Robert Koch und sein grandioser Irrtum

Robert Koch und sein grandioser Irrtum in Schliersee

Michael Lichtwarck-Aschoff. Foto: Screenshot

Mit einer überaus gelungenen Lesung von Michael Lichtwarck-Aschoff setzte der Verein Schliersee liest seine Streaming-Angebote aus dem Heimatmuseum fort. Die Veranstaltung erhielt durch die musikalische Begleitung durch Komalé Akakpo am Hackbrett eine besondere Note.

Der Münchner Musiker überraschte und verzauberte das Publikum am Hackbrett mit seinem eleganten und virtuosen Spiel. Er begann mit einer Toccata von Johann Hieronymus Kapsberger, einem Barockkomponisten, ursprünglich für die Laute gesetzt.

Robert Koch und sein grandioser Irrtum
Komalé Akakpo am Hackbrett. Foto: Screenshot

In seinem Roman gehe es um Vernichtung von Heimat, begann Michael-Lichtwarck-Aschoff seinen Vortrag. So gesehen bestehe durchaus ein Spannungsfeld zwischen dem Heimatmuseum und seiner Lesung.

Diese wurde aufgrund der Initiative von KulturVision e.V. von Schliersee liest e.V. in Kooperation mit der Stadtbücherei St. Quirinus in Tegernsee organisiert. Sie wird gefördert im Rahmen von „Neustart Kultur“ der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien durch den Deutschen Literaturfonds e.V.

Frankreich, Ostafrika und New York

„Robert Kochs Affe“ besteht aus drei Teilen. Im ersten Teil startet der berühmte Seuchenarzt eine Kampagne gegen den Typhus in Frankreich, im zweiten Teil will er die Schlafkrankheit in Ostafrika besiegen und im dritten Teil geht es um das Schicksal der irischen Einwanderin Mary Mallon in New York. Jeder Teil wird aus einer anderen Perspektive erzählt. Hier finden Sie die Rezension:

Lesetipp: Robert Koch und sein grandioser Irrtum

Der Autor und Mediziner Michael Lichtwarck-Aschoff arbeitete in seinem Vortrag die wesentlichen Botschaften des Buches in einer geschickten Dramaturgie heraus. Der Mensch, und das sei bei Robert Koch der weiße Mitteleuropäer, sei ein sauberes Gefäß, erklärte er. Wenn er aber von einem Erreger befallen werde, dann müsse dieses fremde eingedrungene Wesen entfernt werden. Alles Fremde also sei unsauber.

Robert Koch und sein grandioser Irrtum
Michael Lichtwarck-Aschoff im Heimatmuseum Schliersee. Foto: Screenshot

Koch, so erklärte der Autor, habe sich ausschließlich für die Erreger interessiert, niemals aber für die Kranken, der Kranke sei für ihn nur ein Anhängsel gewesen. Das Problem der Medizin, das man auch heute noch antreffen könne, sei die Trennung von Erreger und Erkranktem. Koch habe die Auffassung vertreten, dass dort, wo der Bazillus sei, auch die Krankheit ausbreche. Den gesunden Überträger habe es seiner Auffassung nach nicht gegeben.

Robert Koch und sein Irrweg

So interessiert den Arzt Robert Koch im dritten Kapitel des Buches keineswegs das Schicksal von Mary Mallon, die als Köchin Typhus übertrug, selbst aber nicht erkrankte und 26 Jahre lang in Quarantäne leben musste. Bis zu seinem Lebensende habe Robert seinen gefährlichen Irrweg, die Trennung von Krankheit und Krankem, nicht aufgegeben, stellte Michael-Lichtwarck-Aschoff fest

Robert Koch

Musikalisch entführte Komalé Akakpo das Publikum nach New York, bevor es mit Michael Lichtwarck-Aschoff zum Hauptteil des Buches nach Ostafrika ging. Hier erforschte der Mediziner die Schlafkrankheit an Kranken, die in Lagern isoliert und mit arsenhaltigem Atoxyl behandelt, eher gequält wurden. Den Krieg, der in Ostafrika gegen die Kolonialmacht geführt wurde, erwähnt Robert Koch nicht, aber er berichtet, dass er die Schlafkrankheit besiegt habe und sich nunmehr für die Reise nach Stockholm zur Entgegennahme des Nobelpreises bereit mache.

Komalé Akakpo am Hackbrett

Mit einer lebhaften Eigenkomposition beendete Komalé Akakpo die gut besuchte gelungene Veranstaltung. Nach Birgit Lutz, Axel Hacke, Arno Strobel und Martin Carlsow war Michael Lichtwarck-Aschoff der fünfte Schriftsteller, der „Lesezauber ins Wohnzimmer“ brachte.

Wir stellten Schliersee liest e.V. in der 35. Ausgabe der KulturBegegnungen vor und berichteten über das Engagement der Vereinsmitglieder mit Christoph und Beatrix Seidenfus, Patrick Edler von Hoessle von der Bücheroase, Büchereileiterin Gabriele Dressel, Sabine Adolph vom Michaelisbund der Erzdiözese, Grafikerin Renate Holzmeier sowie dem Leiter des Kuramts Mathias Schrön um nachhaltige Leseförderung.


Gründungsteam von Schliersee liest e.V. Foto: privat

Lesetipp: Schliersee liest e.V. in der 35. Ausgabe der KulturBegegnungen, Seite 12

Viele ihrer kreativen Ideen mussten in Coronazeiten aufgeschoben werden. Aber für Oktober 2021 plant das Organisationsteam in Zusammenarbeit mit dem Schlierseer Kulturherbst unter der Leitung von Johannes Wegmann ein Highlight. So sind beispielsweise Lesungen mit bekannten Sportlern aus dem Landkreis vorgesehen. Die Macher von Schliersee liest denken daran, lokale Sportlerinnen und Sportler wie Vanessa Hinz, Markus Wasmeier oder Thomas Müller einzuladen, die über ihre Leseleidenschaft berichten oder vielleicht Felix Neureuther nach Schliersee zu lotsen, der selbst schon zwei Kinderbücher geschrieben hat.

Und Lesungen aus dem Heimatmuseum sind hoffentlich auch wieder live möglich.

Michael Lichtwarck-Aschoff „Robert Kochs Affe“ S. Hirzel Verlag Stuttgart, März 2021

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