Mit „Single bells“ nach Loiderding
Jo (Sepp Kröll) zwischen zwei Frauen: Luise (Regina Gruber) und Omama (Resi Krause), Sohn Gregor (Markus Kröll) schaut gelangweilt zu. Foto: Petra Kurbjuhn
Selten so herzlich gelacht. Mit seinem aktuellen Stück “Single Bells“ ist Sepp Grundbacher mit seinem Irschenberger Theater ein Geniestreich geglückt. Er inszenierte den Kultfilm auf der offenen Bühne beim Wirt in Loiderding zum Brüllen komisch und hintersinnig gleichermaßen.
Im fünften Jahr ist jetzt die neu gegründete Theatergruppe beim Wirt in Loiderding zuhause. Mit Rudolf Pikolas „Der werfe den ersten Stein“ und Felix Mitterers „Krach im Hause Gott“ brachte das Ensemble mit Spielleiter Sepp Grundbacher ernste und tiefgründige Stücke erfolgreich auf die Bühne.
„Märzengrund“ und „Judas“
„Märzengrund“ im Freilichttheater in Irschenberg war ein Höhepunkt des Schaffens und in „Judas“ stand der Regisseur selbst im Einpersonenstück auf der Bühne des Waitzinger Kellers.
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Das war nicht mehr zu toppen. Deshalb war die Entscheidung, heuer nach Loiderding mit einem heiteren Stück zurückzukehren, vortrefflich und von großem Erfolg gekrönt.
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Das Stück von Ulrike Schwarzenberger wurde als Film „Single bells“ bekannt, Erich Sitz schuf die Bühnenfassung. Ein leichtes Vorhaben also war es nicht, einen Kultfilm mit so bekannten Schauspielern wie Martina Gedeck, Johann von Koczian und Erwin Steinhauer zu adaptieren.
Das Ensemble Irschenberger Theater. Foto: Petra Kurbjuhn
Aber Sepp Grundbacher kann seinen Mitwirkenden vertrauen. Sie alle meisterten ihre Rollen bravorös. Mit permanentem Szenenapplaus wurde Resi Krause als Omama bedacht, die die jammernde Mutter von Jo so herzergreifend echt spielt, dass mein Nachbar mir zuflüsterte: „Eine Wiedergeburt von Evelyn Hamann“.
Omama nervt
In der Kittelschürze und mit Kaltwellenlocken agiert sie übergriffig in der Küche, erzählt jedem, wie schlecht es ihr ergangen ist und nervt einfach nur.
Gegensätzlicher können die Omas nicht sein: Anna Schmidt und Resi Krause. Foto: Petra Kurbjuhn
Insbesondere natürlich Schwiegertochter Luise, von Regina Gruber glaubwürdig in Szene gesetzt. Ein bisschen überfordert durch den normalen Weihnachtsstress (und die Schwiegermutter), zu dem aber noch einige Überraschungen ins Haus stehen. Jede Hausfrau fühlt sich angesprochen, kann die Hysterie nachvollziehen und letztlich den Griff zur Flasche.
Genervt von Omama ist Luise (Regina Gruber). Foto: Petra Kurbjuhn
Köstlich sind die beiden Teenager: Markus Gröll als Sohn Gregor, der nie ohne Kopfhörer und Baseballkappe auftaucht, eigentlich nur am Sofa flackt und herrlich genervt schaut, wenn er mal etwas tun soll. Tochter Sissi wird von Antonia Gruber noch etwas kindlich aber auch schon im Übergang zum Teenie gespielt.
Antonia Gruber ist Sissy. Foto: Petra Kurbjuhn
Einen Ruhepol in das Chaos des 23. und 24. Dezember bringt Vater Jo. Der Arme steht zwischen Omama und Ehefrau, Sepp Kröll kann die typische Haltung des Mauerns solcher Männer sehr gut herausarbeiten. Der Erfolg des Stückes beruht darauf, dass überzeichnet zwar, doch das Publikum sich in den Dialogen wiederfindet.
Pointen punktgenau gesetzt
Sepp Grundbacher versteht es, die Pointen so punktgenau zu setzen, dass sich das Publikum vor Lachen biegt. Zudem hat er passend zum Raum, witzige Regieeinfälle umgesetzt. Das Publikum erhält Fichtenzweige in die Hand gedrückt und darf den Wald markieren, in dem Jo mit Omama den Baum schlagen will.
Das Publikum darf den Wald spielen. Foto: Petra Kurbjuhn
Auch die Vorgeschichte platziert er geschickt in den Zuschauerraum. Kathi will ihren Jonas heiraten, setzt ihrem Lebensgefährten die Pistole auf die Brust und verliert.
Unterschiedliche Lebensplanung
Katharina Grundbacher spielt die von ihrem „familienfeindlichen und karrieregeilen Doktor“ tief enttäuschte junge Frau selbstbewusst, lässt ihn allein nach Mauritius fliegen und fährt zu ihrer Schwester Luise. Andreas Nirschl als Jonas ist keineswegs unsympathisch, vertritt eben nur eine andere Lebensplanung.
So geht’s los: Kathi (Katharina Grundbacher) und Jonas (Andreas Nirschl). Foto: Petra Kurbjuhn
Zu guter Letzt taucht noch Lillibeth, die Mutter der beiden Schwestern, uneingeladen zur familiären Weihnachtsfeier auf und macht in ihrer exaltierten Art das Chaos komplett. Anna Schmidt, fein gestylt im Nerz, zum Frühstück allerdings mit Lockenwickler, ist das ideale Gegenstück zu Omama in der Kittelschürze.
Köstlicher Spiegel
Und so nimmt also die Geschichte ihren Lauf. Der Untertitel „Weihnachten is nix für schwache Nerven“ zeigt den alljährlichen Wahnsinn, der sich hinter den Türen so mancher Familienidylle abspielt und den so mancher gut aus Erfahrung kennt. Ein köstlicher Spiegel, der gerade zu rechter Zeit vorgehalten wird, um es hoffentlich dieses Jahr besser zu machen.
Professionell gespielt und inszeniert
Ein Geniestreich also von Sepp Grundbacher und seiner Theatergruppe, professionell gespielt und inszeniert, alle Mitwirkenden sind perfekt besetzt und arbeiten ihre Charaktere hinreißend komisch heraus.