Rechtspopulismus

Der Rechtspopulismus und die Medien

Politikwissenschaftlerin Paula Diehl im Gespräch mit Wilhelm Vossenkuhl (links) und Korbinian Kohler (rechts). Diehl ist Professorin für Politische Theorie, Ideengeschichte und Politische Kultur an der Universität Kiel. Im Rahmen des Korbinians-Kollegs hielt sie einen Vortrag mit dem Titel „Populismus, Massenmedien und Politainment: von Berlusconi zu Trump”. Foto: Andreas Wolkenstein

Vortrag in Weissach

Viktor Orbáns illiberale Demokratie in Ungarn, Donald Trump (erneut) im Weißen Haus und eine mögliche Landesregierung mit AfD-Beteiligung in Deutschland: Ist der Rechtspopulismus noch zu stoppen, fragen sich derzeit nicht wenige Menschen.

Die Politikwissenschaftlerin Paula Diehl hält mehrere Szenarien für denkbar, offenbarte sie in ihrem Vortrag im Korbinians-Kolleg im Hotel Bachmair Weissach in Kreuth. Welches Szenario eintritt, hängt auch davon ab, dass sich die Menschen wieder als Teil einer Demokratie erfahren.


Paula Diehl. Foto: privat

Paula Diehl ist Professorin für Politische Theorie, Ideengeschichte und Politische Kultur an der Universität Kiel. In ihrer Arbeit erforscht sie insbesondere das Phänomen des Populismus, wie Wilhelm Vossenkuhl, emeritierter Philosophie-Professor an der Münchner Universität und wissenschaftlicher Leiter des Kollegs, zu Beginn deutlich machte. Und genau das sei ein beliebtes Thema, pflichtete der Hausherr, Hotelchef Korbinian Kohler, bei. „Man muss sich schlau machen und was dagegen tun“, rief Korbinian Kohler den gut 200 Gästen im Bachmair Weissach zu. Rednerin Paula Diehl wusste diesen Anspruch zu erfüllen. Sie berichtete aus ihrer Forschung zum Zusammenhang von Massenmedien und Populismus. Ihre These ist dabei so einfach wie bestechend: Massenmedien funktionieren ganz ähnlich wie der Populismus. Genau das helfe dem Populismus dabei, sich zu verbreiten.

Vereinfachung von Komplexität

Mit dem Begriff des Populismus bezeichnet die Kieler Wissenschaftlerin eine „Art, Politik zu machen“, die graduell vorliege und sich mit verschiedenen Ideologen verbinden ließe. Inhaltlich gehören dazu der Glaube an die Volkssouveränität als klar identifizierbarer Volkswillen, die Rede von einer Gegnerschaft von politischen Eliten und dem Volk, eine anti-institutionelle Haltung, eine charismatische Führerfigur (die den Volkswillen repräsentiert) und das Narrativ des betrogenen Volkes. Der Rechtspopulismus als derzeit vorherrschende Spielart des Populismus weist laut Paula Diehl noch besondere Elemente auf, die zu dieser allgemeinen Charakterisierung hinzutreten. So vertritt der Rechtspopulismus unter anderem eine Strategie der Diskriminierung von Minderheiten und macht Eliten für die angebliche Kontamination des (homogen gedachten) Volkskörpers verantwortlich. Rechtspopulisten reduzieren Komplexität, brechen mit Tabus, emotionalisieren die öffentliche Debatte, führen ein striktes Freund-Feind-Schema ein, sehen die Welt als Ort zweier widerstreitender Mächte (gut und böse) und personalisieren Politik.

Rechtspopulismus
Paula Diehl analysiert den Zusammenhang von Rechtspopulismus und Massenmedien für die Zukunft der Demokratie. Foto: Andreas Wolkenstein

Genau das, betont Politikwissenschaftlerin Paula Diehl, sei auch die Logik der Massenmedien. Hier wie dort gehe es etwa um die Vereinfachung komplexer Sachverhalte und eine emotionalisierte Darstellung. „Hund beißt Kind ist keine Nachricht wert, aber Kind beißt Hund schon“, belegte Paula Diehl ihre These von der Emotionalisierung. Dass Populismus und Medien in ähnlicher Weise funktionieren trägt zum Erfolg des Populismus bei, war den Erörterungen der Wissenschaftlerin zu entnehmen.

Rechtspopulismus versucht, Demokratie aufzulösen

Hinzu kommt, dass Politik heutzutage oft im Modus der Unterhaltung präsentiert wird (Politainment). Dann verschwimmen weitere Grenzen, etwa von Realität und Fiktion, argumentiert die in Brasilien geborene Paula Diehl. Der deutsche Bundeskanzler Gerhard Schröder und sein Auftritt in der Fernsehsendung „Gute Zeiten, schlechte Zeiten“, sei ein Beispiel dafür, aber genauso auch das Verhalten des ehemaligen italienischen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi oder des US-Präsidentschaftskandidaten Donald Trump. Es entstehe eine sogenannte Hyperrealität, erläuterte Paula Diehl im Bachmair Weissach, eine Art „übertriebene Realität, die interessanter wirkt als die Realität“.

Ob man aus dieser Analyse auch ableiten könne, was zu tun ist, um das Erstarken des Rechtspopulismus zu verhindern, wurde Paula Diehl von mehreren Teilnehmenden gefragt. Eigentlich sei das eine Frage für Politiker, nicht für eine Wissenschaftlerin, erwiderte diese – zeigte dann aber doch auf, in welcher Richtung man nach Antworten auf den Rechtspopulismus suchen kann. Es sei wichtig, betonte Paula Diehl, dass in einer Gesellschaft Raum sei für die Frage „Wie wollen wir leben?“. Zudem sei es nötig, dass Menschen angesprochen würden und die Erfahrung machen, Teil der Demokratie zu sein.


Die Zuschauer erfahren, dass dem Rechtspopulismus und den Massenmedien dieselbe Logik innewohnt. Auch Miesbachs Landrat Olaf von Löwis und Josef Bierschneider, Bürgermeister der Gemeinde Kreuth, hören aufmerksam zu. Foto: Andreas Wolkenstein

Damit wandte sich die Politikwissenschaftlerin auch gegen Kolleg-Leiter Korbinian Kohler. Dieser hatte behauptet, dass Populismus gut sei, weil er sich den Menschen zuwende. Zu viel Populismus sei wie Salz in der Suppe, sagte Paula Diehl: „Wenn es zu viel ist, können sie die Suppe nicht mehr essen“. Es sei wichtig, dass Demokratien an Prinzipien festhalte, um sich durch zu viel Populismus selbst nicht aufzulösen. Im Gegensatz zum Populismus von links, der sich etwa gegen den Kapitalismus wende, habe der Rechtspopulismus die Auflösung der Demokratie im Sinne, hielt die 53-jährige fest. Und genau dies mache ihn so gefährlich. Ob es dazu kommt oder andere Szenarien eintreten – entweder ein Zurück zum normalen demokratischen Modus oder eine Art illiberale Demokratie nach ungarischem Vorbild – weiß auch Paula Diehl nicht. „Aber ich bin gespannt zu sehen, wo es hingeht“, resümiert die Politikwissenschaftlerin.

Das Korbinians Kolleg: Fragen der Zeit und kontroverse Themen

Mit dem Korbinianskolleg will Hausherr Korbinian Kohler ein Diskussionsforum „über Fragen der Zeit“ bieten, ist auf der Homepage des Kollegs zu erfahren. Gegründet wurde es 2017, seitdem finden regelmäßig Vortragsabende statt, bei denen „teilweise kontroverse Themen“ diskutiert werden. Im vergangenen Jahr war auch der ehemalige Bundespräsident Christian Wulff zu Gast am Tegernsee.

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