Gruselig, humorvoll und wunderschön
Eine der Frisinga-Fratzen. Foto: MZ
Musikalisch-literarisches Spektakel in Großhartpenning
Als Höhepunkt der musikalisch-literarischen Raunacht im Hahnhof in Großhartpenning mit der Kampp-Musi und Karl-Heinz Hummel erschien die Perchtengruppe der Frisinga-Fratzen mit Schellen und Trommeln und ganz fantastischen Masken, die die bösen Geister austreiben sollen.
Eigentlich wollte Karl-Heinz Hummel, der den Abend mit seinen Geschichten zur Raunacht gestaltete, gerade zur dringend eingeforderten Zugabe ansetzen, als draußen wildes Trommeln ertönte und die zahlreichen Zuschauerinnen und Zuschauer in den Hof lockte.
Dort erwartete sie ein gruselig-schauriges Spektakel der Frisinga-Fratzen, einer seit 20 Jahren bestehenden Perchtengruppe aus Freising, die auf ihrem diesjährigen Perchtenlauf durch ganz Bayern zu ihrem vorletzten Auftritt ins Oberland gekommen waren. Es war der 5. Januar, der Abend der letzten Raunacht.
Die Frisinga-Fratzen. Foto: MZ
Und so sprangen und schellten und trommelten die wilden Gesellen und Hexen, unter ihnen auch ein Kind, umher und gingen so mancher Zuschauerin, auch der Autorin, recht nahe ans Haupthaar mit ihren langen Greiffingern und furchterregenden Masken. Diese sind zumeist, ebenso wie die fantasievollen Gewänder aus Fellen, selbst gefertigt. Eigens für die Frisinga-Fratzen geschriebene Trommelkompositionen geben dem Auftritt einen mystischen Charakter.
Ein Trommler. Foto: MZ
Das Publikum konnte sich nicht sattsehen und -hören an der besonderen Überraschung des Abends, der den Geschichten und der Musik einen krönenden Abschluss zur letzten Raunacht gab.
Hausherr und Biobauer Schorsch Hahn. Foto: MZ
Schorsch Hahn, der auf seinem Biobauernhof immer auch kulturelle Veranstaltungen anbietet, hatte eingeladen und viele viele kamen. „Stad sein, dann hört man den Wind der Raunacht“, begrüßte der Hausherr seine Gäste.
Karl-Heinz Hummel ist der Spezialist für Sagen und Mythen und hat dazu mehrere Bücher geschrieben, in denen er alte Geschichten sammelt und eigene dazu dichtet. „Wenn die Geister rum sich treiben, wenn vorübergeht das Jahr, sind die Raunächt da“, leitete er den Abend ein.
Karl-Heinz Hummel. Foto: MZ
Dieser erhielt sein besonderes Gepräge auch durch die Kampp-Musi, alles Schüler des verstorbenen Uwe Block von der Formation Nagl-Musi, die sich als schräge Volksmusiker einen Namen gemacht hat. Anna Auer und Martin Kamp (Hackbrett), Susanne Kuprat (Klarinette), sowie Daniel Kollmer und Angelika Kamp (Gitarre) und Ferdinand Huber (Kontrabass) spielten Stücke voller Melodien und Schwung, viele von Uwe Block komponiert. Volksmusikalische Einflüsse werden vermischt mit Polka, Blues und Bossa Nova, so dass eine avantgardistische und mitreißende Musik entsteht.
Kampp-Musi. Foto: MZ
Das Besondere des Abends ist, dass sich Musik und Geschichten miteinander vermengen, lautmalerische Klänge untermalen die Texte, zuweilen wird gemeinsam gesungen oder Karl-Heinz Hummel spricht in die Musik hinein. Dann aber wieder ertönen instrumentale Stücke voller Lebendigkeit.
Kampp-Musi. Foto: MZ
Karl-Heinz Hummel startet mit der ersten Raunacht, dem Thomasabend am 21.12., der Losnacht, bei der man erfahren kann, wie man den Allerliebsten findet und der Autor begründet, warum man im Berchtesgadener Land von niemandem ein Danke erwarten kann. Das gehe zurück auf das Weidwiesenweiberl, das immer half, aber wenn jemand danke sagte, folgte ein Unglück.
In der zweiten Raunacht, dem heiligen Abend, dürfe man nicht sägen oder hämmern, warnte der Vortragende, sonst erschrecke das Christkind. Und um Mitternacht, so erfuhr das Publikum, fange das Vieh zu sprechen an.
Karl-Heinz Hummel ist auch ein Schauspieler. Foto: MZ
Die Weißhaselruten würden Ungeziefer vertreiben, „auch Viren aus dem Internet“, meinte Karl-Heinz Hummel, dem es immer wieder gelang, überraschende und humorvolle Pointen an das Ende seiner Geschichten anzuhängen.
Zur Raunacht in die Zukunft blicken
Wie mit Zauberkunst Räuber eingefroren werden können und dass keine Wäschestücke auf der leine hängen dürfen, weil sie sonst die Wilde Jagd für Leichentücher verwendet, all das erfuhr das Publikum, bevor es nach der Pause in die zwei letzten Raunächte eingeführt wurde.
Zu Silvester gibt es eine Reihe von Möglichkeiten, in die Zukunft zu blicken, wie Bleigießen, Schuhwerfen oder Scheitziehen. Es kann aber auch passieren, dass der Teufel plötzlich mit am Tisch sitzt.
Zu Epiphanis kommt Frau Percht
Und dann also Epiphanis, die vierte Raunacht zu Heilig Drei König, wenn die Frau Percht mit den namenlos verstorbenen Kindern umgeht. Man stelle ihr Semmelmilch hin, aber laure ihr keinesfalls auf, denn sonst verliert man sein Haupthaar.
Zum Schluss erzählte Karl-Heinz Hummel noch Geschichten aus der Schweiz: ziemlich gruselig, der Brauch in Galltür, wo es keine Kirche gibt und Verstorbene im Winter auf dem Dachboden eingefroren werden, bis der Pass ins Nachbartal wieder passierbar ist.
Karl-Heinz Hummel, Kampp Musi und Frisinga-Fratzen. Foto: MZ
Ans Haupthaar ging es dann so manchem bei den Frisinga-Fratzen, aber nur kurzzeitig. Anschließend wurde die Raunacht noch mit Glühwein und Perchtenblut aus der Imkerei weiter gefeiert.
Zum Weiterlesen: Raunachtsagen Teil 2