Die Lebensader eines Kulturzentrums
Sibylle Kobus und Haustechniker Florian Heiß. Foto: Isabella Krobisch
Kunstinstallation von Sibylle Kobus und Andi Simon in Miesbach
Die Bildhauerin sitzt selbstvergessen an ihrer Nähmaschine in der Lüftungszentrale des Waitzinger Kellers. Was treibt sie an, in so unwirtlicher Umgebung einen neuen Zauberstab zu schwingen?
Sibylle Kobus ist im Landkreis Miesbach keine Unbekannte. Als Gründungsmitglied von Kunstdünger hat sie mit ihren Installationen sowohl das Sudhaus der Graf Arco Brauerei in Valley als auch den Skulpturenpark nähe der Anderlmühle an der Mangfall in bizarre Erlebnisräume verwandelt. Die Künstlerin fühlt sich dann inspiriert, „wenn es um Räume geht, die nicht gerade sind und eine eigene Ausstrahlung haben“. Magisch angezogen von einem neuentdeckten Ort, spielt Zeit für sie keine Rolle mehr. Wie sie in den vergangenen Wochen bei spärlichem Licht selbstvergessen an ihrer Nähmaschine saß und Stunde um Stunde nähte, hätte sie einem meditativen Gemälde aus der Biedermeierzeit entsprungen sein können.
Installation von Sibylle Kobus im Lüftungskeller. Foto: Isabella Krobisch
Sibylle Kobus operiert hier in Miesbach nur mit einem Werkstoff. Damenstrumpfhosen. In rauen Mengen. Für den Betrachter ist es ein Rätsel, welche Zusammenhänge sie darin sieht, wie sie ihre Verbindungen knüpft. Sie allein versteht das Netz zu weben.
Hauptberuflich ist Sibylle Kobus in der Bildhauerwerkstatt des Deutschen Museums tätig, dort geht es um klare Aufträge und um handwerklichen Fähigkeiten. In den Objekten, die in ihrer Freizeit entstehen, ist sie ganz Künstlerin.
Das Zwerchfell als Muskel der Inspiration
Im ausgehenden Sommer des Jahres 2017 widmet sich die ausgebildete Holzbildhauerin einem Kellerraum, der von glatten, silbrigen Einbauten bestimmt wird und eine monströse Lüftungsanlage birgt. „Als die Lüftung auf vollen Touren lief, wurde mir bewusst, dass dies die große Lunge des Waitzinger Kellers ist. Eine Art Zwerchfell, das für mich zum Muskel der Inspiration wurde.“ Und nun hat Sibylle Kobus dieses Zwerchfell mit ihrem Strumpfhosengewebe nachempfunden. Hautartig, zellenartig und genauso so organisch wie ein Zwerchfell.
Sibylle Kobus und Andi Simon. Foto: Isabella Krobisch
Unterstützt wird Sibylle Kobus von ihrem Partner Andi Simon. Der gelernte Veranstaltungstechniker kam auf die Idee, das „Zwerchfell“ durch kleine Motoren in Bewegung zu setzen und die Installation zu hinterleuchten.
So ist beiden Künstlern die Lüftungszentrale des Waitzinger Kellers, in dem sie sehr viel Zeit verbrachten, oft auch nach Schließung des Hauses, in den vergangenen Wochen immer mehr zum Inspirationsort geworden. „Das Vertrauen, an diesem sensiblen Bereich des Hauses alleine agieren zu dürfen“ hat sie immer wieder ins Miesbacher Kulturzentrum gezogen und auf neue Ideen gebracht. „Schade, dass der Besucher nicht wie wir alle Bereich betreten darf, denn man könnte hier noch viel Kunst platzieren.“