“Nahrung für das Auge”
Reinhard Michl: Bin i dahoam und Mia gang’st. Foto: Petra Kurbjuhn
Ausstellung in Holzkirchen
Reinhard Michl zeichnet gerne Tiere. Dass ihnen in den Bildern viel Menschliches anmutet, liegt gänzlich im Auge des Betrachters. Und genau darauf kommt es an, sagt der Künstler bei der Vernissage in der Galerie im Autopavillon Steingraber.
Eine Ausstellung mit dem Titel „Schnurren und Kratzen – von Büchern und Katzen“ wird eröffnet. Der Hundefreund winkt ab, was mag einen da schon erwarten? Wer Hunde mag hat mit Katzen nichts am Hut, und umgekehrt, Katzenfreunde und Hundemenschen gelten doch als zwei grundverschiedene Typen. Doch der Name des Künstlers lässt aufhorchen, Reinhard Michl stellt aus? Der Reinhard Michl, der Bücher von Michael Ende illustriert hat, den Jim Knopf etwa, oder den Findefuchs der Autorin Irina Korschunow? Ja, der Niederbayer kommt bereits zum zweiten Mal nach Holzkirchen. Und er hat allerhand Tierisches im Gepäck.
Reinhard Michl (rechts) stellt tierische Zeichnungen aus, mit Horst Hermenau (Mitte) und Sophia Leiss (links). Foto: Andreas Wolkenstein
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In der Welt verortet sein
Da ist zum Beispiel der Kater auf dem Bild „Grant“. Es sieht so aus wie man sich einen grantigen Kater vorstellt: Missmutig blickt er drein. Liegt es daran, dass das Weißbier im Glas vor ihm nicht mehr ganz voll ist? Ach, sei’s drum, mag man dem Kater zurufen, mehr als die Hälfte ist wohl noch drin. Aber der Grant, der ist eine bayerische Grundeinstellung, der hat nichts mit dem Zustand der Welt zu tun.
Reinhard Michl selbst ist hingegen ganz stark „in der Welt“ verortet. So beschreibt ihn sein Studienfreund und Ausstellungskurator Horst Hermenau. Der Holzkirchner Künstler berichtet, wie er in Studienzeiten fasziniert gewesen sei, dass Michl immer einen Skizzenblock zur Hand hatte. Dazu einen Hut und die Tasche aus Leder, so habe er Reinhard Michl in Erinnerung, erzählt Horst Hermenau den gut 60 Gästen in der Galerie im Autopavillon des Holzkirchner Autohauses Steingraber. Mit ihm und Reinhard Michl hat auch Sophia Leiss studiert, die drei sind in Freundschaft verbunden, erzählt Horst Hermenau später.
Reinhard Michl: Bücher-Kater und Dance me to the end of Love. Foto: Petra Kurbjuhn
Auf die Details achten
Und man merkt das, wenn Sophia Leiss in Reinhard Michls Werk einführt. Fachkundig ermahnt sie die Zuhörenden immer wieder, auf die Details in des Künstlers Werken zu achten. Bei „Bin i da dahoam“ etwa, es zeigt eine bayerische Idylle, einen kräftigen Bayer vor malerischer Kulisse, links der Maibaum mit dem Emblem des FC Bayern München. Und folgt man Sophia Leiss‘ Hinweis auf die Details, dann sieht man, dass sich der Hut des Bayern perfekt in die zackige Bergkulisse einfügt. Auch der Titel kann als eine Spielerei verstanden werden: Bekannt ist der Werbespruch „… und da bin i dahoam“. Reinhard Michl wendet diese Aussage zur Frage und schon ist der Betrachter im Spiel: Was ist es eigentlich, wo ich daheim bin?
Sophia Leiss führt durch die Ausstellung und weist auf die Details in den Bildern Reinhard Michls hin. Foto: Andreas Wolkenstein
“Nahrung für die Augen” von Reinhard Michl
Für den Künstler ist es ganz wichtig, dass sich der Betrachter seine eigenen Gedanken macht. Das sei auch bei seinen Illustrationen von Büchern der Fall, erzählt der 75-jährige. „Das Bild zum Text muss eine Ebene finden, die im Text möglich, aber nicht explizit ausgesprochen ist“, erläutert Reinhard Michl. Und genau das zu finden sei die Aufgabe der Kunstrezipierenden, wird aus Reinhard Michls Überlegungen deutlich.
Der Blick auf die Holzkirchner Ausstellung, die bis zum 29. Juni 2024 zu sehen ist, zeigt vor allem eins: Die intensive Beschäftigung des Künstlers mit Tieren. Ohne sie jemals zu karikieren kommt ihnen etwas Menschliches zu, fasst Sophia Leiss ihre Erfahrung mit Reinhard Michls Bildern zusammen. Und trifft einen Punkt, den auch Daniel Lubecki und Ulrich Andelfinger bestätigen. Die beiden Holzkirchner zeigen sich beeindruckt von der Lebendigkeit, mit der Reinhard Michl Katzen, aber auch Wölfe, Hirsche und andere Tiere zeichnet. „Die Bilder sind Nahrung für die Augen“, urteilt Ulrich Andelfinger.
Reinhard Michl: Geheimes Rendezvous, Abendspaziergang und Safran. Foto: Petra Kurbjuhn
Die Moral der Geschicht’
Auch Tilde Michels „Es klopft bei Wanja in der Nacht“ hat Reinhard Michl übrigens illustriert. In dem Buch finden Hase, Fuchs und Bär bei Wanja Einlass in einer kalten Winternacht. Obwohl die Tiere eigentlich Feinde sind, halten sie in gemeinsamer Not zusammen. Eine Moral der Geschicht‘, die auch für das Zusammenleben von Hunde- und Katzenfreunden lehrreich sein könnte: Es muss ja nicht immer ein Gegen-, sondern kann auch ein Miteinander sein. Am Ende aber, so lehrt einen der Besuch in Reinhard Michls Ausstellung, liegt viel daran, wie man selbst die Sache sieht.
Reinhard Michl: Vatertag und Schau ma mal. Foto: Petra Kurbjuhn