Reitmayer-Fotografie, neu interpretiert
Bei der Vernissage: Ludwig Klitzsch, Thomas Plettenberg, Daniel Glasl, Ursula Klitzsch (v.l.). Foto: Daria Kossogova
Ausstellung in Bad Wiessee
Den bisher verborgenen Schatz der Reitmayer-Fotografie macht jetzt die Klinik im Alpenpark Gästen und Besuchern zugänglich. Darüber hinaus interpretieren zwei regionale Fotografen die historischen Aufnahmen auf ihre Weise: Daniel Glasl und Thomas Plettenberg.
Anspruchsvolle Fotografie auszustellen sei schon immer ein Anliegen seines Hauses gewesen, sagt Ludwig Klitzsch, Eigentümer der Klinik im Alpenpark in Bad Wiessee. Durch einen Hinweis sei er auf die Sammlung der Reitmayerschen Fotografie aufmerksam geworden und habe sie erwerben können.
7200 Fotoplatten werden katalogisiert
Der 7200 Glasplatten umfassende Schatz stammt aus dem Fotoatelier des Herzoglich Bayerischen Hoffotografen Joseph Reitmayer und seiner Nachfolger aus den Jahren 1885 bis 1934. Mit nur 29 Jahren verunglückte Joseph Reitmaier beim Rudern auf dem Tegernsee tödlich und hinterließ Frau und zwei Töchter, erzählte Heimatforscher Beni Eisenburg bei der Eröffnung der Ausstellung. Ein Glücksfall sei es, dass die Sammlung nun der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werde.
Seine Mitarbeiterin Monika Berthold habe in mühevoller Arbeit die Platten gesichtet und begonnen zu katalogisieren, berichtet Ludwig Klitzsch. Um sie modern und frisch zu präsentieren, habe man einen Wettbewerb ausgeschrieben und regionale Fotografen dazu eingeladen.
Thomas Plettenberg: Früher und heute. Foto: Petra Kurbjuhn
Keine zündende Idee sei ihm zunächst eingefallen dem Alten etwas Neues entgegen zu setzen, gab Fotograf Thomas Plettenberg zu, schließlich sei er Natur- und kein Studiofotograf. Dann aber sei ihm klar geworden, dass die Heimat damals und heute dieselbe sei, der See, die Berge, die Feste, die Tracht. Und die Gäste in der Klinik sollten sich heimisch fühlen. Deshalb habe er sich entschieden, Bildergeschichten zu erzählen.
Heimatliche Bildergeschichten
Diese nun doch zündende Idee habe bei Ursula und Ludwig Klitzsch zu einem Aufleuchten der Augen geführt und diese Begeisterung hoffe er auch bei den Patienten zu erzeugen. In einer Suite durften sich die Gäste ein Bild des Plettenbergschen Heimatkonzepts machen.
Thomas Plettenberg: Heimatgefühl in einer Suite der Klinik. Foto: Petra Kurbjuhn
Es funktioniert, denn der Fotokünstler platzierte Reitmayer-Fotografien und eigene in unterschiedlicher Größe in unterschiedlichem Rahmen jeweils zu einem Thema. Der Betrachter ist an daheim erinnert, wo er Familienfotos ebenso platziert. Sein Blick wird vom größten Bild angezogen, und dann wandert er zu den anderen und lässt sich die Geschichte erzählen. Das kann eine Geschichte vom Platteln oder Maibaumaufstellen oder Segeln oder vom Almabtrieb sein.
Auffallend ist, dass die historischen Aufnahmen eher statisch, die modernen eher bewegt sind. Was aber gleich ist, das ist die Landschaft und das ist Leuchten in den Kinderaugen und die Heimatverbundenheit der abgelichteten Personen.
Daniel Glasl vor einem seiner Fotomosaiken. Foto: Petra Kurbjuhn
Ganz anders ist der Fotodesigner Daniel Glasl an die Aufgabe herangegangen. Eingeschüchtert von der Menge der Glasplatten sei er gewesen, erzählt er und ein Porträtfotograf sei er gewiss nicht. Er habe den Charme der Originale erhalten wollen und so habe er aus den einzelnen Bildern ein Gesamtkunstwerk als Fotomosaik entwickelt.
Er stellte beispielsweise zehn mal sieben Fotografien zusammen, änderte nichts an der Größe, legte nur Farbfilter im Sinne von PopArt darüber und lässt den Betrachter sinnieren. Wer von den Fotografierten mag ein Einheimischer sein, wer ein Staderer? Wie hat man sich damals vor der Kamera präsentiert? Wurde auch retuschiert?
Alte Fotografie als Designobjekt
Daniel Glasl beantwortete einige dieser Fragen, denn er hatte die Originalglasplatten und die Abzüge gesehen und festgestellt, dass plötzlich eine faltige Haut durch Nachbelichtung und Retusche makellos erscheint. Auch damals schon habe der Fotograf die Eitelkeit seiner Kunden bedienen müssen, deshalb meide er die Porträtfotografie wie der Teufel das Weihwasser, meinte der Fotokünstler. Mit seinem einfachen aber gelungenen Konzept hat es Glasl geschafft, alte Fotografie als Designobjekt zu präsentieren.
Zwei komplett unterschiedliche Herangehensweisen der beiden Fotografen, den Schatz der historischen Reitmayerfotografie mit modernen Mitteln neu zu interpretieren.