In der Welt zu Hause, aber Weihnachten daheim
Quadro Nuevo – Das Weihnachtskonzert. Foto: KN
Quadro Nuevo gibt ein Weihnachtskonzert? Und was für eins! Weil es zu einem tiefen Bedürfnis wurde, in der Adventszeit besinnliche Melodien zu spielen, während sie das ganze Jahr mit Tango und fetzigen Balkan-Rhythmen unterwegs sind.
Und daher ist das Weihnachtskonzert – natürlich trotzdem anders! Denn, um es noch einmal von der anderen Seite zu betrachten, die besinnlichen Melodien spielen vier Vollblutmusiker, die zwar hier quasi ums Eck wohnen, aber musikalisch in der ganzen Welt daheim sind. Und deshalb klangen die vertrauten Weihnachtslieder gestern im Seeforum in Rottach-Egern eben Quadro Nuevisch! Da wurde der Kontrabass nicht nur gezupft und gestrichen, sondern gebürstet und am ganzen Körper rhythmisch beklopft. Und auch die sonst so liebliche Harfe hat man selten derartig rasant erlebt in der Vorweihnachtszeit. „Maria durch ein Dornwald ging“ erklang luftig-französisch, wurde zur World-Lounge-Musik und fand wieder zurück zum Original. Sich weit öffnend und den Kreis wieder schließend. Ankommen in der Weihnacht. Hier. Daheim.
Klangbotschaften der verschiedensten Instrumente
Einfach zu erraten war tatsächlich nicht alles. Mulo Francel, D.D. Lowka, Andreas Hinterseher und Evelyn Huber machten es dem Publikum nicht immer ganz leicht. Denn, so sagten sie, „Wir wollten das Lied mal so spielen, dass es Spass macht!“ So klang dann „Lasst uns froh und munter sein“ wie eine Jamsession irgendwo zwischen Betlehem und Kalkutta. D.D. Lowka wechselte dabei mit großer Hingabe vom Kontrabass an die Perkussion-Instrumente. An anderer Stelle klang Mulo Francels erstaunliche Contra-Bass-Klarinette, die sie humorvoll dem Publikum als seltenen Hirtenstab, der nur zur Adventszeit gespielt wird, verkauften, beinahe wie ein Digeridoo. Jedenfalls bei „Kommet, Ihr Hirten“ gab Mulo Francel mit seinem Rundatem eine eigene Dynamik vor, während Evelyn Huber die Harfe virtuos gegen das Salterio eintauschte. So erklang „Die Botschaft“ gänzlich anders als gewohnt. Und nicht nur sie.
Immer der Harfe nach
Überhaupt sind die vier Profimusiker Meister der Verfremdung. Da klingt der Kontrabass gern mal wie eine indische Laute. Und das Vibrandoneon wie eine Orgel. Mischen sich die Klänge der Welt in die heimischen Lieder, kraftvoll, aber doch zumeist besinnlich. Lassen dem Zuhörer offen, in alle Richtungen mitzugehen, wohin die Töne sich ausbreiten, zum Tango, Jazz, in den Orient und in die Berge rund um den Tegernsee. Entführen in Klänge aus 1001 Nacht, an die türkische Grenze zu Syrien und zu Väterchen Frost nach Sibirien, immer der Harfe nach.
Quadro Nuevo´s Weihnacht. Foto: KN
Schliesslich gab es einen Potpourri mit eigenwillig vertonten Lieder frei nach Peter Alexander-Schallplatten, Erinnerungen der Kindheit. Denn schlussendlich ist Weihnachten immer ein Erinnern an die Kindheit, egal, wo in der Welt man das ganze Jahr über herum tourt. Dabei bleibt die Musik der leidenschaftlichen Profimusiker von Quadro Nuevo immer nahe am Urgedanken der Weihnacht – der Ankunft einer neuen Zeit, die Licht und Wärme ins Dunkel bringt.
So waren die Stücke weihnachtliche, poetisch-musikalische Kleinode, mal jauchzend und jubilierend, mal nachdenklich, besinnlich, innehaltend. Wie beispielsweise das jiddische Weihnachtslied von Hirsch Glick, der nur 22-jährig im Ghetto in Vilnius starb: „Still, die Nacht ist voller Sterne“.
Und weil Tango natürlich auch nicht fehlen durfte, gab´s noch eine Portion Astor Piazzolla zum Schluss, gewohnt rasant und überschäumend, um ganz am Ende doch wieder besinnlich zu klingen, denn Weihnachten, das ist Besinnung. Und Quadro Nuevo setzt es in seinem Weinnachtskonzert immer wieder neu um: lebendig, rasant und filigran, gefühlvoll. Heimatlich und fremd zugleich. Aber immer ganz nah und warm. Draußen rieselte derweil der Schnee. Was will man mehr?