S’Klinglputzn oder S’Malheur mit der Obrigkeit
Die großen Drei: Hanno Sollacher, Horst Nebauer und Flo Rian Bauer. Foto: Andreas Vogt
Volkstheater in Tegernsee
Lachen ist gesund. Wer wieder einmal einen Abend lachend verbringen möchte, sollte die Premiere des Stückes „S’Klinglputzn“ vom Tegernseer Volkstheater heute nicht versäumen. Die öffentliche Generalprobe im Ludwig-Thoma-Saal wurde allerdings ganz und gar nicht verpatzt.
Für alle Nicht-Bayern: „Klinglputzn“ nennt man in Bayern den Spaß, den sich Kinder machen, wenn sie bei Häusern die Klingeln läuten und dann davonlaufen. Im Falle des brandneuen Stückes des Tegernseer Volkstheaters sind allerdings nicht Kinder, sondern Geister am Werk und verwirren mit ihrer Klingelläuterei die Bewohner eines bayrischen Dorfes. Einer von ihnen tritt dort seinen Urlaub an, der zweite ist auf der Durchreise, während der dritte auf Order von oben wartet, auf seine Chance, der Verbannung zu entgehen. Er erhält sie, indem er dafür sorgen muss, dass die sympathische Wirtin der „Kaffeealm“ (Barbara Kutzer) ein wichtiges Dokument nicht unterschreibt.
Was das Tegernseer Tal bewegt
„S’Malheur mit der Obrigkeit“ lautet der Untertitel des neuen Stückes, bei dessen Erwähnung Andreas Kern, Autor desselben, lächelt. Ist es doch das Thema, das sich durch so viele aus seiner Feder stammenden Stücke zieht. Genauso wie er jedes Jahr Problematiken auf die Schaufel nimmt, die das Tegernseer Tal bewegen. Diesmal ist das brisante Dokument, das die Wirtin Luise (Barbara Kutzer) auf keinen Fall unterschreiben sollte, das, in dem sie ihren Grund abgibt und auch noch ihr Lokal loswird. Die Initiative zur Bewahrung des Marktplatzes soll ausgebootet werden, ihre Wirtschaft einem Nachtlokal für Reiche mit dem Namen „Bussy Baby“ weichen.
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Geist Valentin (Flo Rian Bauer) auf Tuchfüllung mit der Oberfee (Ricarda Gutwein). Foto: Andreas Vogt
Geister rocken den Ludwig-Thoma-Saal
Ohne Geister funktioniert das in einer eher geistlosen Zeit allerdings nicht. So haben Valentin, Josef und Ferdinand alle Hände voll zu tun. Während das Stück eher langsam anläuft, kommen die drei Geister, die aus verschiedenen Epochen stammen, mit der Zeit in Fahrt. Hanno Sollacher als Josef rockt das Publikum und ist auch als Geist noch genauso verwegen wie in seinem wilden Leben, genauso wie Ferdinand (Horst Nebauer), der abgehobene, liebenswerte Feingeist bleibt, der er auch als Hofkomponist schon war. In ihrer Mitte brilliert Flo Rian Bauer als Valentin, ein Feuerwerk an Emotionen und inbrünstiger Schauspielkunst.
Wäre die Angst vor Strafe nicht …
Die drei Geister drohen, so richtig außer Rand und Band zu geraten, in dem sie sich gegenseitig hochschaukeln und nicht nur beim „Klinglputzn“ ihren Spaß haben. So wird der junge Ober Lenz (Felix Thörl) drangsaliert, bis er mit Brummkopf und dem Gesicht voller Pflaster über die Bühne torkelt. Das Publikum amüsiert sich königlich, wohlwissend, dass wohl alle Menschen über die Stränge schlagen würden, wäre da die Angst vor Strafe nicht. Doch auch für die übermütigen Geister existiert die Obrigkeit in Form von Patrizia, der Oberfee (Ricarda Gutwein) von der sie wie Marionetten über die Bühne gefegt werden und der Dorfpolizistin Gerti (Christina Kern), die mit Herz nach dem Rechten sieht.
Dorfpolizistin Gerti (Christina Kern) sorgt für Ordnung. Foto: Andreas Vogt
Körper und Absichten prallen aufeinander
Andreas Kern, diesmal in einer Nebenrolle als Gemeinderat Clemens zu sehen, setzt alles daran, seine Vorstellung eines Vorzeigeortes, attraktiv für Reiche, umzusetzen. Damit dann doch noch alles gut ausgeht, braucht es die Hilfe von Magie, die für reichlich Dynamik auf der Bühne sorgt. Wortspiele fliegen durch die Luft, Körper und Absichten prallen ungebremst aufeinander, menschliche Schwächen werden kaschiert, entblößt und reiben sich aneinander, bis sie sich vor dem schallenden Gelächter des Publikums in Wohlgefallen auflösen.
Das Tegernseer Volkstheater am Ende der geglückten Vorpremiere von „S’Klinglputzn“
Heute Abend Premiere von „S’Klinglputzn“
Keineswegs ist sie also daneben gegangen, die öffentliche Generalprobe. Trotzdem besteht kein Zweifel, dass die Premiere heute das Publikum hervorragend unterhalten wird. „S’Klinglputzn- oder S’Malheur mit der Obrigkeit“ ist ein wahres Volksstück. Mit elegant einfachem Bühnenbild, ganz nah dran an dem, was die Menschen bewegt, intelligent inszeniert und hinreißend komisch interpretiert.