Schlüssiges Konzept für die Stadtbücherei Miesbach
Porträt Tanja Bott. Foto: IK
Erfolgreiche Büchereileiterin verlässt Miesbach
Die Stadtbücherei Miesbach ist ein kulturelles Vorzeigeobjekt und hat drei Mal Gold bei BIX, dem deutschlandweiten Bibliotheksvergleich, errungen. Tanja Bott hat die Institution nachhaltig geprägt.
Die Umgestaltung der Freifläche vor dem Haus wird sie nicht mehr mitverfolgen, denn am 6. September war ihr letzter Arbeitstag. Dafür hat Tanja Bott wesentlichen Einfluß auf die Innenrenovierung und die inhaltliche Ausrichtung der 1965 gegründeten Stadtbücherei Miesbach genommen. 20 Jahre lang stand sie dem kleinen Kulturtempel im Herzen der Kreisstadt vor.
Wann immer man das dreigeschossige Gebäude mit seiner schlichten Außenfassade betritt, wird deutlich, dass ihr Konzept stimmt. Leser aller Altersstufen treffen sich hier, wählen mit Wonne aus dem Bestand von 25.000 Medien aus, genießen zwischendurch einen Kaffee, blättern in Zeitschriften oder tauschen sich mit anderen Besuchern aus. Besonders lebhaft geht es in der Kinderbuchabteilung zu.
Blick in die Kinderbuchabteilung. Foto: IK
Ausstellungen gehören ebenso zu den Anziehungspunkten wie die regelmäßigen Vorlesestunden für die Kleinen. Der Sommerferienleseclub für Schüler ist auch heuer wieder ein voller Erfolg, in Kürze findet die Prämierung statt.
2350 aktive Leser nutzen den gepflegten und stets aktuellen Bestand an Büchern, Zeitschriften, CDs und E-Books. 28.000 Euro stellt die Stadt Miesbach für deren Ankauf jährlich zur Verfügung.
Lesetipp: Vom Zauber des Lesens
Tanja Bott hat sich 1999 für Miesbach entschieden, weil die Bücherei beim ersten Besuch einen gemütlichen Eindruck machte. Außerdem „war sie technisch gesehen gut entwickelt, es gab bereits die Verbuchung per EDV, was damals noch nicht selbstverständlich war. Außerdem gab es zwei öffentliche Internetplätze und einen OPAC für die Recherche vor Ort“.
Umbau und Neugestaltung der Stadtbücherei Miesbach waren der Höhepunkt
Fragt man die Diplom-Bibliothekarin welche Ereignisse zu den Höhepunkten ihres 20-jährigen Wirkens in Miesbach gehören, so stehen Koordination und Planung des Umbaus im Jahr 2015 an oberster Stelle.
Das Büchereiteam beim Verpacken des Bestandes: Kornelia Reitmeier, Gabriele Schäffer, Katharina Schweinsteiger, Tanja Bott und Christine Anderl (v.l.). Foto: IK
In Zusammenarbeit mit der Innenarchitektin Stefanie Nett gelang ein funktioneller und charmanter Relaunch der inzwischen in die Jahre gekommenen Institution. Tanja Bott war für Planung und Logistik verantwortlich und meisterte zusammen mit ihrem Team Aus- und Wiedereinräumen sowie Neugliederung des gesamtes Bestandes.
Auf Tanja Botts Initiative geht auch die Gründung des regionalen Bibliotheksverbundes „biblioplus“ im Jahr 2008 zurück. 2013 folgte sogar noch die gemeinsame Onleihe „biblioplus-digital“. Diesem Verbund gehören heute die Büchereien in Bad Tölz, Geretsried, Miesbach, Landsberg am Lech, Murnau, Peissenberg, Starnberg und Weilheim an. Ein Service, der eifrig genutzt wird.
Außerdem machte sich die engagierte Büchereileiterin im Jahr 2008 an die Erstellung eines Bibliothekskonzeptes, zu dessen langfristigem Ziel ansprechende und einladende Räumlichkeiten gehören. Diesem Wunsch entsprach der Stadtrat Miesbach mit seinem Beschluss zu Umbau und Renovierung im Jahr 2015.
Tanja Bott bei ihrer Ansprache zur Wiedereröffnung der Bücherei nach dem Umbau. Foto: IK
Kleine und große Aktionen zur Kundenfreundlichkeit brachten Tanja Bott viel Lob und Anerkennung aus der Leserschaft. Zu nennen ist die Umstellung der Sachbücher auf Klarschriftsystematik und die Einführung des Internet-OPACs Findus mit der späteren Umstellung auf den WebOPAC. „Damit können die Leser von daheim aus im Bestand recherchieren, Medien vorbestellen oder selber verlängern.“
Weitere sehr beliebte Aktionen, die auf Tanja Botts Initiative zurückgehen, sind die Buchpatenschaften und die Durchführung von Vorlesewettbewerben. Mit einem neuen grafischen Auftritt wirbt die Stadtbücherei seit dem Jahr 2017 und befindet sich damit noch besser im Blick von Leserinnen und Lesern, die aus dem ganzen Landkreis nach Miesbach streben.
Die Chancen öffentlicher Büchereien am Land
„Welche Chancen haben öffentliche Büchereien am Land?“ will ich von Tanja Bott wissen. Sie meint, „Vorteil ist der persönlichere Kontakt zu den Kunden. Es ist wichtig, die Bibliotheken als feste und selbstverständliche Einrichtungen im Gemeindeleben zu verankern. Hierfür sind aus meiner Sicht Professionalität sowie Aktualität des Bestandes wichtig. Ebenso wie ansprechende Räumlichkeiten mit hoher Aufenthaltsqualität, attraktive Öffnungszeiten, ein sicherer Etat und die ständige Weiterentwicklung.“
Haben die neuen Medien das Buch überholt?
Ob die neuen Medien das Buch überholt haben? „Nein“, meint Tanja Bott, „ich denke, dass es sich inzwischen eingependelt hat. Für mich sind beide Formen wichtig. Jedes hat seine Vor- und Nachteile: Bei den Ebooks kann die Schriftgröße eingestellt werden, es befindet sich eine Beleuchtung im E-Reader, sie sind leicht, man kann viele Titel in den Urlaub mitnehmen oder auch von unterwegs downloaden, sie sind zeitlich immer verfügbar.
Bei Bücher ist man an die Öffnungszeiten der Bücherei gebunden, sie bereiten keine technischen Probleme, haben manchmal eine zu kleine Schrift und sind teilweise schwer. Es gibt allerdings einige Leser, die nur noch digital Lesen und Hören, diese sehen wir dann leider nur noch, wenn der Jahresbeitrag anfällt. Oder sie melden sich, wenn technische Probleme auftreten. Für die Bibliotheken ist es schwierig, ein attraktives digitales Angebot bereit zu stellen, da sie nicht einfach im Handel E-Books erwerben können. Sie haben nur die Möglichkeit, beim Onleihe-Anbieter Lizenzen zu erwerben, was mit höheren Preisen, begrenzter Laufzeit und eingeschränkter Titelauswahl verbunden ist.“
Das umgestaltete Erdgeschoss mit Treppenlift ins Untergeschoss. Foto: IK
Nach ihrem Lieblingsbuch gefragt, meint die 46-Jährige, „schwierig, es gibt ganz viele Bücher, die mir gefallen. Zum Abschied habe ich in der Bücherei einige meiner Lieblingsbücher ausgestellt. Auch im WebOPAC finden die Leser meine persönlichen Lesetipps. Ich entscheide mich für den Titel von Anna Gavalda: Zusammen ist man weniger allein. Dieser hat mir sowohl als Buch als auch als Hörbuch sehr gut gefallen.“
Leseförderung als oberste Priorität
Rund 100.000 Medien werden in der Stadtbücherei Miesbach jährlich ausgeliehen. Dieser große Zuspruch lässt kaum Freiräume. Dennoch ist es Tanja Bott während der vergangenen 20 Jahre gelungen, akribisch an der Weiterentwicklung der städtischen Kultureinrichtung zu feilen. Die Leseförderung der Kinder gehörte dabei zu ihrer obersten Priorität.
Lesetipp: Für kleine und große Weltentdecker
„Gerne hätte ich auch noch Gesellschaftsspiele eingeführt. Immerhin kam durch die Kooperation mit dem Weltentdeckerladen letztes Jahres „Miesbach spielt“ zustande.“
Ab Oktober 2019 stellt sich die Bibliothekarin neuen Herausforderungen bei den Münchner Stadtteilbibliotheken. KulturVision wünscht auch dort viel Erfolg.