Schreibwerkstatt

Die Macht der leisen Worte gibt Gefühlen Raum

Selina Benda (M.), Mitorganisatorin der Aktionswoche Angst und Hoffnung und Leiterin der Schreibwerkstatt, begrüßt die Gäste der Abschlussveranstaltung. Foto: Martina Fischer

Lesung in Miesbach

Gerade die leisen Worte sind oft mächtiger. Das zeigte die Lesung der Schreibwerkstatt von KulturVision, mit der die Themenwoche „Angst und Hoffnung“ ihren Abschluss fand. Die fünf Autorinnen Selina Benda, Silvia Cichon-Brandmaier, Isabella Krobisch, Doreen Lindpaintner-Heynen und Christine Rummel beeindruckten durch eindringliche Leseproben ihres Schaffens. Dabei spannten sie einen Bogen von der Angst hin zur Hoffnung.

Wir sind nicht allein

Sanfte Beleuchtung und John Lennons „Imagine“ mit ruhigen Gitarrenklängen von Chris Zimmermann und heller Stimme von Clara Michel ließen gleich erkennen, dass dies ein Abend mit viel Gefühl und Tiefgang werden würde. Die Lesung der Schreibwerkstatt stellte den Abschluss der Aktionswoche Angst und Hoffnung dar, die von KulturVision und der Miesbacher Stadtbücherei veranstaltet wurde. Und die Woche ist gut verlaufen, wie Mitorganisatorin Selina Benda von KulturVision empfand. Sehr interessant sei sie gewesen, habe ein vielfältiges Programm geboten. „Man merkt, dass es den Menschen schwer fällt, über ihre Gefühle zu sprechen,“ zog sie ein Resümee. „Aber wenn man den Mut hat, das Vertrauen, zu sprechen, verspürt man Erleichterung. Und ebenfalls wurde klar: wir sind nicht allein.“ Ein durchaus positives Fazit.

Schreibwerkstatt stellt Schaffen vor

Der Schreibwerkstatt, die schon solange wie KulturVision selbst – also seit 20 Jahren – besteht, gehören sieben Autorinnen und ein Autor als „harter Kern“ an. Sie treffen sich etwa alle acht Wochen. Aber nicht zum schreiben, wie Schreibwerkstatt-Leiterin Benda erklärt, sondern eben zum Austausch, zum lesen, zum reden. Und an diesem Abend im „Bunten Haus“ der evangelischen Kirchengemeinde stellten Schreibwerkstatt-Autorinnen ihr Schaffen vor.“Wir wünschen Ihnen viel Spaß, einen schönen inspirierenden Abend mit hoffentlich vielen Impulsen,“ waren die Besucher zum Genuss der Lesung eingeladen.

Die Angst leitet den Abend ein

Schreibwerkstatt
Mit dem Thema Angst beschäftigten sich eingangs die Autorinnen (v. l.) Isabella Krobisch, Christine Rummel und Selina Benda. Foto: Martina Fischer

Nach dem überleitenden, einfühlend intonierten „Why worry“ der Dire Straits war zuerst die Angst das beherrschende Thema der Lesestücke. Etwa die Angst, wenn alle Lichter im Haus erloschen sind, alles still ist, die Isabella Krobisch in wenigen Worten, pointiert und emotional nachhallend beschrieb. Oder die Angst eines jungen Mädchens, die Gedanken, die ihr beim Galopp auf einem Pferd durch den Kopf schießen, die Vorwegnahme eines möglichen schrecklichen Geschehens, wie sie Christine Rummel in einem Auszug aus ihrem zweiten Jugendbuch „Rückkehr nach Rogenau“ darbot. Intensiv geriet ihre Beschreibung, wie ein Crescendo der überbordenden Gefühle und Gedanken. Eindringliche Bilder des innerlichen Empfindens erzeugte auch Benda mit ihrem Stück „Nebel“, einem Kampf zwischen Körper und Seele.

Doch es erwächst auch die Hoffnung


Hoffnung ließen (v. r.) Doreen Lindpaintner-Heynen und Silvia Cichon-Brandmaier mit ihrer Lyrik aufkeimen. Foto: Martina Fischer

Das Gegengewicht zur Angst stellt die Hoffnung dar. Ihr wurde als großer Kraft menschlichen Fühlens an diesem Abend selbstverständlich viel Raum gegeben. Eine sanfte, märchenhafte, fast schon surreale Geschichte widmete ihr Silvia Cichon-Brandmaier mit „Das Geschäft“. In dem kann man die Hoffnung selbst erwerben, im Tauschhandel. Man bekommt sie, soll aber auch etwas von ihr zurückgeben, wenn sie gewachsen ist. Ein Mysterium der Hoffnung. Werden und Vergehen stellte Doreen Lindpaintner-Heynen in den Mittelpunkt. „Die Reise des Lebens“ bestach durch erhebende Naturbetrachtung, sensibel und dem Geheimnis der Existenz gewidmet. Die Natur sahen auch Krobisch und Benda als Quelle der Hoffnung, voller Ehrfurcht und Freude. Erstere in demütiger Dankbarkeit für die Ernte, letztere begeistert von der Schönheit tanzender Glühwürmchen. Doch Angst kann immer einmal aufkeimen, wie die Dramaturgie der Lesung bei „Begegnungen“ von Lindpaintner-Heynen aufzeigte, mit einer beklemmenden Vision verstorbener Familienmitglieder. Dies war jedoch – nur ein beängstigender Traum.

Ein heiteres Ende zaubert ein Lächeln

Ein für Schreibende wichtiges Szenario formulierte Isabella Krobisch: die Angst, dass die Wörter ausgehen könnten. Und die Hoffnung, dass „sie sich in Spinnweben an der Decke verfangen, leicht zu pflücken sind.“ Diesen heiteren Faden nahm als Schlussakkord das Lesegespräch aller Autorinnen auf, ein anregendes Sinnieren über Ängste um vier Uhr morgens, durch die Autoren geboren werden. Über Träume, die man zu Geschichten machen könnte, aber auch über die Problematiken, dann eher skurriler Ideen und das Verwechseln aller Buchstaben. So fand der Lesungsabend ein lächelndes Ende. Unterstützt vom Musizierenden-Duo Michel und Zimmermann, die Teil der Band Cosmic Phonecall sind. Sie überzeugten mit sensibler Auswahl der Lieder und deren mitreißender Interpretation, unter anderem mit dem hoffnungsvollen „Somewhere over the Rainbow“ und „Lean on me“ als Einladung der Unterstützung. Angeregte Gespräche bei Getränken und Häppchen bildeten den Abschluss eines Abends mit viel Atmosphäre.


Clara Michel und Chris Zimmermann von Cosmic Phonecall überzeugten musikalisch. Foto: Martina Fischer

Zum Weiterlesen: Angst und Hoffnung

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