Nicht nur Halbkugeln
Die Magdeburger Halbkugeln. Foto: MZ
Reisetipp von KulturVision
Die Landeshauptstadt von Sachsen-Anhalt ist Magdeburg. Die mehr als 1200 Jahre alte an der Elbe gelegene Stadt hat kulturell, geschichtlich, aber auch freizeitmäßig eine Menge zu bieten.
Magdeburg? Sollten wir wirklich in einer Großstadt auf der Fahrt nach Mecklenburg Station machen? Die Antwort auf die Frage wurde leicht gemacht, denn die Zeltplätze der Mecklenburger Seenplatte waren am Wochenende ausgebucht. Also Magdeburg.
Für mich war Magdeburg in erster Linie die Stadt von Otto von Guericke. Der Forscher und Bürgermeister der Stadt gilt als Begründer der Vakuumtechnik. Mit seinen spektakulären öffentlichen Experimenten bewies er die immense Kraft des Luftdrucks.
Acht PS gegen den Luftdruck
Er fügte 1654 in Magdeburg zwei Halbkugeln aus Kupfer mit 40 Zentimeter Durchmesser aneinander, dichtete die Begrenzungsflächen ab und pumpte die Luft heraus. Dann spannte er an jede der Halbkugeln acht Pferde und konnte zeigen, dass sie sich nicht auseinanderreißen ließen. Erst als er wieder Luft in die Halbkugeln hineinließ, konnten sie getrennt werden.
Er zeigte das Experiment auch 1657 in Regensburg, wo er bei einem Reichstag vor Kaiser und Fürsten sogar mit zwei Gespannen von je 15 Pferden arbeitete.
Magdeburg heißt aber auch zu Ehren von Otto I. „Ottostadt Magdeburg“. Der erste Kaiser des Heiligen Römischen Reiches gründete 968 das Erzbistum Magdeburg, aber urkundlich erwähnt ist die Stadt bereits 805 und feierte 2005 ihr 1200jähriges Bestehen.
Die Westfassade des Magdeburger Doms. Foto: MZ
Als Zentrum der Reformation und als Handelsstadt war Magdeburg im Mittelalter eine der bedeutendsten deutschen Städte. Der 1209 erbaute Dom ist die erste von Anfang an gotisch konzipierte und die am frühesten fertiggestellte Kathedrale der Gotik auf deutschem Boden.
Zu DDR-Zeiten war Magdeburg nicht attraktiv, aber was sich hier in den 34 Jahren seit der Wende getan hat, ist sehenswert. Die Stadt am Elbufer lädt zu ausgedehnten Spaziergängen ein, bei denen der Kunstinteressierte eine Menge zu bestaunen findet.
Kirchen und Otto von Guericke
Wir starten unseren Rundgang am Parkplatz am Elbufer und treffen als erstes auf die gotische Magdalenenkapelle und danach auf die katholische Kirche St. Petri, beides von außen bemerkenswerte Bauten, aber leider geschlossen.
Wir spazieren an der säkularisierten Johanniskirche vorbei, die heute insbesondere für Konzerte genutzt wird und eine großartige Akustik haben soll. Dann gehen wir hinein in die Straßen der Altstadt und treffen bald auf Otto von Guericke und eine Darstellung seiner berühmten Halbkugeln.
Der Faunbrunnen von Heinrich Apel. Foto: MZ
Nicht weit weg steht der Faunbrunnen oder Teufelsbrunnen von Heinrich Apel. Der 2020 gestorbene Magdeburger Bildhauer ist in der Stadt mit mehreren Skulpturen vertreten. Der Bronzekessel mit skurrilen Figuren lädt zum längeren Verweilen ein.
Hundertwasserhaus. Foto: Petra Kurbjuhn
Nicht weit entfernt verschlägt es uns den Atem: Das Hundertwasserhaus ist ein riesiges Gebäude und wird auch Hundertwassers Grüne Zitadelle genannt. 2005 eingeweiht beherbergt der Komplex Geschäfte, Lokale und Wohnungen und sieht von jeder Seite aus anders aus. Hier möchte man wohnen.
Das Landtagsgebäude. Foto: MZ
Gleich um die Ecke am Domplatz treffen wir auf das Gebäude des Landtages mit bürgerlich-barocker Fassade.
Der Domplatz selbst ist abgesperrt, denn hier gibt es Freilufttheater. Am 16. Juni hat das Musical „Catch me if you can” Premiere.
Ältester deutscher gotischer Dom
Der berühmte Dom, Deutschlands ältestes gotisches Gotteshaus, lädt zu einem ausführlichen Besuch ein. Die evangelische Predigtkirche des Landesbischofs ist von außen mit der Westfassade und den hochaufragenden Türmen ein beeindruckendes Bauwerk und wartet innen mit zahlreichen Kunstschätzen auf. Neben dem Grab von Kaiser Otto I. und seiner ersten Frau Editha finden Besucher Flügelaltar, Alabasterkanzel, Skulpturen, Grabplatten und vieles andere. Beeindruckend ist das von Ernst Barlach geschaffene Magdeburger Ehrenmal, den Opfern des 1. Weltkrieges gewidmet. Auch die Präsentation der Glocken im Seitenschiff ist bemerkenswert.
Fritz Cremer: Mutter Erde. Foto: MZ
Ein weiterer Höhepunkt unseres Spazierganges durch Magdeburg beginnt östlich vom Dom oberhalb des Schleinufers am Fürstenwall. Hier treffen wir auf zahlreiche Skulpturen zeitgenössischer Bildhauer. Der bekannteste ist wohl Fritz Cremer, 1993 gestorben, Vizepräsident der Akademie der Bildenden Künste der DDR. Seine Skulptur „Mutter Erde“ strahlt Ehrfurcht, Demut und Stille aus.
Sabine Grzimek: Stehende und liegende Gruppe. Foto: MZ
Wir finden aber auch Arbeiten anderer Künstler und Künstlerinnen. Die 1942 geborene Sabine Grzimek wartet mit zwei Figurengruppen auf. Die Meisterschülerin von Fritz Cremer ist insbesondere in den neuen Bundesländern auf zahlreichen Ausstellungen vertreten.
Franziska Lobeck: Der Morgen (Madonna). Foto: MZ
Franziska Lobeck hat ihre Figur „Der Morgen“ (Madonna) genannt. Die heute unter dem Namen Anna Franziska Schwarzenbach wirkende 1949 geborene Bildhauerin ist auch durch ihre Medaillen und grafischen Arbeiten bekannt geworden.
Wir sind beeindruckt von der Präsentation einheimischer Kunst im öffentlichen Raum auf diesem Weg an der Stadtmauer und am Fürstenwall oberhalb des Elbufers und wünschen ihm viele interessierte Besucher.
Campingplatz am Barleber See. Foto: MZ
Unseren Magdeburgbesuch beschließen wir auf einem idyllischen Campingplatz am Barleber See etwas außerhalb der Stadt und verknüpfen damit Kulturgenuss mit Freizeitvergnügen.
Zum Weiterlesen: Unterwegs im Osten Deutschlands