Gemeinsam Gemüse anbauen
Er zeigt, wie es geht: Sebastian Girmann von Biotop Oberland. Foto: Petra Kurbjuhn
Diskussionsabend in Holzkirchen
Ist eine solidarische Landwirtschaft auch in Holzkirchen möglich? Diese Frage brachte zahlreiche Interessierte ganz unterschiedlicher Couleur im Grünen Zentrum zusammen, die nach einem informativen Abend mit einem greifbaren Ergebnis nach Hause gehen konnten.
Der Strukturwandel in der Landwirtschaft erfordere, über neue Möglichkeiten der Bewirtschaftung nachzudenken, führte Rüdiger Obermeier vom Grünen Zentrum in das Thema ein. Er befürchte, dass viele Landwirte ihre Höfe aufgeben müssen, es dadurch zu Schlafdörfern komme, in denen die Vereine wie Feuerwehr und Brauchtum ebenso einschlafen.
Rüdiger Obermeier vom Grünen Zentrum Holzkirchen. Foto: Petra Kurbjuhn
Mit welchen Erwartungen die Zuhörer gekommen seien, fragten Martin Sappl vom Horthof in Roggersdorf und Pfarrvikar Hannes Schißler, die in die Grundlagen der solidarischen Landwirtschaft einführten. Wie man Solawi ortsnah realisieren und das Zusammenwachsen von Verbraucher und Erzeuger fördern könne, waren die Antworten.
Verbraucher und Erzeuger kooperieren
Solawi, so war zu erfahren, sei eine Form von Vertragslandwirtschaft, bei der der Verbraucher mit einem Partnerlandwirt kooperiere. Dabei verpflichte sich der Verbraucher zu einer Abnahmegarantie und erhalte damit Einfluss in die Produktion, die zumeist ökologisch erfolge.
Hannes Schißler und Martin Sappl berichteten über die Grundlagen von Solawi. Foto: Petra Kurbjuhn
Als Formen komme insbesondere die Genossenschaft, aber auch der Verein oder eine Beteiligungsform, beispielsweise als Genussscheine in Frage. Gründe für die neue Form der Landwirtschaft, so die beiden Referenten, seien negative Entwicklungen, wie Mineralstoffverlust im Boden, Spritzmitteleinsatz, Verringerung der Artenvielfalt und der hohe Treibhausgasausstoß in der Landwirtschaft. Der Verbraucher fordere zunehmend Biogemüse ohne Plastikverpackung.
Biotop Oberland macht es vor
Landwirtschaft mit Zukunft, so zeigte ein Film, sei nur durch einen Richtungswechsel hin zu einer umweltgerechten Bewirtschaftung mit entsprechender Subventionierung und fairer Entlohnung möglich.
Wie das in praxi geht, zeigte eindrucksvoll Sebastian Girmann vom Biotop Oberland, einer gemeinschaftsgetragenen Landwirtschaft, bei der Biogemüse samenfester Sorten angebaut wird. Die Prinzipien der Genossenschaft sind Versorgungssicherheit, Gemeinwohlorientierung, Wirtschaftlichkeit und faire Entlohnung.
Sebastian Girmann von Biotop Oberland. Foto: Petra Kurbjuhn
Die Mitglieder der Genossenschaft zeichnen Anteile und erhalten jede Woche eine Gemüsekiste entsprechend der Saison. Zurzeit liefere man Karotten, Kartoffeln, Pastinaken, Feldsalat, Asiasalat und Spinat. In 11 Verteilstationen werden die Kisten geliefert, dort holen die Verbraucher ihr Gemüse ab.
„Wir kümmern uns auch um krumme Dinger“ ist ein Slogan der Genossenschaft, denn im Biotop wird weder eine krumme Gurke noch etwas zu großer Zucchini auf den Kompost gebracht. „Unser Erfolgsfaktor ist die Kommunikation“, sagte Sebastian Girmann. In jeder Kiste liegt ein „Wochenbladdl“, in dem es Informationen und Rezepte gibt. Das Biotop Oberland expandiert. Nachdem es jetzt in Lenggries ansässig ist und 2,5 Hektar bewirtschaftet, wolle man auch Obst und Eier anbieten und Produkte benachbarter Landwirte mitvermarkten.
Werner Haase vom Ziegenhof Leitzachtal. Foto: Petra Kurbjuhn
Das Modell Genussscheine stellte Werner Haase vom Ziegenhof Leitzachtal vor. Für seinen Betrieb erwirbt der Verbraucher Genussrechte und kann dafür Produkte des Hofes kaufen oder auch die Ferienwohnung mieten. Auch er hob die guten Beziehungen als wahren Mehrwert hervor.
Georg Hahn vom Hahnhof in Großhartpenning. Foto: Petra Kurbjuhn
Kooperation sei notwendig, betonte Georg Hahn vom Hahnhof in Großhartpenning, der zum einen Rindfleisch direkt vermarktet, zum anderen aber auch Bildungsarbeit leistet. Neben Veranstaltungen bietet er in Zusammenarbeit mit der Bürgerstiftung Holzkirchen für Kinder das Projekt „Selber ackern“ an. Er verwies auf die bereits existierenden Initiativen, wie Zivilcourage oder „Anders wachsen“, die zahlreiche Angebote aufweisen können.
Einladung zum Gemeinschaftsgartenprojekt
In der Diskussion wurde klar, dass es notwendig ist, alle vorhandenen Initiativen im Landkreis zu vernetzen und von den Erfahrungen des Biotops Oberland zu lernen.
Zu einem Gemeinschaftsgartenprojekt in Holzkirchen luden Hannes Schißler und Martin Sappl. Ihr Plan ist es, einen gemeinsamen lokalen Bioanbau von Gemüse auch für einkommensschwache Bürger zu realisieren. Dazu sollen sich interessierte Bürger am 9. April um 19 Uhr am Horthof in Roggersdorf zusammenfinden.
Kreisbäuerin Marlene Hupfauer. Foto: Petra Kurbjuhn
Kreisbäuerin Marlene Hupfauer begrüßte das Projekt und Ökomodellregionsmanagerin Marika Kinshofer sicherte ihre Unterstützung zu. Sie ist dabei, Direktvermarkter im Landkreis zu bündeln. Im Sommer ist eine Besichtigung des Biotops Oberland geplant.