Schlossbergler Valley

Striptease und kaputte Scheinwerfer

Highlight: Wolfgang Neuner beim Striptease. Foto: Petra Kurbjuhn

Theater in Valley

Mit schauspielerischer Professionalität und gekonnter Inszenierung bringen die Schlossbergler Valley einen Karl Valentin Abend unter dem Titel „Die Zukunft war früher auch besser!“ auf die Bühne des Trachtenheims. Als Ersatz, der kein Ersatz ist, mit Sensibilität für das Zeitgeschehen.

Eigentlich, so schreibt Regisseur Sepp Flossmann im Programmheft, habe man bereits 2021 das Stück „Zwölfeläuten“ von Heinz Rudolf Unger aufführen wollen und zweimal verschieben müssen. Jetzt aber habe man entschieden, dieses Stück wegen des Krieges in der Ukraine nicht auf die Bühne zu bringen. Es sei zu nahe an den realen Ereignissen und was einst humorvoll gemeint sei, das sei heute bitterer Ernst. Das gegenwärtige Zeitgeschehen habe auch zum Zitat von Karl Valentin geführt, das als Motto über dem Theaterabend steht: „Früher war die Zukunft auch besser!“

Sepp Flossmann bietet Theater vom Feinsten

Auch wenn das ein eher pessimistisches Motto ist, so bescherte doch die Theatergruppe der Schlossbergler Valley dem Publikum einen humorvollen Abend. Gut, Karl Valentin bürgt mit seinem schrägen Humor und Wortverdrehungen für Erfolg. Aber was die 12 Schauspielerinnen und Schauspieler unter der Leitung von Sepp Flossmann boten, das war Theater vom Feinsten.

Schlossbergler Valley
Markus Kienbacher und Helena Epp in „In der Apotheke“. Foto: Petra Kurbjuhn

Markus Kienbacher spielt den Kunden in „In der Apotheke“ exakt so, wie man sich den Valentin vorstellt, gebückte Haltung und ernsthafte Verkündung irrwitziger Ideen, etwa, dass ein sechsmonatiger Säugling, wenn er schon nicht sprechen könne, dann doch wenigstens deuten, wo es ihm weh tue.

Helena Epp als Apothekerin und Ballerina

Helena Epp gelingt es absolut mühelos, das berühmte Arzneimittel Isopropyl-profimil-barbitursaures-phenyl-dementhyl-amino-phyrazolon gleich mehrmals hintereinander auszusprechen, ohne zu stolpern. Sie ist aber auch in „Der verflixte Scheinwerfer“ eine zauberhafte tanzende, allerdings etwas blasierte Ballerina.

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Wolfgang Neuner, Gabi Neuner und Sepp Dittmeyer (v.l.) in „Der Firmling“. Foto: Petra Kurbjuhn

Großartig vollführt Sepp Dittmayer in „Der Firmling“ den langsamen, dafür stetigen Weg in die Volltrunkenheit. Schauspielerisch und körperlich eine Glanzleistung, wie er nicht nur einen Dauermonolog führt, die Einrichtung des noblen Lokals demoliert, sondern auch am Boden kriechend sich vergeblich bemüht wieder aufzustehen.

Wolfgang Neuner als Kellner und Großmutter

Ihm zur Seite Gabi Neuner als Firmling, köstlich hilflos, naiv und nach der ersten Zigarre in denkbar schlechtestem Zustand. Als näselnder Kellner mit österreichischem Akzent und hochnäsigem Gesichtsausdruck kann hier Wolfgang Neuner seine Schauspielkunst beweisen.

Allerdings toppt er dies noch im letzten Stück „Im Photoatelier“. Hier reißt er das Publikum zu Begeisterungsstürmen hin, als er als Großmutter einen lasziven Striptease hinlegt, naja, nicht ganz, nach den Strümpfen ist Schluss.


Sepp Weindl als „Buchbinder Wanninger“. Foto: Petra Kurbjuhn

Aber auch Sepp Weindl überzeugt als Buchbinder Wanninger in dem bekannten Sketch, der zeitlos aktuell ist. Wenigstens hat er noch echte Personen am Telefon, heute würde man in ewigen Warteschleifen mit synthetischen Stimmen landen. Er aber spielt die wachsende Verzweiflung des armen Mannes, der seine fertigen Bücher nicht an den Mann bringen kann, authentisch. Und als Scharfrichter zeigt er eine ganz andere Seite seines Könnens.


Helena Epp, Martina Hechenthaler, Sepp Hechenthaler und Ulrich Frey in „Der verflixte Scheinwerfer“. Foto: Petra Kurbjuhn

Mit seiner spitzen Nase, seiner betonten Langsamkeit und seinem bewussten Nichtverstehenwollen ist auch Sepp Hechenthaler in „Der verflixte Scheinwerfer“ ein typischer Karl Valentin. Martina Hechenthaler spielt den in der Nase bohrenden, ständig ihren Lehrmeister in seiner Unbeholfenheit imitierenden Lehrbub köstlich. Ulrich Frey als Direktor verzweifelt nachgerade an den beiden, die nur dann einen funktionierenden Scheinwerfer zustande bringen, wenn sie ihn nicht reparieren.


Markus Kienbacher, Helena Epp, Jakob Hechenthaler und Franz Groebmeyer in „Im Photoatelier“. Foto: Petra Kurbjuhn

Auch Franz Lechner als Meister „Im Photoatelier“ ist mit seinem Personal, das alle fünfe gerade sein lässt, wenn er das Atelier verlässt, nicht so ganz glücklich. Markus Kienbacher und Franz Gröbmeyer wäre es lieber, wenn keine Kunden kämen. Ja, die Jugend von heute. Hier hat der Regisseur einen extra Lacher für Insider eingefügt, denn Gehilfe und Lehrling empfehlen den Kunden doch besser zur Meisl Ramona zum Fotografieren zu gehen.

Aber es hilft nichts, sie müssen die Oma mit Kind, den Scharfrichter und zum Schluss noch ein Brautpaar ablichten. Bei letzterem, gespielt von Helena Epp und Jakob Hechenthaler, werden sie vor ein massives Problem gestellt, denn der Bräutigam ist einfach zu groß. Sie kommen auf mehrere Ideen, diese Situation zu meistern.

Schlossbergler Valley
Theaterguppe der Schlossbergler Valley mit Regisseur Sepp Flossmann (Mitte). Foto: Petra Kurbjuhn

Der Theaterabend lebt in erster Linie von Regie und Schauspielkunst, aber auch von der Maske und Frisuren (Bernadette Weber), Beleuchtung (Andreas Weindl), Technik (Alois Keppeler) und Heft und Plakat (Wolfgang Neuner). Erfrischend auch, dass zwischen den Szenen originale Lieder von Karl Valentin und Liesl Karlstadt eingespielt werden.

Für diese Veranstaltungen der Schlossbergler Valley gibt es noch Karten: Freitag, 20.01.2023 um 20.00 Uhr, Sonntag, 22.01.2023 um 13.30 Uhr und Sonntag, 05.02.2023 um 19.00 Uhr. Aufgrund der großen Nachfrage, so informierte Sepp Flossmann, habe man noch zwei Zusatzveranstaltungen am Donnerstag, 02.02.2023 um 19.30 Uhr und Donnerstag, 09.02.2023 um 19.30 Uhr angehängt. Kartenvorbestellungen unter 08024/2484.

Zum Weiterlesen: Schlossbergler Valley im „Unterholz“

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