzug, Eingeschlossen sein, von fragiler Balance im Mit- und Ohne-Einander, von Ruhe und Aufruhr und Ein- und Ausatmen. Auch für Tanja Kodlin spielt der Atem in ihrer Arbeit eine große Rolle: „Rein physisch, als stabilisierender Faktor des Gleichgewichtes, aber auch als Rhythmus Vorgabe in meinen Bewegungen.“
Performance im Autohaus. Foto: Thomas Splett
Die Verlangsamung der Performance übertrug sich dann auch 1:1 auf die Zuschauer, die gespannt und gebannt, ja teilweise wie in Trance, den einzelnen Bewegungen folgten. Bis dann sehr unerwartet der Titel gebende Song „Days“ von David Bowie erklang: Zuerst benutzte Tanja Kodlin mit kräftiger Stimme den Song für ihre Interpretation, die sie gemeinsam mit der Musikerin Elisa Kühnl erarbeitet hatte, dann übernahm das Autoradio und Bowies Stimme – ein Gänsehauteffekt. Dazu die Künstlerin: „Ich arbeite generell gerne mit Zitaten oder poetischen Sätzen, meist aus Songtexten entnommen. Ich mag ihren assoziativen Freiraum, gleichzeitig achte ich auch auf die Stimmung und Inhalt, welche der Song vermittelt, als Referenz und weitere Ebene zu meiner Arbeit.“
Choreografie von Tanja Kodlin. Foto: Thomas Splett
Das Konzept und die Choreografie von „All the Days I owe You“ erarbeitete Tanja Kodlin. Die Kleidungsstücke, die sie während der Performance trägt, stammen aus der Kollektion yokoxnora der bildenden Künstlerin Nora Hansen und sind in Zusammenarbeit an die Performance angepasst worden. Tanja Kodlins Performances sind meist in und um Köln zu erleben, also dort, wo die Künstlerin mit ihrer Familie lebt. „All the Days I owe You“ war erstmals im April 2021 in einer dem Publikum verschlossenen gläsernen Ausstellungsvitrine eines Möbelhauses in der Kölner Innenstadt zu sehen: über einen Zeitraum von 12 Stunden, aufgeteilt auf 12 Tage, wobei das Ganze täglich um eine Stunde verschoben wurde um dann als zwölfstündige Kampfszene wahrgenommen zu werden. Für die Vorstellung in Holzkirchen entstand eine konzentrierte Version für den Innenraum.
Für den Innenraum in Holzkirchen konzipiert. Foto: Thomas Splett
Weitere Performances von Tanja Kodlin finden im März, April und Mai 2022 in Köln und Genf statt.