Raue Zeiten für wilde Hühner
Besonders gefährdet sind die Raufußhühner – wie das Birkhuhn – im Winter. Foto: Florian Bossert
Ausstellung in Tegernsee
In unseren heimischen Bergen leben einige Wildtierarten am Limit. Vor allem sind die Raufußhühner gefährdet, zu deren prominentesten Vertretern das Auer- und Birkhuhn gehören. Als Natura-2000 Region tragen wir europaweit eine besondere Verantwortung für diese Arten. Darum bringt eine Ausstellung in Tegernsee die Raufußhühner jetzt den Besucherinnen und Besuchern aller Altersklassen näher.
In den Bayerischen Alpen leben die letzten zusammenhängenden Vorkommen der Raufußhühner deutschlandweit, auch bei uns im Mangfallgebirge. Sie gelten als Schirmart, denn mit dem Schutz von Birk- und Auerhühnern, aber auch Hasel- und Alpenschneehühnern ist zugleich der Lebensraum zahlreicher anderer Tier- und Pflanzenarten geschützt.
Wenn der Auerhahn balzt, darf er nicht gestört werden. Foto: Florian Bossert
„Unten im lichten Bergwald leben die besonders sensiblen Auerhühner“, erklärt Gebietsbetreuer Florian Bossert den Interessenten der Ausstellung, „weiter oben in der Latschenzone die Birkhühner“. Gemeinsam mit dem scheuen Haselhuhn und dem Alpenschneehuhn, das in den höchsten Gipfelregionen lebt, haben sie geschickte Anpassungen entwickelt. Doch wenn der Mensch unbedacht in ihren Lebensraum eingreift, wird’s gefährlich für die Tiere. Also brauchen sie unsere Aufmerksamkeit und unseren besonderen Schutz.
Doch das Problem: Die wenigsten Menschen haben je ein Birkhuhn oder einen Auerhahn in freier Natur gesehen. Deshalb ist der Gebietsbetreuer mit seiner Kollegin Theresa Schöpfer und den Naturschutzrangern unermüdlich unterwegs, um von diesen seltenen Wildtieren zu berichten – und sie anschaulich zu machen, auch in den Schulen im Landkreis. Denn, so Florian Bossert, „ein Phantom lässt sich nur schwer vermitteln“.
Gebietsbetreuer Florian Bossert hat die volle Unterstützung von Landrat Olaf von Löwis: „Die Raufußhühner brauchen unseren besonderen Schutz.“ Foto: Ines Wagner
Die Ausstellung „Raue Zeiten für wilde Hühner“ wurde am Freitag von Tegernsees Bürgermeister Johannes Hagn und Landrat Olaf von Löwis zunächst im Schalthaus des E-Werks feierlich eröffnet. Nach einem Einführungsfilm und Impulsvortrag von Gebietsbetreuer Florian Bossert ging es von dort aus weiter in den Lesesaal des Rathauses Tegernsee, wo die Ausstellung bis Juni zu sehen ist. Sie zeigt mit Großformatfotos, interaktiven Stationen und Raufußhuhn-Präparaten die gefährdeten Tiere in ihren Lebensräumen. Dabei halten die Verhaltensweisen dieser Eiszeitrelikte so manche Überraschung bereit.
So lässt sich beispielsweise erfahren, dass die Birkhennen nur wenige Tage empfangsbereit sind, weshalb eine ungestörte Balzzeit überlebenswichtig ist. Oder dass die Birkhühner im Herbst Steine in ihren Magen aufnehmen, um ihre Winternahrung, die Nadeln, besser zermahlen zu können, und daher auf Störungen oder Flucht überhaupt nicht ausgelegt sind.
Die Lebensräume sind naturgetreu nachgestellt. Foto: Ines Wagner
Zum Infofilm und den interaktiven Stationen zum Unterscheiden der Tierstimmen gibt es spannende Informationen zum Schutz der gefährdeten Arten – unter anderem mithilfe der Wald-Wild-Schongebiete im Winter. Weil deren Einhaltung freiwillig ist, sind die Gebietsbetreuer und Ranger das ganze Jahr unterwegs, um die Menschen, die ihnen begegnen, zu sensibilisieren und Wissenswertes über ihre Schützlinge zu erzählen. Darum ist ihnen auch diese Ausstellung mit zahlreichen Führungen ein großes Anliegen. Sie richtet sich an alle, die sich für die heimischen Wildtiere und ihre Lebensweise interessieren und einen Beitrag zum Naturschutz leisten wollen.
Warum die Raufußhühner so bedroht sind?
Weil der Mensch immer häufiger in ihren Lebensraum vordringt. „Seit der Pandemie haben wir einen Anstieg an Freizeitsuchenden in den Bergen um etwa dreißig Prozent“, so Florian Bossert. Die beängstigend angestiegenen Zahlen betreffen auch die zuvor eher ruhige Winterzeit, wo die Situation für die Raufußhühner besonders heikel ist, weil sie in ihren Schneehöhlen oder bei der Nahrungsaufnahme nicht gestört werden dürfen. Im Frühjahr ist die Balzzeit wichtig, im Sommer sind die Jungtiere unterwegs und im Herbst bereiten sich die Tiere auf den harten Winter vor.
Die familienfreundliche Ausstellung spricht alle Altersklassen an. Die Gebietsbetreuer und Ranger hoffen besonders auf viele Schulklassen.