Hospiz-Gemeinschaft

Die Kunst der Selbstsorge

Im Domicilium Weyarn. Foto: privat

Seminar in Weyarn

Im 3. Seminar der Reihe „Innehalten: Philosophische Reflexionen für Frauen mit pflegebedürftigen und sterbenden Angehörigen“ von Gerda-Marie Adenau und Anja Gild in Weyarn ging es um das persönliche Wachstum im Da-sein für die Anderen.

Frauen, die Angehörige pflegen sind oft am Limit ihrer Kräfte. Für sie ist das neue dreiteilige Angebot gedacht, in dem ein Raum für Gedanken, Sorgen und Hoffnungen in dieser Lebensphase geöffnet wird, wo ein Austausch mit anderen Frauen in ähnlichen Lebenslagen ermöglicht und unterstützende Resonanz gegeben wird.

Zur Premiere im Domicilium Weyarn fanden sich mehrere Frauen ein, die dankbar, gestärkt und beflügelt auseinandergingen. In dem zweistündigen Workshop ging es um die Balance zwischen Verantwortung, Verpflichtung und Freiheit.

Akupunktur der Seele

Impulse, Erfahrungen und Körperübungen waren wie eine Akupunktur der Seele, ein Zurechtrücken der Situation, der Gefühle und Gedanken.

Die Teilnehmerinnen reflektierten in der ersten Runde, was sie in ihrer täglichen Arbeit nährt, was das Hamsterrad anhält und was Energie gibt. Sehr unterschiedliche Dinge waren es, die einen brauchten Stille, die anderen Bewegung, Natur, Kultur, der Spaziergang mit dem Hund oder Begegnung mit anderen Menschen, sowie kreative, schöpferische Arbeit.

Die goldene Kammer

Anhand einer Erzählung brachte Gerda-Marie Adenau das Konzept der inneren goldenen Kammer zum Tragen. Die philosophische Beraterin berichtete von einem Besuch bei dem Bildhauer Hendrik Hackl, bei dem sie eine Wandskulptur besonders fesselte. Sie sei von der schneckenhaften Form der Ammoniten abgeleitet und angelehnt an die im Labyrinth einer Pyramide versteckten Grabkammer eines Pharaos. Die Spirale symbolisiere das Labyrinth und nur ein Weg führe zur goldenen Kammer, während die braunen Kammern Enttäuschungen, Sorgen, Misserfolge beinhalten.

Selbstsorge
Die goldene Kammer aus dem Booklet von Hendrik Hackl. Foto: MZ

In der Übung reflektierte jede Teilnehmerin, wo der Ort ist, an dem man Kraft tankt und welche Schätze in der eigenen goldenen Kammer verborgen liegen. Die einen haben einen geografischen Kraftort, andere erzählten von Sammlungen in ihrem Inneren, die ihnen andere gegeben haben und aus denen sie wieder zurückgeben können.

Aber auch über die braunen Kammern wurde gesprochen, in denen Vorwürfe, schlechtes Gewissen gelagert sind.

Was der Selbstsorge dient

Im nächsten Schritt ging es um die Frage, was die Pflegesituation an persönlichem Wachstum bereithalte, Kraft gebe und der Selbstsorge diene. Auch hier waren die Erfahrungen sehr unterschiedlich. Die einen sprachen von Dankbarkeit, auch über den Tod hinaus, andere sprachen von unkonventionellen Wegen und Humor, die ausprobiert wurden.

Anja Gild betonte, dass es ein wesentlicher Aspekt sei, die Würde des zu Pflegenden oder sogar des Verstorbenen zu erhalten. In letzterem Fall dadurch, dass der Hinterbliebene sein Leben nicht aufgebe, sondern versuche im Sinne des Verstorbenen zu gestalten. „Die Würde ist ein teil des inneren Konzepts“, sagte sie.

Würde erhalten

Man müsse aber Grenzen setzen, um die eigene Würde zu behalten, fügte eine Teilnehmerin hinzu, das Verhältnis Nähe und Distanz sei in der Pflege wichtig. Und man dürfe auch Pflichten an neutrale Personen abgeben, ein Netzwerk aufbauen.

Gerda Marie Adenau fasste zusammen: Mut haben, Neues auszuprobieren, auch mit Humor, auf eigene Kreativität schauen und sehen was passiert, die eigene Lebensqualität erhalten und tun, was Spaß macht, Grenzen ziehen und die Würde des anderen sowie die eigene erhalten, das seien die Aspekte, die die Räume der Möglichkeiten öffnen.

Mit einer befreienden Körperübung ging das Seminar zu Ende, das ein Lächeln auf die Gesichter der Teilnehmerinnen zauberte.

Die Reihe „Innehalten“ von Gerda-Marie Adenau und Anja Gild wird wiederholt. Informationen finden Sie auf der Webseite.

Zum Weiterlesen: „Wünsche und Ängste – Fragen am Lebensende“

Gefällt Ihnen dieser Beitrag? Bitte besuchen Sie uns auf