Queer – Leben zwischen Liebe und Angst
Organisatoren und Filmemachenden, v.l. Bürgermeister Michael Falkenhahn, Anthon Kleinert, Anthony Curri, Masha Mollenhauer, Patrick Willibald . Foto: FE
Filmfestival in Otterfing
Gemeinsam „über den Tellerrand blicken“ und ein Bewusstsein für gesellschaftsrelevante Themen zu schaffen, das war das Ziel des ersten Kurzfilmfestivals mit dem Fokus auf Queerness. Neben einer kleinen Kunstausstellung wurden neun Filme präsentiert. Das Format ist eine Plattform für neue Ideen und Kreativität.
„Ich verstand nie, warum ich mich einer Kategorie anpassen muss. Warum kann ich nicht einfach ich selbst sein?“ Diese und viele weitere Fragen wurden im Rahmen des ersten FOKUS Kurzfilmfestivals zum Thema „Queer – Leben zwischen Liebe und Angst“ in Otterfing am vergangenen Samstag gestellt.
Hierbei erhielten zahlreiche Filmemacherinnen und Filmemacher sowie Künstlerinnen und Künstler die Möglichkeit, ihre persönliche Sichtweise und Gedanken zu queerem Leben, d.h. Menschen, die nicht heterosexuell sind und/oder mit ihrem bei Geburt zugeordneten Geschlecht übereinstimmen, zu teilen. Der Andrang war trotz des sonnigen Wetters groß und das Publikum, das von Elena Veziridis durch den Abend geleitet wurde, war ganz nach dem Ziel der Veranstaltenden bunt gemischt.
Ausstellung von lokalen Kunstschaffenden zu Queerness
In einer kleinen Kunstaustellung verwandelten Sophie Boner, Andreas Hirsch und Lisa Neugebauer ihre Sicht auf Queerness in Kunst. Ihre Werke waren dabei so bunt und vielfältig wie auch der restliche Abend.
Die neun Kurzfilme setzten sich mit dem Umgang mit Liebe und Geschlechtsidentität in der Öffentlichkeit auf unterschiedlichste Art und Weise auseinander. Der erste Film „It’s my fucking story“ aus Österreich beginnt mit einer Familiendiskussion beim Abendessen. Sams Mutter möchte nicht akzeptieren, dass sich ihre Tochter verändert hat und nicht mehr stillschweigend Kleider trägt und das Schnitzel von Oma isst. Als Sam daraufhin in einen Nachtclub flieht, hängt sie auf der Damentoilette ihren Gedanken nach und bekommt verschiedene Situationen von anderen Feiernden mit.
Moderatorin Elena Veziridis. Foto: FE
Der Film „Cophenhagen Rendezvous“ von André Palacios kommt ganz ohne Worte aus. In einer Rückblende erfährt das Publikum von einem gemeinsamen Abend zwischen zwei Männern, der voll von freudigen und intimen Momenten ist. Doch als sich die beiden auf einer Rolltreppe erneut begegnen deckt der Film auf, dass der eine Mann gleichzeitig mit einer schwangeren Frau zusammen ist.
Neue Perspektiven und experimentelle Formen
In „Siren“ experimentiert Scott Fowler mit neuen Formen und obwohl ebenfalls nicht gesprochen wird, steckt der Clip voller Emotionen. In einer beeindruckenden Tanzchoreographie bewegt sich eine nichtbinäre Person, d.h. eine Person außerhalb der Kategorien männlich und weiblich, zur stimmungsvollen Musik.
„The Pride Liar“ handelt von dem Aktivisten Emzo, der vor fünf Jahren aus seiner Heimat Georgien wegen seiner sexuellen Orientierung nach Belgien fliehen musste. Trotz seines schwierigen Weges engagiert er sich voller Mut für die LGBTQ+ Community und kämpft für fundamentale Menschenrechte für alle. Auch in „As leaves in the wind“ von Sofia Luz müssen zwei Transfrauen vor der Verfolgung in Lateinamerika fliehen.
Nach einer kurzen Pause geht es weiter mit „Outside the Lines“ von Stan Oversteegen. In dieser animierten Dokumentation erzählen junge queere Menschen von dem Gegensatz zwischen der Angst von der Norm abzuweichen und der Befreiung und dem Zugehörigkeitsgefühl, das sie erleben, wenn sie sich der queeren Community anschließen.
Diskussionsrunde mit Filmeschaffenden
Die beiden Filmemacher Anton Kleinert und Anthony Curri waren für ihren gleichnamigen Film vor Ort. In einer Gesprächsrunde zeigen sie ihre Hoffnung auf ein offenes Leben ohne Verachtung und Gewalt auf. Mit ihrer Dokumentation wollen sie eine Inspiration für andere queere Menschen darstellen und betonen, dass es jenseits der Norm von Mann und Frau noch viele weitere Bereiche gibt.
Talkrunde mit Anthon Kleiner und Anthony Curri. Foto: FE
In dem Clip „Fool“ von Mateja Kardelis hängt der Tagträumer Costa seinen Fantasien nach und schafft es nicht in seiner unbefriedigenden Realität Entscheidungen zu treffen und sich von seiner alten Beziehung zu trennen.
In dem letzten Film des Abends „The Reveal“ von Masha Mollenhauer wird das Publikum mit stereotypischen Rollenbildvorstellungen bei einer Babyparty konfrontiert und kann sich selbst dabei die Frage stellen, inwieweit es in den geschlechterspezifischen Klischees denkt.
Insgesamt deckten die Kurzfilme die komplette Bandbreite ab und waren so eine gelungene Zusammenstellung zu dem Thema. Wie Katharina Kiesl betonte, war die künstlerische Notwendigkeit des Erzählens aus einer anderen Perspektive spürbar.
Gelungener Abschluss des Abends, v.l. Elena Veziridis, Patrick Willibald, Rosalie Baus, Masha Mollenhauer, Anthon Kleinert, Anthony Curri, Katharina Kiesl, Marion Wessely, Bürgermeister Michael Falkenhahn. Foto: FE
Im Anschluss wurde der Audience Award an „It’s my fucking story” und der Jury Award von Katharina Kiesl, Daniel Holzberg und Anna Svea Fischer an „Outsides the lines“ verliehen, die beide mit 300€ dotiert sind.
Der Veranstalter Patrick Willibald zeigte sich überwältigt mit dem Resultat, das nach mehr als einem Jahr an Vorbereitung entstanden ist, und bedankte sich für die zahlreiche Unterstützung. Auch im kommenden Jahr soll wieder ein FOKUS Filmfestival stattfinden, wir dürfen also gespannt bleiben.
Zum Weiterlesen: Queeres Leben auf dem Land