Wir müssen über Rassismus reden
Broschüre „Wir müssen über Rassismus reden“. Foto: MZ
Broschüre zu Rassismus
In diesem Jahr fanden in Miesbach im Rahmen der „Internationalen Wochen gegen Rassismus“ eine Reihe von Veranstaltungen statt. Eine Initiatorin ist Inge Jooß, Integrationsreferentin der Stadt Miesbach. In einer Broschüre hat sie Gedanken – Informationen – Berichte zusammengetragen.
„Als Nachkriegskind habe ich erleben dürfen, wie Demokratie, Freiheit, Toleranz, Gleichberechtigung und ‚Völkerverständigung‘ sich ihren Platz eroberten“, schreibt sie in ihrem Vorwort. Heute aber erlebe sie jeden Tag in den Medien und bei Gesprächen Rassismus. Sie wolle sich nicht daran gewöhnen, sondern das Thema beim Namen nennen, darüber reden und handeln. Mit ihrer Broschüre wolle sie nicht Miesbach als Hort des Rassismus deklarieren, aber sie wolle den Impuls für ein Miteinander im Kampf gegen Rassismus geben.
Lesetipp: Internationale Wochen gegen Rassismus
Auf 36 Seiten hat Inge Jooß Gedanken und Informationen zum Thema Rassismus zusammengefasst. Nach einer Klärung des Begriffs sensibilisiert sie dafür, wie mittels Sprache sehr subtil Rassismus ausgedrückt wird, gedankenlos und diskriminierend. Beispiel: „Sie sprechen aber gut Deutsch.“ Ohne das „aber“ wäre es eine sachliche Feststellung, das „aber“ vermittelt indes: Eigentlich traue ich meinem Gegenüber das gute Deutsch nicht zu.
Inge Jooß mit den Dialogtüren im Rathaus bei der gleichnamigen Ausstellung. Foto: Isabella Krobisch
Der Klima-Aktivist Johnny Parks ist mit einem Beitrag über die „weiße Ignoranz“ hinsichtlich der Erderwärmung vertreten, die in erster Linie vom Globalen Norden verursacht wird. Der Globale Süden indes sei zwei bis dreimal verletzlicher. Dieser Ungerechtigkeit müsse ein Ende gesetzt werden und stattdessen Nächstenliebe zu einer nachhaltigen und gerechten Welt führen.
Sklaverei, Ausbeutung, Kolonialismus
Inge Jooß widmet sich den Themen Sklaven, Ausbeutung und Kolonialismus und hat Beiträge aus dem „Miesbacher Anzeiger“ zum Thema „Antisemitisches“ aus dem Jahr 1920 herausgesucht und heutigen Äußerungen zu Antimuslimismus und Antiziganismus gegenübergestellt.
Fritz Weigl, Gruppensprecher von amnesty international in Miesbach listet in seinem Beitrag Rassismusopfer in Deutschland auf. Dem fügt Kulturamtsleiterin Isabella Krobisch die bitteren Erfahrungen der Türkin Gonca Ulu in Miesbach hinzu.
Diskriminierung von POC’s
Zum Diskutieren und Nachdenken sind eine Reihe von überregionalen Sichtweisen und Ausdrücken unserer vertrauten Kultur eingeblendet, wie POCs (Persons of Color) diskriminiert werden.
Was also tun? Melanie Fersi vom Netzwerk Integration, die sich zur interreligiösen Dialogbegleiterin ausbilden lässt, schlägt in ihrem Schlussbeitrag vor: „Dialog auf Augenhöhe, gegenseitiger Respekt, Toleranz, Akzeptanz und vor allem Anerkennung der Differenzen sind wichtige Voraussetzungen für ein friedliches Miteinander in einer pluralistischen Gesellschaft, in der sich jeder Einzelne wertgeschätzt und daheim fühlt.“
Kontakte und Dialog gegen Rassismus
Als probates Mittel empfiehlt sie dazu: „Kontakte zwischen Menschen und vielfältige Dialoge bauen Ängste ab und stärken somit insgesamt den gesellschaftlichen Zusammenhalt, indem Menschen einander kennenlernen und die stereotypen Vorstellungen überprüft werden.“ Zudem berge der Kontakt mit dem Anderen die Chance, sich selbst besser kennenzulernen und weiterzuentwickeln.
Beziehung macht glücklich
Sie schließt mit einem Gebet aus der yogischen Tradition, das das persönliche Ziel, nach Harmonie, Gleichgewicht und Balance im eigenen Leben zu streben, mit dem sozialen Ziel, allen Menschen Wohlbefinden zu wünschen, verbindet. Denn, einer Harvard-Studie zufolge, ist das, was uns Menschen glücklich macht – Beziehung.
Aus der Serie „Namen“ von Georg Brinkies bei einer Ausstellung im Tannerhof. Foto: Petra Kurbjuhn
Der Broschüre sind wichtige Literaturempfehlungen angefügt. Sie ist bebildert mit Beispielen aus der Serie „Namen“ von Georg Brinkies. Der Neuhauser Künstler sagt: „Wird die Person in Liebe gerufen, so kann sie zur Persönlichkeit wachsen. Die Aufgabe der Aufgaben.“