Räuber Hotzenplotz für alle
Alois Böhm als bäriger, liebenswerter Räuber Hotzenplotz. Foto: Manfred Lehner
Theater in Holzkirchen
Kinder lieben Kasperltheater, Eltern oft weniger. Da wird schon mal die Gelegenheit genutzt, die Kinder alleine in der Vorstellung sitzen zu lassen und im Café nebenan die Zeitung zu lesen. Das Freie Landestheater Bayern denkt auch an die Eltern und setzt es sich zum Ziel, Theater für Kinder als Theater für die ganze Familie sehenswert zu machen. Mit dem Räuber Hotzenplotz ist das wieder einmal vortrefflich gelungen.
Schon im Jahr 1962, als der Räuber Hotzenplotz vom Kinderbuchautor Otfried Preußler als Roman in die Welt gebracht wurde, spielen die Medien eine Rolle. Jeden Tag berichten sie vom schlimmen Räuber Hotzenplotz und schnell verbreitet sich die Angst vor dem Bösewicht. Da braucht es eine Gegenkraft in Form von zwei guten Gestalten.
Liebenswerte Bösewichte, menschliche Helden
Seppl, nicht besonders hell, aber gutherzig, dargestellt mit jugendlichem Frohsinn von Judith Heimerl, könnte es nicht alleine mit dem Räuber aufnehmen. Zum Glück hat er den gewieften Kasperl an seiner Seite (Korbinian Langl), der neben seiner Intelligenz auch noch den Mut in seinem Werkzeugkoffer mitträgt. Den braucht er auch, als sich die beiden auf die Socken machen, um dem Räuber Hotzenplotz den Garaus zu machen. Das ist wahrlich notwendig, denn diese wichtige Aufgabe dem Wachmeister Dimpfelmoser (Bernd Schmidt) zu übertragen, wäre wohl doch eher aussichtslos.
Freundschaft siegt: Korbinian Lang, Cathrin Paul, Judith Heimerl, Bernd Schmidt. Foto: Manfred Lehner
Heimelig hat es sich Räuber Hotzenplotz (Alois Böhm) in seiner Höhle gemacht und lässt sich nicht so leicht austricksen vom Kasperl, den er als Diener an seinen Freund, den Zauberer Petrosilius Zwackelmann, verschachert. Petrosilius (Detlef Dauer) hält nämlich nichts davon, seine Kartoffeln selbst zu schälen und lässt den Kasperl alleine im Schloss zurück. Dieser rettet nicht nur die Fee Amaryllis (Julia Quaderer) aus ihrem Dasein als Unke, sondern verärgert Petrosilius Zwackelmann damit so, dass dieser vor Wut zerplatzt.
Zwei sympathische Bösewichte: Detlef Dauer und Alois Böhm. Foto: Manfred Lehner
Doch – woher nehmen die Helden Kasperl und Seppl die Motivation, sich auf dieses Abenteuer einzulassen? Die Liebe zur Großmutter ist es, deren Kaffeemühle vom Räuber Hotzenplotz gestohlen wurde und der noch dazu die Oma so bedroht hat, dass sie vor Schreck in Ohnmacht gefallen ist. Leider war Theresia Benda-Pelzer kurzfristig ausgefallen und so wurde aus der Regisseurin Cathrin Paul sowohl in der Generalprobe als auch in der Premiere eine überaus glaubwürdige und herzige Oma.
Belohnung für die Tapferen: Julia Quaderer, Korbinian Langl, Judith Heimerl. Foto: Manfred Lehner
Das gelungene Miteinander, das Hoch auf die Freundschaft und das gute Ende würden alleine schon reichen, um das Publikum glücklich zu machen. Was dieses Stück, dargeboten vom Freien Landestheater Bayern jedoch empfehlenswert für die gesamte Familie macht, ist die gewohnt hohe Qualität des Dargebotenen. Die schauspielerischen Leistungen des Ensembles, ein gelungenes Bühnenbild, das mit einfachen Effekten zauberhafte Momente schafft, das Herausarbeiten der Charaktere, denen man nichts übelnimmt, weil sie so liebenswert sind. Der Zuschauer, ob jung oder alt, findet sich selbst wieder in den Protagonisten und spürt die Hoffnung, dass wir als Menschen doch noch miteinander gut leben können. Beinah leid tut es einem, wenn der Räuber Hotzenplotz am Ende, mit dem Vogelkäfig über dem Kopf gestülpt, abgeführt wird.
Ende gut, alles gut Korbinian Langl, Bernd Schmidt, Alois Böhm, Judith Heimerl. Foto: Manfred Lehner
Zum Glück für alle, die nicht in die Premiere kommen konnten, gibt es weitere Vorstellungen im Kultur im Oberbräu. Allerdings gilt es, die Karten schnell zu reservieren, genau wie für die einzige Aufführung im Waitzinger Keller in Miesbach am vierten November.
Und für die ganz coolen Kids samt Begleitung hält das Freie Landestheater Bayern ein weiteres Highlight in der Vorweihnachtszeit bereit. In „Du spinnst wohl“ bereitet sich Karl-Heinz Kreuzspinne auf das Fest vor und lädt ein zum unkonventionellen Adventtheater, das sogar mit einer Kung-Fu Einlage aufwarten kann.