
Pflanzen als Hoffnungsträger
Nele von Mengershausen in der Ausstellung. Foto: MZ
„Pflanzenfreundschaften – work in progress“ nennt die Bayrischzeller Künstlerin Nele von Mengershausen ihre Ausstellung in Schliersee. Sie besticht durch die künstlerische Qualität ebenso wie durch die botanische Akribie.
In der ersten Sommerausstellung in der Galerie Atelier am See von Cornelia Heinzel-Lichtwark waren es die Tiere, die als Begleiter und als Symbole menschlichen Wesens die Besucher erheiterten und erfreuten.
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Jetzt in der zweiten Präsentation sind es die Pflanzen, die den Menschen nicht nur durch ihre Schönheit erfreuen, sondern vielmehr erst das Leben der Menschen auf unserer Erde ermöglichen. Nele von Mengershausen hat sich in ihrem künstlerischen Werk in den letzten Jahren vermehrt Pflanzen gewidmet und sie dadurch der Wertschätzung durch die Betrachter ihrer Kunst zugeführt.
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Schon seit 25 Jahren sei eine Königin der Nacht ihre Hausgenossin erzählt die Künstlerin. Die in den Tropen beheimatete Pflanze entwickelt hinreißend schöne handtellergroße und unglaublich duftende Blüten, allerdings, wie der Name sagt, nur für eine Nacht.
Deshalb habe sie Fotos gefertigt und davon zunächst realistische Bilder gemalt, die dann zunehmend abstrakt werden. So kann der Betrachter in der Serie von fünf Arbeiten diesen Weg nachvollziehen, der typisch für die Künstlerin ist. Sie beginnt mit klassischen Naturstudien und geht dann hin zur Abstraktion.
Die Königin der Nacht. Foto: MZ
Auffallend ist, wie es ihr gelingt, den Spannungsbogen von Schwarz über Grau nach Weiß in diesen Arbeiten darzustellen. Das Innere der Blüte erstrahlt in gleißendem Weiß, die gesamte Kraft der Blüte ist auf eine sehr kurze Zeit fokussiert. Dieser Kontrast, diese Kraft ist in allen Bildern zu spüren, auch wenn sich die Form langsam auflöst.
Neben der Königin der Nacht gedeiht im Wintergarten von Nele von Mengershausen auch der Mexikanische Goldkelch, der in der aztekischen Kultur aufgrund seiner halluzinogenen Eigenschaften genutzt werde. Sie allerdings habe die Blüten nur mit Abstand genossen, berichtet sie lächelnd.
Blick in die Ausstellung. Foto: MZ
Um aber die Komplexität der Blüten zu verstehen, habe sie sich in deren Struktur vertiefen müssen und sei wie berauscht gewesen. Dabei entstanden wiederum realistische Darstellungen und fantastische Bilder. In einem wachsen aus dem Grund der Blüte die Staubgefäße heraus wie überdimensionale Pilze.
Diese Bilder bestechen durch ihre Farbigkeit, die die Künstlerin voll ausschöpft, ebenso wie bei ihren Bildern der Iris, die in ihrem Garten gedeiht. Wirkt die Königin der Nacht durch ihre fünfzählige Symmetrie der Blüte, hat die Iris eine dreizählige.
An ihr zeigt Nele von Mengershausen sowohl Form- als auch Farbstudien. Die starke Spannung zwischen zitronengelb und violett weiß sie künstlerisch so einzusetzen, dass der Betrachter fasziniert ist.
Form- und Farbstudien der Iris. Foto: MZ
Für genauere Naturstudien hat die Künstlerin auch Blüten auseinandergenommen, getrocknet und dann dargestellt. Da sind in ihren Bildern nebeneinander Außen- und Innenblätter, Stempel und Staubgefäße angeordnet. Diese Arbeiten zeigen intensiv das Zusammenspiel der botanischen und malerischen Fähigkeiten der Künstlerin. Dabei sei ihr die Naturforscherin Maria Sibylla Merian großes Vorbild, erzählt sie, vor ihrer unglaublichen Disziplin müsse sie sich verbeugen.
Mehrfachdrucke von Blattformen. Foto: MZ
Neben der Malerei hat Nele von Mengershausen in den vergangenen Monaten Blätter und Blüten gepresst und von den Umrissen Schablonen der Formen gefertigt. In Mehrfachdrucken zeigt sie diese Arbeiten, an denen der Betrachter ganz individuelle Assoziationen anknüpfen kann.
Da sehe ich bewegte Formen, Figuren, Gnome, tierähnliche Fantasiefiguren, die die Bilder beleben. Sie tanzen, sie vermitteln Heiterkeit und Zuversicht. „Das ist in der Coronazeit so gekommen“, sagt die Künstlerin.
Tanzende Pflanzen als Hoffnungsträger. Foto: MZ
Welch eine schöne Aussage. Pflanzen als Hoffnungsträger, künstlerisch hochwertig erfasst in unterschiedlichen Techniken, wertgeschätzt sowohl als Sauerstoffspender als auch als Freunde, die das Leben bereichern.