Philipp Poisel am Tannerhof

Die Liebe, die Liebe und nochmals die Liebe

Klein aber fein. Der Konzertsaal am Tannerhof in Bayrischzell. Foto: N.N.

Konzert in Bayrischzell

Einer der momentan wohl angesagtesten Singer-Songwriter der deutschsprachigen Musik, Philipp Poisel, hat am stillen, versteckten Tannerhof ein großes Konzert in kleinem Rahmen gegeben. Hautnah und natürlich restlos ausverkauft.

Wie das? Normalerweise singt Philipp Poisel inzwischen in großen Konzerthallen vor einem Publikum von etwa 10.000 Leuten. Spätestens seit er 2011 eine Ballade zu Matthias Schweighöfers Film „What a Man“ beisteuerte und 2012 gleich drei Top-Ten-Hits in einem Jahr landete. Und doch ist er zugleich immer noch ein Stück weit der verträumte Junge geblieben, der mit seiner Gitarre quer durch Europa tingelte.

Es ist beinahe ein Märchen. Man möchte meinen, der Erfolg kam über ihn wie der Himmel über Bayrischzell. Der war sternenklar und eisig am Samstag Abend. Drinnen der Saal des Tannerhofs aber war voller Wärme. Und die Liebe war allgegenwärtig. Angefangen mit den begeisterten, warmen Worten der Hausherren Burgi von Mengershausen und Roger Brandes, die den jungen Ausnahmesänger, seine Musiker und Tex Drieschner vom TV Noir ankündigten: „Sie sind hier, weil wir sie lieben.“ Dass diese Liebe offensichtlich auf Gegenseitigkeit beruht, schien die einzige plausible Erklärung, warum wir diesen ungewöhnlichen Abend dort erleben durften.

Ich atmete dich ein und nie wieder aus

So schön offenherzig, gnadenlos ehrlich und zugleich romantisch hat vor Philipp Poisel lange keiner mehr von den Irrungen und Wirrungen der Liebe gesungen. Seine sehr eigene, bisweilen brüchige und zugleich warme Stimme fand Unterstützung in einer Harmonie aus Violinen, Cello, akustischen Gitarren und Klavier. Seine Lieder handeln vom Suchen und Finden, vom Träumen und Sehnen, vom Verlieren und Loslassen. Es sind die einfachen, unwiederbringlichen Momente im Leben, die er mit feinem Gespür besingt. Schicht für Schicht schält er sich die Liebe vom Leib, legt sich mit aller Verletzlichkeit offen. Er erreicht die Herzen seiner Zuhörer mit leisen Tönen. Und sein Publikum schmachtet ihm zu Füssen. Normalerweise. Am Tannerhof passierte das auf Augenhöhe, das machte den Abend so besonders.

Schau links vom Mond, wo sonst ein Punkt war, steht ein Gruß

Der zweite Gast des Abends war Tex Drieschner. Sieben Jahre zuvor saß Philipp Poisel bei ihm auf der Couch des TV Noir, dem „Wohnzimmer der Songwriter“, wo schon einige noch unbekannte Talente ihre Karriere starteten. Drieschners Lieder zu Gitarre und Klavier ergänzten das Konzert auf einfühlsame Weise. Berührend seine Worte zwischen den Liedern, die Offenheit und Ehrlichkeit, Klarheit und Reife. Drieschners Liebe ist brüchig. In seinem unverwechselbarem, lakonischen Erzählgesang schickt er Botschaften durch Sternenstaub und Ruß, singt laut und leise, kraftvoll und ernst. Tex Drieschners Himmel ist ein Nachtzug. Und am Bahnsteig steht jemand, der auf seinen „Lieblingsspinner“ wartet und mit ihm nach Hause geht.

Es sind sehr persönliche Geschichten an denen er teilhaben lässt, und man ist beides zugleich: berührt und betroffen. Philipp Poisel und Tex Drieschner haben sich wunderbar ergänzt. Es war ein besonderes Konzert an einem besonderen Ort, wo es zur „Hofkultur“ gehört, dass junge Songwriter unterstützt werden und wo man Musik „unplugged“ liebt.

Philipp Poisel am Tannerhof
Burgi von Mengershausen und Roger Brandes. Foto: Ines Wagner

Wo fängt der Himmel an und wo hört er auf?

Auf der Heimfahrt leuchtete ein weißer Mond über der gebirgigen Winterlandschaft. In der bitterkalten Klarheit erschien alles größer und näher und wir waren der Liebe nahe gewesen in ihren verschiedenen Facetten. Nun trugen wir sie nach Hause. Für die Menschen am Tannerhof war es das große Jahresabschlusskonzert, mit dem sich ein Herzenswunsch erfüllt hat. Philipp Poisel hängt im holzvertäfelten Saal auf einer überlebensgroßen schwarz/weiß Fotografie. Neben anderen besonderen Menschen und Ausnahmetalenten, die gern gesehene Gäste sind. Und weil auch das zur „Hofkultur“ gehört, wird es 2016 weiter gehen mit ungewöhnlichen Veranstaltungen. Man darf gespannt sein.

Eine kleine Auswahl der wunderbaren Konzerte am Tannerhof in Bayrischzell:

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